Meta Group liefert Zahlen

Deutsche Unternehmen mögen Objektorientierung

22.11.1996

Die Frage "Wie nutzt Ihre Organisation objektorientierte Applikationen?" beantworteten 49 Prozent mit "für Internet-Anwendungen" (siehe Abbildung 1). Ein vergleichsweise großes Gewicht nimmt mit 34 Prozent unter den objektorientierten Anwendungen auch der Bereich Data-Warehousing ein. Die geringe Nennung von Anwendungen beim Online Transaction Processing (OLTP), etwa 25 Prozent, läßt allerdings darauf schließen, daß viele der objektbasierten Projekte das Kerngeschäft der Unternehmen noch nicht tangieren.

Die Untersuchung führte die Meta Group während der Frankfurter Konferenzmesse Objectworld/Internet Forum Europe durch, die kürzlich in Frankfurt stattfand. Von den 2800 Besuchern gaben 135 Auskunft.

84 Prozent der Interviewpartner sind in den Beschaffungsprozeß ihres Unternehmens involviert, wenn auch der Anteil der Entwickler unter den Befragten dominiert. Rund sieben Prozent stammen aus Geschäftsführung oder Vorstand ihrer Firma, und elf Prozent bekleiden leitende Positionen im DV-Bereich.

Die zufällige Auswahl der Messebesucher bescherte der Meta Group Interviewpartner aus den 50 größten deutschen sowie aus kleinen Unternehmen. Die Firmen, die in der Größenordung dazwischen liegen, "haben wir nicht erwischt", so Wolfgang Martin, Program Director Europe der Meta Group und zuständig für den Bereich Application Delivery Strategies. Unter den Befragten befanden sich auch eine Reihe von Softwarehäusern. Allerdings nutzen nicht nur sie die Objekttechniken.

Auch läßt sich laut Martin kein Zusammenhang feststellen zwischen den Unternehmen, die selbst in der Technologieinnovation, zum Beispiel in der Telekommunikationsbranche, tätig sind und dem Einsatz der noch immer jungen Objektorientierung. Auch traditionellere Wirtschaftszweige greifen zu Objekttechniken.

Die Meta Group untersuchte außerdem, inwieweit sich die Objektorientierung in den Organisationen bereits durchgesetzt hat. Unternehmensweit setzt keiner der deutschen Betriebe auf Objekte. Allerdings arbeitet rund ein Viertel bereits auf der Abteilungsebene mit Objekttechnologie. Daran lasse sich laut Martin ablesen, daß sich die Objektorientierung "wie eine Welle durchschiebt". So sei in wenigen Jahren damit zu rechnen, daß Firmen auch unternehmensweit auf diese Technologie setzten.

Nur 14 Prozent der Befragten arbeiten noch gar nicht auf Objektbasis, zwölf Prozent wagen erste Versuche, 19 Prozent suchen derzeit nach geeigneten Tools, weitere zwölf Prozent beschreiben den Einsatz als "erweiterte Nutzung", setzen demnach objektorientierte Folgeprojekte auf (siehe Abbildung 2).

Weit fortgeschritten scheint der Gebrauch objektorientierter Methodiken zu sein. Knapp die Hälfte der interviewten Konferenzteilnehmer vertrauen dabei auf die Object Modeling Technique (OMT) von Rumbaugh, 30 Prozent auf die Methode von Booch, 18 Prozent auf die von Jacobson. Acht Prozent haben keine Methode. Nur zehn Prozent der Befragten verwenden Hybrid-Verfahren, 25 Prozent eine Eigenentwicklung und lediglich noch 15 Prozent Methoden, die nicht objektorientiert sind. (Mehrfachnennungen waren erlaubt.)

Auch der Gebrauch von Programmierwerkzeugen interessierte die Meta Group. Mehr als ein Drittel der Befragten setzen die Paradigmen noch mit Hilfe von Klassenbibliotheken und visuellen Programmier-Tools um. Dabei benutzen 56 Prozent C++ und 22 Prozent Smalltalk. Nur elf Prozent greifen zu objektorientierten 4GLs.

Der Marktanteil dieser Werkzeuge werde allerdings sehr schnell wachsen - um 60 Prozent jährlich. Im Jahr 1995, schätzt die Meta Group, betrug das Marktvolumen für diese Tools weltweit erst rund 120 Millionen Dollar. In Deutschland, prognostiziert Martin, könnte sich der Anteil der 4GL-Programmierer in einem Jahr fast verdoppeln.

Für den Erfolg von höheren Programmiersprachen gebe es im wesentlichen zwei Gründe: Sie böten den Entwicklern transparente Schnittstellen zu den gängigsten Plattformen und erlaubten ein dynamisches Partitionieren. Beides entlastet die Programmierer von aufwendigen systemnahen Aufgaben.

Überraschend hoch liegt die Anzahl derer, die auf den Middleware-Standard Common Object Request Broker Architecture (Corba) der Object Management Group (OMG) setzen (siehe Abbildung 3). Immerhin versäumt das Marketing Microsofts für die eigene proprietäre Konkurrenzarchitektur Common Object Model (COM) nicht, ständig darauf zu verweisen, daß es keine Corba-Applikationen gebe - fälschlicherweise, wie sich herauszustellen scheint. Laut Martin entspricht dieses Ergebnis der Befragung auf der Objectworld, die unter Mitwirkung der OMG ausgerichtet wird, international erfaßten Werten.

Im vergangenen Jahr wurde mit Corba-Technologie ein Umsatz von 42 Millionen Dollar erwirtschaftet. Dabei gingen rund 33 Prozent der Lizenzeinnahmen an Digital Equipment, 25 Prozent an den irischen Hersteller Iona und 17 Prozent an die IBM. Auf Dauer jedoch wird dieser Markt verschwinden, prophezeit Martin. Diese Form der Middleware werde schlichtweg mit den Betriebssystemen verschmelzen.