Angestellte bekommen ihre Bezüge wieder regelmäßig

Die Bahn AG renoviert Gehaltsabrechnung

26.07.1996

Die mehr als 200000 Mitarbeiter der Deutsche Bahn AG können wieder mit ihren Einkünften disponieren. Nachdem das Abrechnungssystem des Unternehmens im vergangenen Jahr immer wieder Probleme aufwies, läuft es mittlerweile rund. Im Klartext: Spätestens nach Ablauf von vier Wochen erhalten die Bahn- Angestellten eine detaillierte, vollständige und korrekte Abrechnung ihrer Arbeitsleistung.

Was wie eine Selbstverständlichkeit klingt, war länger als zwölf Monate ein kaum zu erreichendes Ideal. Als die Bundesbahn aus der staatlichen Obhut entlassen wurde, erwies sich das selbstgestrickte Abrechnungssystem als zu unflexibel, um die neuen Tarife mit ihren 600 verschiedenen Lohnarten abzubilden. Beispielsweise war es im Dezember 1994 zu Proteststürmen gekommen, nachdem Gehälter nur unvollständig oder verspätet gezahlt worden waren.

Anstatt zu versuchen, das vor rund 20 Jahren erstellte Assembler- Programm noch einmal zu reparieren, beschloß der Bahn-Vorstand, es durch eine Standardsoftware abzulösen. Seit Anfang dieses Jahres arbeiten die mehr als 700 Buchhalter mit dem Standardprogramm "Paisy" von der GSI Paisy Datensysteme GmbH, Bremen. Die Anfänge des Produkts gehen bis 1972 zurück. Trotzdem setzt sich die Software häufig gegen jüngere Konkurrenten wie die Human- Resources-Komponente von SAP durch, weil sie erprobt, relativ leicht einzuführen und von den Fachabteilungen pflegbar ist.

Obschon mittlerweile auch eine Client-Server-Ausführung des Systems zu haben ist, entschied sich das Großunternehmen, die Zentralrechner-gestützte Variante der Software zu installieren - nicht zuletzt wegen des dringenden Handlungsbedarfs. An ihrem empfindlichsten Punkt getroffen, hätten die Bahn-Mitarbeiter wenig Verständnis für jede unnötige Verzögerung des Projekts gezeigt. Deshalb tastete der größte deutsche Beförderungsbetrieb bislang weder seine IT-Struktur noch seine Organisation an - auch wenn das bedeutete, daß vorhandene Applikationen über eigens programmierte Schnittstellen integriert werden mußten.

Das neue Abrechnungssystem läuft in einer Umgebung aus MVS-Host und AS/400-Rechnern. Die als intelligente Terminals fungierenden Buchhalter-PCs greifen nicht direkt auf den Mainframe zu, sondern wählen den Umweg über ein AS/400-System. Wie der Projektleiter Axel Hillmann erläutert, wäre eine reine Mainframe-Lösung wegen des erhöhten Sicherheitsrisikos um ein Vielfaches aufwendiger gewesen. Wieviel Geld die Bahn AG letztendlich in das neue Abrechnungssystem investiert hat, behält sie lieber für sich. Immerhin verriet Hillmann, daß das Projektteam zu Spitzenzeiten 55 Mitarbeiter umfaßte.