Politiker und Unternehmer sind sich einig

Die Arbeit in Call-Centern verdient höheres Ansehen

11.07.1997

Die Arbeit in Telefonzentralen zur Kundenbetreuung hat nach Meinung des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministers Clement ein viel zu schlechtes Ansehen. "Von Ausnahmen abgesehen, handelt es sich dort meist um anspruchsvolle Aufgaben, die mit Billigjobs nichts zu tun haben", sagte Clement nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" in einer Diskussionsrunde mit dem Titel "Total digital - die multimediale Zukunft und ihre Chancen" in Oberhausen. Der ungerechtfertigt schlechte Ruf dieser Arbeitsplätze dürfe nicht dazu führen, daß Deutschland in diesem Marktsegment Chancen verpasse.

Die Teilnehmer der Diskussion, unter ihnen auch Siemens-Nixdorf-Vorstandsvorsitzender Schulmeyer, waren sich darin einig, daß die Entwicklung elektronischer Medien sowie die Einführung moderner Kommunikationstechnologien in Deutschland bis zu vier Jahren hinter den Vereinigten Staaten zurückliegt.

Firmen sollen nicht auf die Politik warten

So gebe es in Deutschland 2,5 Millionen Arbeitsplätze, die in Telearbeitsplätze umgewandelt werden könnten. Tatsächlich arbeiteten aber erst rund 150000 Arbeitnehmer von zu Hause aus für ihre Unternehmen.

Selbst im nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium habe die Einrichtung von sieben Telearbeitsplätzen wegen schwieriger Verhandlungen mit Betriebsräten und anderen Beteiligten ein Jahr gebraucht, berichtete Clement. In den meisten Unternehmen sei dieses Vorhaben ähnlich schwierig umzusetzen. "Wir werden aus der Servicegesellschaft hinausgejagt", beklagte Schulmeyer. Telearbeit bedeute keine Ausbeutung. Außerdem würden in den USA durchschnittlich rund 1800 Dollar pro Jahr für jeden Mitarbeiter ausgegeben, um einen Arbeitsplatz mit moderner Informationstechnologie auszurüsten, in Deutschland liege dieser Durchschnittswert nur bei 1200 Dollar.

Der Minister rief die Wirtschaft dazu auf, bei der Einrichtung von Call-Centern und Telearbeitsplätzen nicht auf die Politik zu warten. Erforderlich sei allein unternehmerische Initiative.