Java als Integrationsplattform/Prosyst Enterprisebeans Server

Deutscher Hersteller versucht sich im Markt für Applikations-Server

24.09.1999
Von Michael Johann* Zu den Applikations-Servern etablierter amerikanischer Hersteller wie "Bea Weblogic" oder "IBM Websphere" gesellt sich seit einigen Monaten eine Lösung aus deutschen Landen. Der "Enterprisebeans Server" (EBS) von Prosyst stellt eine ernstzunehmende Alternative dar und bietet zudem einige interessante Zusatzwerkzeuge. Der EBS ist darüber hinaus der erste Applikations-Server, der auch eine volle Jini-Unterstützung aufweist.

Wer heute erfolgreich einen Java-fähigen Applikations-Server auf dem Markt positionieren will, muß einige wichtige Voraussetzungen erfüllen. Zum einen sollten sämtliche Teile der aktuellen Java-Spezifikation unterstützt werden. Dazu gehören neben Enterprise Javabeans auch Schnittstellen wie Java Message Service (JMS), Java Naming and Directory Interface (JNDI) sowie Java Transaction Service (JTS). Zum anderen entscheiden gute Skalierbarkeit und attraktive Werkzeuge für Entwickler und Administratoren für oder gegen einen Kandidaten.

Der EBS implementiert in der aktuellen Version 2.0 die EJB-Spezifikation 1.0, bietet aber bereits auch Unterstützung für Entity Beans. Die Aktualisierung auf EJB 1.1 ist für Oktober 1999 angekündigt und fällt mit der vollständigen Umsetzung der "Java 2 Enterprise Edition" zusammen.

Wie die meisten gängigen EJB-Server bietet auch der EBS die dynamische Lastenverteilung für bessere Skalierbarkeit, die Nutzung einzelner Datenbankverbindungen für mehrere Clients und das Prozeß-Pooling. Noch höhere Skalierbarkeit und Ausfallsicherheit über Cluster-Funktionen soll erst die nächste Version vorweisen können, die für Oktober dieses Jahres angekündigt ist.

Die Persistenz von Entity Beans erleichtert ein leistungsfähiges objektrelationales Mapping, das auch den Einsatz von OO-Datenbanken erlaubt. Derzeit arbeitet Prosyst an einer Unterstützung für die Versant-Datenbank. Für die Systemintegration über Corba kann der EBS automatisch Stubs und Skeletons für Corba-2.2-konforme Object-Request-Broker generieren, wie beispielsweise für den "Visibroker" von Inprise. Zudem lassen sich für Corba-Clients-Dateien Interface-Definition-Language-(IDL-)Dateien generieren, so daß hier lästige Fleißarbeit entfällt. Erwartungsgemäß kann der EBS auch über das Internet-Inter-ORB-Protokoll (IIOP) kommunizieren, bei Bedarf auch mit Verschlüsselung über Secure Socket Layer (SSL). Auch bei Javas Remote Method Invocation (RMI) ist der EBS auf dem neuesten Stand, indem er die Kommunikation über IIOP vorsieht.

Dies verbessert die Integrationsmöglichkeiten von Enterprise Javabeans erheblich. Wie schon Konkurrent BEA bei Weblogic, kann Prosyst mit einer eigenen Implementation von RMI aufwarten. Diese macht sich in einer gesteigerten Performance des Servers bemerkbar. Der ebenfalls realisierte Java Messaging Service (JMS) bietet eine weitere Möglichkeit zur Einbindung von Legacy-Anwendungen. Einer Kopplung mit Message-orientierter Middleware wie "MQ Series" oder "MS MQ" zum asynchronen Nachrichtenaustausch mit Auslieferungsgarantie steht somit nichts im Wege.

