Netware-Server binden Macintosh- und DOS-Rechner ein

Deutsche Umwelthilfe optimiert Verwaltung durch LAN-Einsatz

25.10.1991

Da die Deutsche Umwelthilfe (DUH) aus Radolfzell wichtige Aufgaben wie die Spendenverwaltung mit Einzelplatz-Systemen auf die Dauer nicht in den Griff bekommen konnte, entschied sich die Organisation 1988 für den Einsatz eines LANs. Peter Meuser* beschreibt den durch Drucker-Sharing und eine Integration der Macintosh- und PC-Welt gekennzeichneten Kommunikationsverbund.

Das erste Netzwerk des DUH-Bundesverbandes lief 1988 unter Novells Netware 2, wobei sich maximal acht PCs integrieren ließen. Schon Mitte 1989 war die Kapazitätsgrenze erreicht. Der Netzanbieter bot sich daher im Dezember 1989 an, die Arbeit der Deutschen Umwelthilfe mit der Spende einer SFT-Netware sowie einer weiteren Advanced-Netware-Software zu unterstützen.

Die jetzige Konfiguration, zwei Server mit jeweils einer Netzsoftware Netware 386, läuft seit etwa Mitte 1991. Im Netzwerk arbeiten zirka 30 Rechner, davon 21 in der Umwelthilfe Radolfzell, der Rest in der assoziierten Stiftung Europäisches Naturerbe. Trotz der Umstellung von SFT auf 3.11 gab es keine nennenswerten Probleme.

Neben der erhöhten Arbeitsgeschwindigkeit bietet die neue Struktur auch erhebliche Sicherheitsvorteile: Die Gesamtplattenkapazität von 1,8 GB ist auf die beiden Server verteilt, wobei einer als Backup-Maschine des Hauptservers fungiert und damit eine hohe Ausfallsicherheit garantiert. Darüber hinaus wird das gesamte System jede Nacht über ein DAT-Laufwerk gesichert.

Die interne und externe Kommunikation wickelt ein Mail-Server ab, auf dem der Novell-eigene Message Handling Service Netware MHS läuft und ein Fax-Modem ansteuert. Dies ermöglicht es jedem Mitarbeiter, an seinem Arbeitsplatzgerät sowohl interne Kommunikation per E-Mail zu betreiben als auch nach außen Kontakt über Telefax und Telefon aufzunehmen.

An die Fileserver sind indes nicht nur MS-DOS-Rechner angebunden. Über Netware for Macintosh 3.0 verteilt ein Apple-Publishing-System auf Basis des MAC IIcx den gemeinsamen Datenbestand. Insgesamt werden drei Netzwerkstränge betrieben, zwei via Ethernet und einer via Local Talk. Dadurch sind für alle Netzwerk-Teilnehmer die Apple-Drucker zugänglich.

Natürlich reicht es nicht aus, nur den physikalischen Zugriff beider Rechnerwelten auf die Netzwerkdaten zu ermöglichen. Die Umwelthilfe setzt daher auch einige Softwarepakete, wie Word, Excel und Pagemaker, ein, die auf beiden Systemen laufen.

Die Apple-Macs übernehmen die Herstellung aufwendiger Anzeigen und bearbeiten Fotos, die später auf dem PC in das Layout integriert werden. Sämtliche Broschüren entstehen auf PCs mit Ventura Publisher. DUH informiert die Öffentlichkeit jedes Jahr durch acht oder neun Informationsblätter über aktuelle Themen des Natur- und Umweltschutzes. Hauptkriterium für die Errichtung des Netzwerkes war der Wunsch, die Spendenverwaltung zu automatisieren. Es hatte sich gezeigt, daß sich die Verwaltung sämtlicher Adressen - derzeit sind es zirka 70 000 - und des Spendenaufkommens auf Einzelplatz-Systemen nicht mehr bewältigen ließ.

Bei bundesweit durchgeführten Spendenaktionen war der Aufwand für eine einzelne Arbeitskraft zu hoch, so daß man die Bearbeitung auf mehrere Mitarbeiter verteilen mußte.

