Deutschland nutzt ITK-Potenziale zu wenig

19.12.2005
Studie fordert aktive Industriepolitik und einen Masterplan.
Mit einer Breitbandpenetration von 19 Prozent im Mai 2005 liegt Deutschland im weltweiten Vergleich deutlich zurück.
Mit einer Breitbandpenetration von 19 Prozent im Mai 2005 liegt Deutschland im weltweiten Vergleich deutlich zurück.

Die Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnik (ITK) werden in Deutschland nicht ausreichend genutzt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die Siemens, Telekom und das Beratungshaus Boston Consulting Group (BCG) gemeinsam organisiert haben. Sie trägt den Titel "Wirtschaftliche und politische Chancen der Informationsgesellschaft". Die volkswirtschaftliche Bedeutung der ITK-Branche werde hierzulande oft verkannt, monieren die Autoren. Um die Chancen moderner Technik besser nutzen zu können, bedürfe es veränderter Rahmenbedingungen.

Wenn es um IT in der öffentlichen Verwaltung geht, habe Deutschland im internationalen Vergleich Nachholbedarf, lautet ein weiteres Ergebnis. Gleiches gelte für breitbandige Netzanschlüsse. Die öffentlichen Ausgaben für ITK-Systeme lägen in Deutschland deutlich unter dem EU-Durchschnitt.

Um den Rückstand aufzuholen, fordern die Unternehmen eine aktive Industriepolitik und einen ITK-Masterplan. Er soll die Bereitschaft, Geld für Technik auszugeben, stärken, indem er Investitionsschutz und Rechtssicherheit gewährleistet. Die Autoren sprechen sich ferner für einen Chief Information Officer aus, der im Bundeskanzleramt für innovative Technik verantwortlich zeichnet. Zu seinen Aufgaben sollten die Umsetzung des Masterplans und die Koordination zwischen Regierung, Unternehmen und Bürgern gehören.

Mehr ITK in der öffentlichen Verwaltung und im Gesundheitswesen führe zu positiven gesamtwirtschaftlichen Effekten, rechnen die Autoren vor: Bis zum Jahr 2008 könne auf diese Weise eine zusätzliche Wirtschaftsleistung von 75 Milliarden Euro erbracht werden. Das entspreche einem Wachstum von 0,6 Prozentpunkten.

Durch Prozessverbesserungen und effizientere Organisationsformen könnten Bund, Länder und Gemeinden jährlich zudem 27 Milliarden Euro einsparen. Allein die mit Hilfe von E-Government-Projekten möglichen Rationalisierungseffekte könnten Unternehmen und Bürger um zehn Milliarden Euro entlasten.

IT ist größter Industriesektor

In der deutschen ITK-Branche arbeiten der Studie zufolge 750 000 Menschen. Mit einer jährlichen Wirtschaftsleistung von 128 Milliarden Euro stellt sie den größten Industriesektor, der rund sechs Prozent zur Bruttowertschöpfung beisteuert.

Europa bildet mit 631 Milliarden Euro im Jahr 2004 den weltweit größten ITK-Markt. Mehr als 20 Prozent davon werden in Deutschland umgesetzt, das damit der größte europäische Landesmarkt ist. (wh)