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Thema des Tages

Deutsche Online-Shops sind mangelhaft

02.11.1999
Thema des Tages

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Das eco Electronic Commerce Forum e.V., ein Interessenverband der deutschen Internet-Wirtschaft, hat gemeinsam mit der Münchner Vivendo Internet AG mehr als 1000 deutsche Online-Shops in bezug auf Einkaufskomfort, Verbraucherschutz und Sicherheit unter die Lupe genommen. Das Fazit ist vernichtend. "Vom Traum des virtuellen Einkaufsparadieses ist das Angebot der Internet-Läden derzeit meilenweit entfernt", beklagt Harald Summa, eco-Geschäftsführer und seit September dieses Jahres auch E-Commerce-Experte des Beratungsunternehmens Giga Group. Für die meisten Shops könne man nur die Note "mangelhaft" vergeben.

In 23 Prozent aller Internet-Warenhäuser kann der Kunde überhaupt keine rechtlich verbindliche Bestellung aufgeben - die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Anbieter sind schlicht nicht zugänglich. Ein Viertel aller Online-Händler bietet keinen virtuellen Warenkorb an, in dem Käufer mehrere Artikel sammeln (und auch wieder "zurücklegen") können, bevor sie sich zur endgültigen Abrechnung an die virtuelle "Kasse" begeben.

Überhaupt bieten die gebotenen Zahlungsmöglichkeiten Grund zur Klage: 75 Prozent der Anbieter offerieren ihren Kunden lediglich den althergebrachten und wenig verbraucherfreundlichen Versand per Nachnahme. Gerade ein Fünftel akzeptiert Kreditkarten, und ganze fünf Prozent kassieren per Bankeinzug (Lastschriftverfahren) oder Rechnung.

Als weiterer Hemmschuh dürften sich auf vielen Sites die zusätzlichen Versandkosten erweisen (sofern der Kunde diese überhaupt gewahr wird). 43 Prozent der Online-Shops kassieren mehr als zehn Mark für die Auslieferung, lediglich 40 Prozent geben sich mit weniger zufrieden. Nur 17 Prozent aller Händler gibt den eigenen Kostenvorteil an die Käufer weiter und versendet seine Waren kostenlos, mokieren eco und Vivendo.

Wann die bestellten Waren beim Kunden eintreffen, ist oft nicht vorhersehbar. 58 Prozent der Online-Shops geben keine verbindlichen Lieferzeiten an, weitere 16 Prozent stellen von vornherein klar, daß der Versand auf jeden Fall länger als sieben Tage dauern wird. Immerhin 18 Prozent der Anbieter versprechen die Lieferung innerhalb von drei Tagen.

In bezug auf Reklamationen zeigt sich die Anbieterlandschaft uneinheitlich: 46 Prozent der Online-Vertreiber gewähren ein Rückgaberecht innerhalb von zwei Wochen, 51 Prozent räumen eine Rückgabefrist von 30 Tagen ein. Bei den restlichen drei Prozent kauft der Kunde laut eco/Vivendo die sprichwörtliche "Katze im Sack", eine Rückgabe ist nicht vorgesehen.

Auch in punkto Sicherheit gibt es allerhand zu kritisieren. Kein einziger der mehr als 1000 untersuchten Shops setzt das verschlüsselte Zahlungsverfahren SET (Secure Electronic Transaction) ein. 82 Prozent der Anbieter übertragen die Bestelldaten und alle anderen Angaben der Kunden unverschlüsselt, nur 18 Prozent transportieren die Daten gesichert über SSL (Secure Sockets Layer).

Summa zieht insgesamt ein äußerst kritisches Fazit: "Die Mehrzahl der deutschen Online-Shops genügt nicht einmal den Mindestanforderungen des Gesetzgebers an Verbraucherschutz. Kaufmännische Grundsätze scheinen im Cyberspace außer Kraft gesetzt zu sein. Ein Kaufvertrag ist nur gültig, wenn der Kunde die AGB gelesen und akzeptiert hat. Dies ist den Inhabern der virtuellen Läden entweder unbekannt, oder sie ignorieren es bewußt."