Pofalla

Deutschland und USA verhandeln über Anti-Spionage-Abkommen

13.08.2013
Fünfeinhalb Stunden tagen die Geheimdienstkontrolleure des Bundestags mit Kanzleramtschef Pofalla hinter verschlossenen Türen. Hinterher hört sich manche Kritik der Opposition weniger empört an als vorher.

Als Konsequenz aus der NSA-Spähaffäre wollen Deutschland und die USA ein bislang beispielloses Anti-Spionage-Abkommen abschließen. Damit soll zwischen beiden Ländern gegenseitiges Ausspionieren etwa auch in der Wirtschaft ausgeschlossen werden, kündigte der für die Geheimdienste zuständige Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) am Montag nach einer Sitzung des Bundestagsgremiums zur Kontrolle der Dienste in Berlin an.

Die Geheimdienste der USA und Großbritanniens hätten inzwischen auch schriftlich versichert, sich an Recht und Gesetz in Deutschland zu halten. Es gebe in Deutschland keine millionenfache Grundrechtsverletzung, sagte Pofalla. Führende SPD-Politiker hatten unter anderem der Bundeskanzlerin vorgeworfen, dies mit ihrem zurückhaltenden Verhalten den USA gegenüber zuzulassen.

Erste Kontakte zwischen dem Bundesnachrichtendienst (BND) und dem US-Geheimdienst National Security Agency (NSA) zu dem Anti-Spionage-Abkommen hätten bereits stattgefunden, sagte Pofalla. Die US-Behörden hätten das Angebot eines "No-Spy-Abkommens" nicht gemacht, "wenn ihre Aussage, sich an Recht und Gesetz zu halten, nicht stimmte". Eine solche Vereinbarung sei eine einmalige Chance, Standards für die künftige Arbeit der westlichen Geheimdienste zu setzen. Verhandlungen sollten noch in diesem Monat beginnen.

Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Thomas Oppermann (SPD), nannte das Angebot der US-Behörden "das gesichtswahrende Zugeständnis", dass Ausspähungen in Deutschland oder Europa durch die USA stattgefunden hätten. Es müsse nun auf Regierungsebene und nicht wie geplant von den Präsidenten der Geheimdienste ausgehandelt werden.

Den Vorwurf, vom BND an die NSA weitergegebene Handynummern würden illegal zu tödlichen US-Drohnenangriffen gegen Terrorverdächtige genutzt, wollte der SPD-Politiker nicht erheben. "Ich kann nicht erkennen, dass der BND solche Informationen weitergibt." Das Gremiumsmitglied der Grünen, Hans-Christian Ströbele, bezweifelte dagegen weiterhin, dass die Daten nicht zu tödlichen Drohneneinsätzen gebraucht werden könnten. Der Linke-Politiker Steffen Bockhahn forderte die Bundesregierung auf, umgehend Aufklärung zu verlangen. Solange müsse die Datenübermittlung gestoppt werden.

Für Empörung auf Oppositionsseite sorgte, dass die Koalition eine sofortige Anhörung des früheren SPD-Kanzleramtschefs Frank-Walter Steinmeier vor dem Gremium ablehnte. Steinmeier hielt der Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) daraufhin vor, nicht an der Aufklärung der Affäre interessiert zu sein. "Statt die Suchscheinwerfer einzuschalten, werden von der Merkel-Regierung Nebelkerzen geworfen", sagte er am Rande der Sitzung des Gremiums.

Steinmeier war vorgeworfen worden, er habe mit einer Entscheidung von 2002 die Zusammenarbeit des BND mit der NSA ermöglicht. Vor Journalisten sagte er, die damalige Vereinbarung zur Übernahme der US-Abhörstation im bayerischen Bad Aibling habe diese Kooperation eingeschränkt und nicht ausgeweitet.

Pofalla sagte, durch die Übermittlung von Daten der BND-Auslandsaufklärung an die NSA würden pro Woche drei bis vier Anschläge auf Truppen in Afghanistan abgewendet. Seit Januar 2011 seien insgesamt 19 Anschläge auf deutsche Soldaten in Afghanistan verhindert worden. Die Grundsatzentscheidung der damaligen rot-grünen Regierung zur Zusammenarbeit von BND und NSA stamme vom 24. Juli 2001 - das war noch vor den Anschlägen in den USA vom 11. September. Dies gehe zweifelsfrei aus den Akten des Kanzleramts und des BND hervor.

Oppermann wollte nach der fünfeinhalbstündigen Sitzung des Kontrollgremiums nicht ausdrücklich fordern, Merkel oder den früheren Kanzleramtschef und heutigen Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) zu laden. Er schloss dies aber auch nicht aus. Das Gremium soll am 19. August erneut zusammenkommen, um über weitere Konsequenzen aus der Datenaffäre zu beraten. (dpa/tc)