Heute kann parallel auf mehreren Rechnern die Spendenverwaltung abgewickelt werden. Hinzu kommt als arbeits- und DV-intensive Anwendung die Spendenwerbung. Hierfür organisiert die Umwelthilfe regelmäßige Aussendungen an bundesweite Pressedienststellen. Schon allein das Adressen-Handling und das Erstellen von persönlichen Anreden und Serienbriefen erfordert den Betrieb eines Netzwerkes.

Früher mußten die Aussendungen außer Haus gegeben werden. Durch die Einführung des Netzwerkes lassen sich diese Vorgänge nun intern organisieren, was zu einer größeren Unabhängigkeit, zu einem schnelleren Reaktionsvermögen und zu einer Kostenreduktion um 50 Prozent geführt hat.

Auch für das Druckvolumen reichten einzelne Arbeitsplatz-Geräte nicht mehr aus. Jetzt sorgen zwei robuste Kyocera-Laserprinter für den Massendruck, und jeder Mitarbeiter kann durch die Möglichkeiten der über das Netz zugänglichen zentralen Postscript-Drucker das Corporate Design der Umwelthilfe nutzen. Bei Gerätepreisen von 22 000 Mark wäre es darüber hinaus eine Kapazitätsvergeudung, wenn die Drucker nur an einem Arbeitsplatz zur Verfügung stünden.

Hauptanwendung im Netz ist eine Branchenlösung zur Adreßverwaltung, die durch selbstentwickelte Zusatzmodule für statistische Auswertungen und zur Datenkonvertierung erweitert wurde. Außerdem dient zur Adreß- und Datenverwaltung das Produkt "F&A" in der Version 3.0 von Symantec. Daneben experimentiert man bei der Umwelthilfe mit einer neuen Datenverwaltung auf Basis von "Foxpro LAN" und des "SQL-Servers" von Microsoft. Microsoft lieferte mit "Word" die Textverarbeitung für den Kommunikationsverbund. Darüber hinaus steht für Präsentationsaufgaben "Harvard Graphics" zur Verfügung.

Der zweite große Anwendungsbereich, das Desktop Publishing, wird auf der PC-Seite mit "Ventura Publisher" (GEM), "Pagemaker" und "Corel-Draw" abgewickelt; auf der Macintosh-Seite agieren "Pagemaker", "Freehand" und "Photoshop". Auch auf diesem Gebiet kann die Umwelthilfe auf beachtliche Effektivitätssteigerungen verweisen.

Mußte man früher auf einem Einzelplatz die Texte in Fahnen ausdrucken, manuell montieren und als Vorlage in die Setzerei geben, so erhält die Setzerei heute lediglich eine Diskette mit dem kompletten Satz zur Belichtung des Druckfilms.

Nur die hochwertigen Bilder in den DUH-Publikationen werden noch konventionell außer Haus zum Druck vorbereitet. Hier erprobt man aber mittlerweile den Einsatz eines Schwarzweiß-Scanners.

Das Netzwerk ermöglicht auf dem DTP-Gebiet eine sinnvolle Arbeitsteilung, so daß von mehreren Arbeitsplätzen aus an einem Projekt gearbeitet werden kann. Ein Ablauf sieht dann so aus, daß an einem Gerät Texte erfaßt, parallel dazu Grafiken an einem anderen Computer erstellt und an einem dritten PC die fertigen Teile zum endgültigen Layout zusammengesetzt werden. Es ist problemlos möglich, die Grafiken mit Aldus Freehand auf dem MAC zu gestalten, obwohl Layout und Texte auf dem PC entstehen.

Im Kommunikationssektor ist zur Verwaltung des Netzwerkes der Novell Naming Service im Einsatz, um die beiden Fileserver als sogenannte Domain von einem Punkt aus zu verwalten. Dadurch müssen sich die Benutzer nicht auf jedem Server einloggen. Im Hinblick auf die E-Mail-Kommunikation setzt die Umwelthilfe die Produkte "Coordinator II" von Action Technology sowie "OCP Mail" mit Telefax-Gateway von OCP ein. Als sehr vorteilhaft hat es sich erwiesen, wenn bei der Erstellung von Broschüren auf dem PC die notwendigen Texte, die oft von außerhalb kommen, gleich im PC-Format und via E-Mail einspielbar sind und sich direkt bearbeiten lassen. Wenn mehrere Autoren an einem Informationsblatt beteiligt sind, können mit dieser Technik Texte bequem diskutiert und verändert werden.

