E-Government

Deutschland rutscht im EU-Vergleich weiter ab

01.12.2009
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Die Behörden in den einzelnen europäischen Ländern machen beim Ausbau ihrer Online-Dienste Fortschritte. In Deutschland ist davon jedoch wenig zu spüren.

Während fast alle europäischen Staaten in den vergangenen Jahren ihr E-Government-Angebot weiter entwickelt haben, treten Deutschlands Behörden beim Ausbau ihrer Online-Dienste auf der Stelle. Das ist das Ergebnis der jüngsten Benchmark-Studie, die Capgemini gemeinsam mit dem Rand Europe Institut, IDC und dem Dänischen Technologie Institut erarbeitet hat. Auftraggeber der Studie war das Generaldirektoriat für die Informationsgesellschaft und Medien der EU-Kommission.

Seit 2001 nehmen die Analysten das Online-Angebot von Behörden in den einzelnen europäischen Ländern unter die Lupe. Untersucht werden dabei insgesamt 20 grundlegende Serviceangebote der öffentlichen Hand. Rund 14.000 Internet-Seiten in 31 europäischen Staaten haben die Experten für ihre Bewertung begutachtet.

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Dafür erhielten die EU-Staaten sowie Island, Kroatien, Norwegen und die Schweiz grundsätzlich gute Noten. Laut dem 8. E-Government-Benchmark sind mittlerweile 71 Prozent der Behördendienstleistungen vollständig online umgesetzt. Gegenüber 2007 bedeutet dies eine Steigerung um zwölf Prozentpunkte. An der Spitze des Ranking stehen Österreich, Malta, Großbritannien und Schweden. Diese Staaten haben ihre Behörden-Services mittlerweile komplett auf eine Online-Basis gestellt. Auf den weiteren Plätzen folgen Schweden und Slowenien, die kurz davor stehen, die Dienste der öffentlichen Hand vollständig im Netz abzubilden.

Während die meisten europäischen Länder zuletzt Fortschritte gemacht haben, stagnieren Deutschlands Behörden bei der Digitalisierung ihrer Dienstleistungen - wie übrigens auch die öffentliche Hand in Italien und Griechenland. Als Folge rutschte Deutschland im E-Government-Ranking weiter ab - um sieben Plätze von Rang 8 auf Rang 15. Mit einem Umsetzungsanteil von 74 Prozent liegen die deutschen Behörden nur mehr knapp über dem Durchschnitt. Hierzulande arbeiteten die einzelnen Behörden sowie einzelne Bundesländer jeweils an ihren eigenen Behördenlösungen. Diese dezentrale Entwicklung im Rahmen der föderalen Grundstruktur behindere eine zielgerichtete nationale E-Government-Strategie, heißt es in der Studie. Vor dem gleichen Problem stünde auch die Schweiz mit ihrer kantonalen Aufteilung. Die Eidgenossen bilden das Schlusslicht im europäischen E-Government-Vergleich.

Länder wie Polen und Lettland, die in der jüngsten Vergangenheit bei der Digitalisierung ihrer Verwaltungsdienste deutlich zulegen konnten, hätten ihre E-Government-Strategie dagegen ganz anders organisiert, so die Autoren der Studie. Hier sei das Thema an höchster Stelle im Land aufgehängt. Es herrschten klare Prioritäten sowie eine gute Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Institutionen.

Auch wenn die Branchenbeobachter den europäischen Ländern Fortschritte attestieren, bleiben dennoch einige E-Government-Hausaufgaben zu erledigen. Beispielsweise konstatiert die Studie eine deutliche Lücke zwischen der Verfügbarkeit der Dienstleistungen und der tatsächlichen Nutzung - vor allem durch die Bürger. Die Behörden müssten in Zukunft stärker auf die Benutzerführung achten, um die Akzeptanz ihrer Online-Angebote zu verbessern. Kriterien wie die Qualität des Zugangs über Portale, die Einfachheit der Bedienung, Möglichkeiten des Feedbacks oder der Bewertung von Services müssten stärker in den Fokus der Verantwortlichen rücken. Zudem könnten neue Techniken wie Web 2.0 und Social Networks dabei helfen, die derzeit noch niedrige Beteiligung der Endbenutzer zu erhöhen.