Umbau des Werkes Taunusstein fuehrt zu hohen Belastungen

Deutsche Motorola laesst 1992 beim Nettogewinn weiter nach

14.05.1993

Im Fiskaljahr 1991 waren es vor allem Vorleistungen fuer den Aufbau des D1-Netzes sowie Umstrukturierungen des Geschaeftsbereiches Computersysteme gewesen, die den im Jahr zuvor erzielten Motorola-Profit von 38,8 Millionen Mark auf gerade noch 5,8 Millionen Mark zusammenschmelzen liessen. Dass der Nettogewinn 1992 weiter sank - verdient wurden nur noch 2,2 Millionen Mark - begruendete Finanzdirektor Karlheinz Ullius in erster Linie mit ausserordentlichen Belastungen in Hoehe von 14,2 Millionen Mark fuer die im Umwandlungsprozess befindliche Funkgeraete-Fabrik in Taunusstein.

Im August vergangenen Jahres hatte das Motorola-Management beschlossen, die Produktion mobiler Funkgeraete kuenftig im irischen Dublin zu konzentrieren. Der Standort Taunusstein bleibt zwar erhalten, weil die Fabrik zu einem europaeischen Design- und Logistikzentrum umgewandelt wird, doch fuer rund 260 Fertigungsmitarbeiter ist dies kein Trost. Sie verlieren bis Ende dieses Jahres ihren Job. Geschaeftsfuehrer Eike Baer liess keinen Zweifel daran, dass die Verlagerung der Produktion nicht zuletzt aus Kostengruenden erfolgt. "Es gibt eben einige Laender, die weitaus mehr Anreize geben, dort zu fertigen."

Trotz der mageren Gewinnausbeute und einem nur maessigen Umsatzanstieg von 4,5 Prozent auf rund 1,3 Milliarden Mark zeigte sich Baer mit dem Verlauf des Geschaeftsjahres 1992 zufrieden. Als besonders erfreulich bezeichnete er die Steigerung des Gewinns aus der gewoehnlichen Geschaeftstaetigkeit um 41 Prozent auf 19,8 Millionen Mark, obwohl die Stagnationsphase der deutschen Wirtschaft angehalten und sich auch der Preisverfall bei Funktelefonen fortgesetzt habe. Zudem seien die Vertriebs- und Verwaltungskosten um 7,4 Prozent gesenkt worden.

Zu den vier Schwerpunktbereichen von Motorola gehoert neben der Mobilkommunikation, den Computersystemen sowie der Steuerungstechnik der Halbleiter-Bereich. Hier konnte die deutsche Tochter der in Schaumburg, Illinois, angesiedelten Motorola Inc. laut Axel Hartstang, Vice-President, Geschaeftsfuehrer sowie Sales- and Marketing-Director Central and Eastern Europe, 1992 den Absatz betraechtlich steigern. Zum Gesamtumsatz trug der Chip-Bereich 544,4 Millionen Mark bei, was gegenueber dem Vorjahr ein Plus von neun Prozent bedeutete. Beim Auftragswachstum, bei dem die Motorola GmbH insgesamt eine Steigerung von 16,6 Prozent verzeichnete, legte die Halbleiter-Sparte gar um 32,3 Prozent zu. Last, but not least war man laut Hartstang 1992 der schnellstwachsende Asic-Hersteller auf dem deutschen Markt.

Noch kein Vorankommen scheint Motorola indes bei dem mit IBM entwickelten Power-PC-Chip in Richtung Windows NT verzeichnen zu koennen. Obwohl in amerikanischen Analystenkreisen der neue Motorola-Chip wegen seines guten PreisLeistungs-Verhaeltnisses als ernstzunehmende Konkurrenz fuer Marktfuehrer Intel gilt und mit IBM und Apple gleich zwei Grosse der DV-Branche die Architektur unterstuetzen (siehe auch CW Nr. 19 vom 7. Mai 1993, Seite 29), haelt sich Microsoft weiter zurueck, was die Unterstuetzung des Power PCs durch Windows NT angeht.

Sollte es zu keiner Annaeherung zwischen dem Elektronikkonzern aus Schaumburg und der Bill-Gates-Company kommen, hegt mancher Marktbeobachter betraechtliche Zweifel an der Akzeptanz des Power PCs. Gleichwohl legen die Wiesbadener Gelassenheit an den Tag. Auf eine entsprechende Frage erklaerte Hartstang lakonisch: "Sie muessen schon Microsoft fragen, was sie mit Windows NT vorhaben."

Fuer das laufende Geschaeftsjahr hat die Motorola GmbH, die in einigen Monaten ihr 25jaehriges Bestehen feiert, alle Zeichen auf Expansion gestellt. Laut Finanzchef Ullius wurde im ersten Quartal bereits ein Umsatzwachstum von 12,7 Prozent erreicht, Eike Baer erwartet fuer 1993 vor allem eine erfreulichere Gewinnausbeute. "In diesem Jahr werden wir die Fruechte der Vorleistungen ernten, die wir in den vergangenen zwei Geschaeftsjahren vor allem bei den Mobilfunk-Netzen und im Halbleiter-Bereich erbracht haben." Der Motorola-Chef geht von einem Jahresueberschuss in zweistelliger Millionenhoehe aus.

Inwieweit die Wiesbadener dieses Ziel erreichen, wird nicht zuletzt von der Preisentwicklung im Mobilfunk-Markt abhaengen. Der Preisverfall bei Funktelefonen geht vor allem im Haendlergeschaeft mit unverminderter Haerte weiter. Da duerfte es wenig helfen, dass sich die Anbieter kuenftig bei ihren Abgabepreisen zuegeln wollen. Auch ist damit zu rechnen, dass die Japaner schon bald ein gewichtiges Woertchen im europaeischen Mobilfunk-Markt mitreden werden, die bislang noch Zurueckhaltung an den Tag legten. Baer rechnet gegen Ende des Jahres mit einem verstaerkten Auftreten der japanischen Konkurrenz.