Deutscher Informationsfundus - Gegengewicht zu den USA

16.05.1986

Starke Bedenken über eine einseitige Abhängigkeit bundesrepublikanischen Forscher- und Erfindergeistes vom Informationsmonopol der US-Datenbanken äußerte Erich Häußer, Chef des Deutschen Patentamtes in München, bei der Vorlage des Tätigkeitsberichts 1985 seiner Behörde (vergleiche CW Nr. 17 vom 25. April 1986, Seite 5).

In einem Gespräch mit der COMPUTERWOCHE ging Häußer auch auf die Rolle der Ware Information für Handelsbilanz und Arbeitsplätze hierzulande ein. Nach neuesten Untersuchungen liegen über 90 Prozent des für die Alte Welt verfügbaren technischen Wissens in US-Datenbanken fest. Gleichzeitig merkte Patentamtschef Häußer kritisch an, daß von einem funktionierenden Informationsmarkt hierzulande noch nicht zu sprechen sei.

Einen Schritt gegen die Auswirkungen von Informationsbeschränkungen wollen die Münchner mit einem eigenen Informationssystem unternehmen.

Ab Ende Juni 1986 wird die Patent-Datenbank (PAT DPA) öffentlich zu nutzen sein, die in Zusammenarbeit mit dem Fachinformationszentrum Karlsruhe errichtet wurde. Weiter daran beteiligt waren das Satz-Rechenzentrum Hartmann & Heenemann und die Gesellschaft für Information und Dokumentation. Die Datenbank bietet in rund 200 000 Datensätzen jeweils die ersten Seiten der seit 1981 erschienenen Patentdokumente an.

Der in dieser Datenbank aufgenommene Text (Bezeichnung der Erfindung, Abstract) wird mit Hilfe der DV den Eigenheiten der deutschen Sprache entsprechend aufbereitet. Dies geschieht durch die Zurückführung aller Worte auf die Normalform und Zerlegung der besonders in der Patentsprache häufig zusammengesetzten Hauptworte. Dadurch soll dem Nutzer das oft mühevolle "Trunkienen" erspart bleiben. Die erzielbare "Trefferquote" gegenüber Datenbanken mit herkömmlicher Sprachaufbereitung kann sich damit wesentlich erhöhen.

In zwei Kanälen bewegt sich der Datenfluß der Münchner Behörde: Zum einen gilt es, die Registerdaten mit anderen Patentämtern auszutauschen. Dazu benutzt das Deutsche Patentamt einen Sperry-Rechner der Serie 1100 mit Sperry-DB-Software. Zum anderen nutzen die Münchner externe Datenbanken kommerzieller Unternehmen als Ergänzung. Dafür investiert die Münchner Behörde 300 000 Mark jährlich.

Das PAT DPA wiederum - in dieser Entwicklung stecken von seiten des Bundesministeriums für Forschung und Technologie rund zehn Millionen Mark - ist im Fach-Informations-Zentrum in Karlsruhe beheimatet. Dieser internationale Datenbank-Verbund mit Namen "Scientific and Technical Network" (STN) - die Rechnerbasis ist ein IBM-Mainframe-Rechner - bildet den Knoten sowohl nach den USA als auch nach Japan.

Für bundesdeutsche Unabhängigkeit auf dem Feld aufbereiteter Technik-Informationen in Datenbanken ist von dem Deutschen Patentamt in München als nächster Schritt eine erweiterte Version des PAT DPA mit dem vollständigen Inhalt der Patent-Papiere konzipiert.