Aktuelle "ComputerPartner"-Umfrage

Deutsche Systemhaus-Landschaft im Umbruch

12.07.2002
MÜNCHEN (CW) - Die Szene der deutschen Systemhäuser hat im Vorjahr ein wahres Erdbeben erlebt. Pleiten, Fusionen und Übernahmen haben den IT-Fachhandel erschüttert. Der Gesamtumsatz der 25 größten Systemhäuser nahm nach einer aktuellen Umfrage der CW-Schwesterpublikation "ComputerPartner" unter ihren Abonnenten um rund 25 Prozent ab.

Die Zahlungsunfähigkeit vieler Unternehmen sowie eine Übernahmewelle beherrschten, wie "ComputerPartner" schreibt, die deutsche Systemhaus-Landschaft im vergangenen Jahr. Und es sieht nicht so aus, als ob sich dieses Jahr an dieser "Dynamik" etwas ändern sollte. Die überwältigende Mehrheit, nämlich neun von zehn der befragten Systemhäuser, rechnen 2002 mit weiteren Akquisitionen und Insolvenzen. Meist dürften dabei wie gehabt die Großen die Kleinen schlucken, wobei aber auch die schiere Größe keine Überlebensgarantie bietet. Hier stellte die 2001 insolvent gegangene M+S ein warnendes Beispiel dar. Aber auch das Debis Systemhaus wurde von T-Systems geschluckt, und Systematics ging im EDS-Konglomerat auf.

Besagte Konsolidierung allein durch den "Abgang" dieser drei Systemhäuser aus der statistischen Wertung (also im Vergleich zu einer adäquaten "Computerpartner"-Erhebung für das Jahr 2000) führte 2001 zu einem Rückgang der Gesamteinnahmen von 5,81 (entspricht dem Umsatzvolumen der Top 25 im Jahr 2000) auf 4,36 Milliarden Euro.

Spitzenreiter im Ranking blieb GE Compunet, gefolgt von der neuen Nummer zwei, der Bechtle AG (siehe Tabelle). Auch hier macht sich natürlich der Shake-out im Markt durch das Fehlen von M+S, Systematics und Debis Systemhaus bemerkbar. Auffallend ist zudem: Obwohl GE Compunet den Konkurrenten Computacenter - im Vorjahr immerhin noch die Nummer elf im "ComputerPartner-Ranking" - übernommen hat, ging der Umsatz der Münchner bereits im zweiten Jahr in Folge zurück.

Insgesamt befindet sich, so "ComputerPartner", der reine IT-Handel in Deutschland auf dem Rückzug. Immer mehr Händler überlassen das Kistenschieben den großen Retailern und Filialisten. Von den rund 25000 Unternehmen, die hierzulande ihr Geld mit dem Vertrieb von Hard- und Software sowie Dienstleistungen verdienen, bezeichnet sich heute nur noch jede fünfte Company als IuK-Händler. Ein weiteres knappes Drittel firmiert als Systemhaus/Systemintegrator/VAR. Die Mehrheit, immerhin rund 42 Prozent der Vertriebsunternehmen im indirekten Kanal, versteht sich als Dienstleister.

Wenn sich heute so viele Unternehmen als Dienstleister bezeichnen, dürfte interessant sein, welche Services sie anbieten. An erster Stelle steht hier die Installation - 83 Prozent der deutschen Systemhäuser bieten diese Leistung an. Weiter häufig im Angebot: Wartung/Reparatur (73 Prozent), Vernetzung/Verkabelung (68 Prozent) und Consulting (49 Prozent). Gleichzeitig ist noch immer die PC-Assemblierung im IT-Handel beliebt. Rund 29 Prozent der Händler und Systemhäuser, also etwa 7250 Firmen, bauen selber Rechner zusammen. Das sind sogar ein wenig mehr als im Jahr 2000. Interessant ist zudem: 22 Prozent der Händler, Systemhäuser und Dienstleister entwickeln Standardsoftware und sogar 36 Prozent Branchen- oder Individualsoftware.

