Angeblich über 80 Systeme betroffen

Die 5995M-Mainframes von Amdahl bereiten Anwendern Kopfzerbrechen

11.12.1992

SUNNYVALE/MÜNCHEN

(CW) - Der PCM-Anbieter Amdahl Corp. aus Sunnyvale in Kalifornien mußte jetzt bekanntgeben, daß es bei der Produktion von Top-end-Mainframes der Modellreihe "5995M" zu technischen Problemen gekommen ist, die vermutlich auf ein neues Reinigungsverfahren zurückzuführen sind.

Die Weihnachtszeit scheint für Amdahl keine ruhige Zeit zu sein: Vor genau einem Jahr trat der Hersteller IBM-kompatibler Großrechner mit der Meldung an die Öffentlichkeit, daß es bei den 6380K-Plattenspeicher-Subsystemen wegen Mängeln am Filtersystem zu nicht tolerierbar hohen Fehlerquoten gekommen sei (vgl. CW Nr. 50 vom 13. Dezember 1991, Seite 23: "Schwierigkeiten bei Amdahl...").

Diesmal sind offensichtlich die Rechner selbst betroffen: Nach Auskünften, die auch Marketing Direktor Bernd Tillack von der Amdahl Deutschland GmbH aus München auf Anfrage nicht dementierte, sind aufgrund eines neuen Reinigungsverfahrens die QDIH-Karten (Quadruple Dual Interface Handlers) einiger 5995M-Großrechner in Mitleidenschaft gezogen worden. Die QDIH-Boards dienen als Bindeglied zwischen den Host-CPUs und den 110-Kanälen.

Nach Aussagen der Amdahl Corp. seien zehn Installationen betroffen. Das entspricht nach Meinung einiger Analysten ungefähr 20 Prozent aller ausgelieferten 5995M-Großrechner. Diese Aussage wird durch Reports konterkariert, nach denen - so meldet zumindest der britische Informationsdienst "Computergram" - bei über 80 der Vier-Wege-Systeme Probleme aufgetaucht seien.

Der für die Schwierigkeiten ursächliche Reinigungsprozeß unter Einsatz eines Gemischs aus destilliertem Wasser und Alkohol als Ersatz zu dem von der US-Umweltbehörde beanstandeten CFC-Mittel (Chloro-Fluoro-Carbon) scheint, nicht so effizient zu sein wie das bisher angewandte Verfahren: Nach Meldungen von "Computergram" signalisierten einige 5995M-Rechner bereits nach 2000 Stunden Probleme.

Das umweltfreundliche Reinigungsverfahren hat wohl Übrigens nicht nur QDIH-Boards, sondern auch Speicherkarten geschadet. In diesem Sinne äußerte sich zumindest Mark Hess, Vice-President des Marktforschungsunternehmens Gartner Group Inc.: "Seit August und September ist Amdahl bewußt geworden, daß auch bei Speicherkarten und bei einem Board, auf dem der dedizierte Maintenance-Prozessor aufgebracht ist, Probleme auftraten."

Amdahl-Sprecher Dick Whitcomb widersprach diesen Aussagen nicht grundsätzlich, wollte jedoch zu der Art der aufgetretenen Schwierigkeiten keine weiteren Angaben machen.

Auch in der Deutschland-Niederlassung von Amdahl weiß man um die Probleme, allerdings gab Tillack schon wieder Entwarnung für seine Kunden: Betroffen gewesen seien lediglich gewisse Serien aus der Produktion und nicht alle Rechner, die in Santa Clara von Band gelaufen sind. Nur die ersten lnstallationen weltweit kamen aus der US-amerikanischen Produktion, und da waren auch Systeme für Installationen in Deutschland dabei."

Tillack weiter: "Wir waren in Deutschland lediglich mit drei Maschine betroffen, die aus dieser Serie stammten." Fehler allerdings, so der Tillack weiter, seien bei diesen Mainframe-Systemen nicht aufgetreten.

Der Marketing-Mann bestätigte auch die Gartner-Aussage bezüglich havarielter Speicherkarten: "Wir wissen, daß es diesbezüglich zu Problemen gekommen ist. Deshalb wurden sie ausgetauscht."

Europäische Amdahl-Kunden sollten sich jedoch nicht zu sehr grämen: In Amdahls zweiter Produktionsstätte Dublin unterzieht man die Subkomponenten nicht der problembehafteten Reinigungsmethode. Da seit Anfang des Jahres Amdahlgroßrechner für den europäischen Raum ausschließlich in Irland gefertigt werden, sollten die jetzt bekanntgewordenen technischen Malaisen für deutsche Kunden - abgesehen von den drei ausgelieferten Systemen aus der US-Produktion - ohne Relevanz sein.