Fachkräftemangel

Die Alten sollen es richten

13.10.2011
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

Es lohnt sich, in Mitarbeiter über 45 zu investieren

Gerhard Wächter, Integrata: "Leider ist die Bereitschaft im Management noch nicht überall vorhanden, in die Weiterbildung von Älteren zu investieren."
Gerhard Wächter, Integrata: "Leider ist die Bereitschaft im Management noch nicht überall vorhanden, in die Weiterbildung von Älteren zu investieren."

Gerhard Wächter, Vorstand des Bildungsanbieters Integrata in Stuttgart, versucht seit einigen Jahren, Unternehmen davon zu überzeugen, sich mit den Aufgaben zu beschäftigen, die sich angesichts einer alternden Belegschaft stellen. Im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE erläutert er, welche Lösungen sich bereits jetzt anbieten.

CW: Alt zu werden ist schon schwer genug, aber in der jugendorientierten IT-Branche scheint es noch schwieriger zu sein. Wie sollten Unternehmen das Thema angehen?

WÄCHTER: Eine Altersstrukturanalyse ist meistens ein guter Einstieg. Aufgrund der Ergebnisse lassen sich Ziele formulieren. Idealerweise betrachten Firmen Demografie-Management, Gesundheitsvorsorge, Employer-Branding und Qualifizierung als Teil ihrer Unternehmensstrategie. Zukünftig werden aufgrund des Fachkräftemangels viele IT-Unternehmen auch darüber nachdenken müssen, ältere Mitarbeiter einzustellen und gleichzeitig die Arbeitsleistung ihrer Beschäftigten so lange wie möglich zu erhalten.

CW: Gesundheits- und Demografie-Management sind schöne Begriffe. Doch welche konkreten Konzepte verbergen sich dahinter?

WÄCHTER: Unternehmen können beispielsweise Arbeitsprozesse altersgerecht gestalten oder junge und ältere Kollegen gemeinsam in einem Team arbeiten lassen. Ein wichtiger Aspekt ist die Aus- und Weiterbildung. Großrechner verschwinden nicht, nur weil die Menschen, die sie bedienen können, in den Ruhestand gehen. Deshalb sollten Unternehmen zügig beginnen, Ausbildungsreihen für junge Mitarbeiter zu konzipieren, um den Wissenstransfer sicherzustellen.

CW: Wie groß ist das Interesse von Managern, die ja oft selbst zur Gruppe der älteren Beschäftigten gehören, in die Weiterbildung von Älteren zu investieren?

WÄCHTER: Leider ist die Bereitschaft im Management noch nicht überall vorhanden. In vielen Köpfen existiert noch die Vorstellung, es lohne sich nicht, in Mitarbeiter über 45 Jahren zu investieren, weil sie sowieso bald in den Ruhestand gehen. Doch diese Zeiten sind vorbei. Die meisten Menschen müssen bis Mitte 60 arbeiten. Dagegen nehmen viele Beschäftigte ihre Weiterbildung in die Hand. Ich beobachte immer wieder, dass viele über 50-Jährige noch einmal ihr Leben umkrempeln und eine zweite Karriere starten. Viele suchen auch im Unternehmen neue Perspektiven.

CW: Bieten die Firmen diesen Mitarbeitern überhaupt neue Jobs an?

WÄCHTER: Die Initiative dazu muss vom Arbeitnehmer ausgehen. Wenn jemand beispielsweise 20 Jahre in der Softwareentwicklung gearbeitet hat und jetzt in das Qualitäts-Management gehen möchte, bietet das auch für den Arbeitgeber Chancen, einen erfahrenen Mitarbeiter dort einzusetzen. Gerade die dynamische und schnelle technische Weiterentwicklung in der IT-Branche bietet beste Voraussetzungen, neue Karrierewege einzuschlagen. (hk)

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