Mit der Schwesterorganisation in Madrid besteht eine enge Verbindung. Dort erscheinen Informationsschriften in der Landessprache; die redaktionelle Betreuung und der Druck erfolgen jedoch in der Bundesrepublik. Per DFÜ kommen die deutschen Texte ins spanische System, werden dort übersetzt und dann via E-Mail wieder zurückgeschickt, wo sie schließlich in das vorbereitete Layout einfließen.

Auch die Telefax-Option trägt dazu bei, jedem Mitarbeiter ein optimales Arbeitsumfeld zur Verfügung zu stellen. Niemand muß sich in die Telefax-Warteschlange einreihen. Für den Empfang stellt weiterhin auch ein normaler Telefaxanschluß zur Verfügung. Ein zusätzlicher Vorteil ergibt sich bei der Durchführung von Rundfaxen an Pressedienststellen. Während früher ein Mitarbeiter Tage mit der Überwachung der Telefaxe an 120 Teilnehmer betraut war, ist heute nur noch die Vorbereitung des Schriftstückes erforderlich. Der Rest läuft vollautomatisch, nachts und zu günstigen Tarifen an die vorgespeicherten Teilnehmergruppen ab. Es bleibt nur noch die Überprüfung des Sendejournals am nächsten Tag. Zum Einsatz kommt ein OCP-Telefax-Gateway für das Elsa-Faxmodem. Diese Form der Abwicklung hat sich als absolut stabil erwiesen und erfordert für den externen E-Mail-Verkehr und den Telefaxversand nur eine Telefonleitung.

Auf der Applikationsseite wird unter Windows gearbeitet. Um sämtliche PCs zu Windows-Stations zu machen, fehlt derzeit allerdings noch die notwendige Hardwarebasis. Erforderlich wären 386er Rechner mit 25 Megahertz Taktfrequenz und 4 MB Hauptspeicher. Außerdem mußte eine schnelle lokale Festplatte für die Windows-Programme mit mindestens 80 MB vorhanden sein, um einen optimalen Zugriff zu realisieren. Derzeit stehen in Radolfzell jedoch hauptsächlich 286er PCs zur Verfügung.

Mankos im Hardwarebereich ergeben sich für die Umwelthilfe ferner daraus, daß es oft Monate dauern kann, bis man beispielsweise herausfindet, daß es ausgerechnet das defekte Netzteil war, das permanent zu Ausfällen führte. Kopfzerbrechen bereitet mitunter aber auch die Software, da nicht jedes Programm ohne weiteres netzwerkfähig ist und daher Anpassungen erforderlich werden.

Für künftige Erweiterungen gerüstet

Das Netzwerk ist durch den Einsatz von Netware 3.11 für künftige Erweiterungen gerüstet. Zusätzliche Festplatten, Server oder andere Kommunikationskomponenten lassen sich ohne großen Aufwand anhängen. So werden sich in Zukunft auch externe Mitarbeiter über einen Laptop mit Modem in das System einwählen können. Bereits jetzt ist es für einen Teil der eigenen Belegschaft möglich, auf Dienstreisen die Post in Radolfzell abzurufen und über den Mail-Server mit dem OCP-Gateway Telefaxe zu versenden. Bei der Umwelthilfe spielt man zudem mit dem Gedanken, Btx, was bisher nur auf einem gesonderten PC zur Verfügung steht, netzweit anzubieten. Als Informationsquelle kommt unter anderem der Info-Service des Umweltministeriums in Betracht, über den sich beispielsweise Ozonwerte abrufen lassen. Sobald dieses Medium auf breiterer Basis verfügbar ist, soll auch ISDN mit seiner größeren Datentransferleistung und den integrierten Teleservices genutzt werden.

Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) ist eine gemeinnützige, private, überparteiliche Organisation. Erklärte Ziele sind die Erhöhung des Umweltbewußtseins durch eine fundierte Öffentlichkeitsarbeit sowie die finanzielle Förderung von Natur- und Umweltschutzprojekten. Der Zweckverband mit Bundesgeschäftsstelle in Radolfzell bietet seine Hilfe grundsätzlich allen Naturschutzverbänden an. Die Einnahmen der DUH aus Spenden, Haussammlungen und staatlicher Förderung beliefen sich 1990 auf 3,7 Millionen Mark.