Mehr als 80 Prozent der befragten Systemhäuser erachten, so "ComputerPartner", das derzeitige wirtschaftliche Klima als schlecht. Mangelnde Investitionsbereitschaft der Kunden und die damit einhergehende unbefriedigende Auftragslage stellen demzufolge das größte Problem der Branche dar. Mehr als drei Viertel der Firmen glauben nicht mehr an eine konjunkturelle Erholung in 2002. Sinkende Margen und eine daraus resultierende rückläufige Ertragslage nennen mehr als ein Viertel als ihre zweitgrößte Sorge. An dritter Stelle taucht der zunehmende Wettbewerbsdruck auf. Dagegen sei offenbar mangelnde Liquidität zumindest für die großen Systemhäuser kein Problem. (gh)

Definitionssache

Während beim Begriff "Systemhaus" im Markt heillose Verwirrung herrscht, war für die Kollegen von "ComputerPartner" die Definition klar. Es wurden nur herstellerunabhängige Häuser berücksichtigt, die ihre Kunden nicht mit selbst gefertigter Hard- und Software sowie auf Netz- und TK-Equipment basierenden Komplettlösungen beliefern. Vielmehr muss ein Systemhaus klassischer Prägung mindestens die Hälfte seines Umsatze mit dem reinen Wiederverkauf von IuK-Produkten erzielen. Die Dienstleistungs-Divisions großer Hersteller wie IBM Global Services und Siemens Business Services fehlen daher im "ComputerPartner"-Ranking ebenso wie klassische Dienstleister à la CSC Ploenzke oder Accenture, die ihren Schwerpunkt in der Systemintegration und in der Beratung haben. Auch so genannte Value Added Reseller (VARs), die mehr als die Hälfte ihrer Einnahmen mit eigenen Services generieren, wurden nicht berücksichtigt.

Die Top 25 Systemhäuser im Jahr 2001

Rang / (Vorjahr) / Unternehmen, Ort / Umsatz* 2000 / 2001

1 / (1) / GE Compunet AG, München / 1104,0 / 1222,0

2 / (5) / Bechtle AG, Gaildorf / 641,5 / 488,6

3 / (7) / ADA-HAS AG, Willich / 375,0 / 253,0

4 / (9) / PC Ware, Leipzig / 340,0 / 169,0

5 / (10) / Cancom IT-Systeme AG, Scheppach / 243,4 / 157,5

6 / (neu) / Memorex Systemhaus GmbH, Frankfurt (1) / 202,0 / 216,0

7 / (6) / Arxes Information Design AG, Aachen / 200,0 / 270,0

8 / (8) / Sysdat GmbH, Köln / 191,0 / 192,0

9 / (17) / PSB AG, Ober-Mörlen / 136,0 / 86,0

10 / (12) / Ibex AG, Augsburg / 102,0 / 118,0

11 / (16) / Morse GmbH, Neu-Isenburg / 99,4 / 98,4

12 / (15) / Haitec AG, München / 96,8 / 105,4

13 / (18) / Comics Informationssysteme GmbH, Karlsruhe / 86,4 / 63,9

14 / (21) / Taskarena AG, Unna / 69,0 / 52,0

15 / (19) / Einsteinet GmbH, München / 63,2 / 62,9

16 / (23) / Kumatronik Systemhaus GmbH, Markdorf / 52,5 / 47,5

17 / (neu) / SHD Holding GmbH, Andernach / 47,0 / 35,0

18 / (neu) / ECS Electr. Computer Service AG, Hamburg / 45,8 / 38,8

19 / (neu) / Maxpert AG, Frankfurt / 38,0 / 40,0

20 / (neu) / Schulz Bürozentrum GmbH, München / 36,0 / 36,0

21 / (neu) / Hauser Holding GmbH, München / 35,8 / 33,2

22 / (neu) / Messerknecht Informationssys. GmbH, Bremen / 34,0 / 32,0

22 / (neu) / SSG Lange & Partner AG, Wustrau / 34,0 / 28,0

24 / (neu) / EDS Planorg GmbH, Köln (2) / 30,0 / 28,0

24 / (22) / Systemhaus Bissinger GmbH, Gundelfingen / 30,0 / 51,0

24 / (neu) / März Network Services AG, Essen / 30,0 / 30,0

Summe / 4362,6 / 3954,2

* Umsätze in Millionen Euro / Quelle: ComputerPartner 2002

(1) Die Memorex Systemhaus GmbH ist die deutsche Tochtergesellschaft der MSH International Service AG, die wiederum unter dem Dach der Systematics AG, einer EDS-Tochter, agiert.

(2) Die EDS Planorg GmbH ist der Systemhauszweig der Technologiegruppe Planorg AG, die wiederum der Systematics AG angehört und damit auch dem EDS-Konzern.