IPOs: Openshop Holding AG

Deutscher Spätstarter will den weltweiten E-Shop-Markt aufmischen

24.03.2000
FRANKFURT/M. - Mit reichlich Vorschusslorbeeren versehen startete die Openshop Holding AG auf dem Frankfurter Börsenparkett. Noch fehlt es dem Börsenneuling im Vergleich zu den Konkurrenten aber an Substanz.Von Andrea Goder*

Am Neuen Markt wird viel Zukunft gehandelt. Auch die Ulmer Openshop Holding AG, die erst 1998 vom heutigen Vorstandschef Thomas Egner gegründet wurde, ist dafür ein Beispiel. Mit gerade einmal 3,2 Millionen Mark Umsatz im zurückliegenden Geschäftsjahr gehört das 85 Mitarbeiter zählende Unternehmen zu den Mini-Debütanten an der Frankfurter Hightech-Börse. Doch in einem anderen Punkt spielt man bereits in einer "höheren Liga": Allein 1999 summierte sich der Verlust auf 10,2 Millionen Mark.

Openshop ist wie die namensverwandte Jenaer Intershop Communications AG Anbieter von E-Commerce-Lösungen - und zwar "der zweiten Generation", wie Vorstandschef Egner betont. Konkret geht es darum, die eigenen E-Commerce-Tools in existierende IT-Umgebungen, etwa ERP-Systeme oder Datenbanken, zu integrieren, Supply-Chains aufzubauen oder Procurement-Systeme in Intranets einzubinden. Ein Leistungsspektrum, das auch bereits Konkurrenzprodukte abdecken. Bei der Entwicklung von Online-Auktions-Modulen glauben die Ulmer allerdings, dem Wettbewerb um eine Nasenlänge voraus zu sein.

Künftig WAP-Lösungen im ProduktportfolioZum Produktportfolio des Unternehmens gehört unter anderem "Openshop Business", eine den Angaben zufolge offene skalierbare Shop-Lösung mit integriertem Modul für Internet-Auktionen. Künftig will Openshop auch den WAP-Standard unterstützen und damit zu den Anbietern zählen, die E-Commerce via Handy ermöglichen.

Soll der vermeintliche Technologievorsprung in bare Münze umgesetzt werden, muss der Vertrieb der Produkte schnellstmöglich angekurbelt werden. Kooperationen wurden deshalb in den zurückliegenden Monaten mit TK-Gesellschaften und Softwarehäusern geschlossen. Schützenhilfe beim Lizenzvertrieb leistet beispielsweise die Bäurer AG, die zu knapp zehn Prozent an Openshop beteiligt ist und in deren ERP-Lösung das Openshop-Produkt integriert ist. Beide Unternehmen gründeten erst vor kurzem das Joint Venture B-gate.com, das als elektronischer Handelsplatz für Unternehmen im Internet zur Zahlungsabwicklung, Versandsteuerung und Finanzbuchhaltung positioniert werden soll. Zu den Bündnispartnern der Ulmer gehören auch Intel und die Haufe Verlagsgruppe - beide Unternehmen halten ebenfalls Firmenanteile.

Openshop adressiert mit seinen Lösungen im Bereich Business-to-Business (B-to-B) und Business-to-Consumer (B-to-C) vorwiegend kleine und mittelständische Unternehmen - somit jenes Terrain, in dem auch Wettbewerber Intershop noch vor zwei Jahren wilderte, wo sich aber (noch) nicht unbedingt das große Geld verdienen lässt. Auch für Firmenchef Egner, der in Zukunft 85 Prozent der Einnahmen mit Lizenzen machen will, ist dies keine neue Erkenntnis. Neben dem weiteren Ausbau der Produktpalette - etwa für Internet-Service-Provider (ISPs) arbeitet das Ulmer Entwicklerteam deshalb mit Hochdruck an Highend-Lösungen, um in Zukunft im margenträchtigeren Enterprise-Geschäft mitmischen zu können. "Wir wollen die führende Plattform im E-Business werden", lautet Egners ambitionierte Zielsetzung.

Immerhin müssen es die Newcomer in diesem Marktsegment mit Wettbewerbern wie Broadvision, Open Market und seit kurzem auch Intershop aufnehmen, die in Deutschland, Westeuropa und den USA derzeit das Geschäft unter sich ausmachen. Ob es andererseits der "Nummer zwei unter den deutschen Anbietern von E-Business-Lösungen" (Egner) gelingen wird, zu einem internationalen Spieler zu avancieren, wird stark vom Gelingen der eigenen Expansionsstrategie abhängen.

Bereits in den zurückliegenden Monaten wurden von der Ulmer Zentrale aus internationale Aktivitäten ins Rollen gebracht - sprich: Distributionskanäle geöffnet, Vertriebspartnerschaften in mittlerweile 20 Ländern aufgebaut und Büros in San Franzisko und New York eröffnet. Mit dem Geld, das der Börsengang bringen soll (rund 250 Millionen Mark), will Openshop-Chef Egner jedenfalls in Zukunft auch bei Akquisitionen ein Wort mitreden. Dass die schwäbischen Softwerker zu einem ernst zu nehmenden Global Player in den USA oder Asien aufsteigen werden, dürfte allerdings schon mit Blick auf die Konkurrenz vorerst Wunschdenken bleiben.

Spannend wird auch die Frage bleiben, wie lange der Spätstarter im Business mit digitalen Shops braucht, um in die Gewinnzone zu kommen. Mit dem Erreichen der Rentabilität sei nicht vor dem Jahr 2002 zu rechnen, gibt Egner schon einmal vorsichtig als Devise aus. Nach dem IPO hält er noch 22,6 Prozent, die britische 3i-Gruppe 24,3 Prozent am Unternehmen. Hohe Investitionen in Expansion und Vertriebsaufbau dürften jedenfalls in den nächsten Jahren für viel Bewegung in der Bilanz sorgen. Analysten gehen für 2000 und 2001 von einem Fehlbetrag von jeweils 20 beziehungsweise 16 Millionen Mark aus. Vergleichsweise bescheiden ist zudem die Prognose der Umsatzentwicklung mit erwarteten zwölf Millionen Mark für das laufende Geschäftsjahr und 35 Millionen Mark für 2001.

* Andrea Goder ist freie Journalistin in München.

Abb.: Relative Grösse: Auch für Weltmarktverhältnisse ist Openshop noch eine Startup-Company. Quelle: Openshop