All dies sind - bis auf die Jini-Unterstützung - sicherlich die Standard-Eigenschaften, die früher oder später jeder Hersteller im Programm haben wird. Fragen, die oft erst nach dem Kauf eines Servers auftauchen, wie beispielsweise die Administration von solchen mächtigen Paketen, beantwortet Prosyst mit ausgereiften Zusatzwerkzeugen. So können sämtliche Services über ein Administratorprogramm von entfernten Rechnern aus angepaßt werden. Dabei erlaubt die Architektur des EBS die einfache Implementierung von eigenen Diensten. Denn die Architektur des Service-Containers modularisiert den Server auf eine Weise, die es erlaubt, den eigentlichen Kern des EBS auf lediglich 50 KB zu reduzieren. Je nach Bedarf können dann die einzelnen Services wie EJB, Request, Core oder gängige Internet-Dienste installiert werden. Die integrierten Internet-Dienste umfassen Mail (POP3 und IMAP), News, FTP und Verschlüsselung, und zwar sowohl Server- als auch Client-Komponenten. Nach Herstellerangaben können Clients über ein proprietäres Protokoll den vollen Funktionsumfang des Servers nutzen - mit einer Client-Größe von gerade einmal vier Kilobyte. Aufgrund der ebenfalls geringen Ressourcenanforderungen des Servers erscheint dessen Einsatz für eingebettete Systeme auch auf Notebooks realistisch.

EBS beinhaltet auch eine Entwicklungsumgebung

Konkurrenzprodukte wie "Apptivity" von Progress oder das von Sun erworbene "Netdynamics" beinhalten neben dem Server eine integrierte Entwicklungsumgebung. Eine solche gehört auch zum Lieferumfang von EBS, sie trägt die Bezeichnung ADK/J. Dabei handelt es sich um ein Programmierwerkzeug für Enterprise Javabeans und Erweiterungen für den Service-Container des EBS. Es soll umfassende Java-Werkzeuge wie "Visual Age for Java" oder "Jbuilder" nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Mit ADK/J will Prosyst den Entwickler von der Programmierung bis zur Installation von Anwendungen begleiten. Ebenfalls vorgesehen sind EBS-spezifische Aufgaben wie die automatische Einrichtung neuer Services, ohne daß der Server neu gestartet werden muß. Bei der Persistenz von Entity-Beans, um die sich der EJB-Container kümmert, können die Zuordnungen der Tabellen zu den Beans während der Erstellung des obligatorischen Deployment Descriptors mit einem speziellen Browser ausgewählt und die Felder per Mausklick mit den Attributen der Beans verbunden werden. Entwickler werden dieses Feature zu schätzen wissen, da es ihnen eine Menge Arbeit abnimmt und Fehler nahezu ausschließt.

Mit den verfügbaren Services und Werkzeugen können nicht nur Java-Clients bedient werden. Auch Web-Browser kommen via Servlets oder Java Server Pages in den Genuß von EBS-Anwendungen. Darüber hinaus ist der Anwendungs-Server für klassische Windows-Frontends offen, die üblicherweise in Visual Basic oder C++ erstellt werden.

Aufgrund seiner ausschließlichen Implementierung in Java konnte er neben den bekannten Plattformen wie Windows und UNIX auch für die Systeme wie OS/390 und AS/400 zertifiziert werden. Eine voll funktionsfähige Developer-Edition für Linux kann aus dem Internet (http://www. prosyst.de) geladen werden.

Angeklickt

Waren Java-basierende Anwendungs-Server anfangs noch eine Domäne für innovative Startup-Firmen, so machen sich dort mittlerweile die Schwergewichte der Branche breit. Trotz dieser mächtigen Konkurrenz versucht die Kölner Prosyst GmbH, sich einen Anteil an diesem lukrativen Markt zu sichern, den IDC bis zum Jahr 2002 auf fünf Milliarden Dollar wachsen sieht. Der "Enterpisebean Server" ist vollständig in Java implementiert und deshalb auf einer Reihe von Plattformen ablauffähig. Neben einer umfassenden Unterstützung bestehender Java-Spezifikationen glänzt die Software durch eine der ersten Jini-Implementierungen.

*Michael Johann (mjohannqjavatalk.net) ist Geschäftsführer der auf Java spezialisierten Unternehmenungsberatung j.talk().