Deutsche Forschung laut Battelle weiter auf Expansionskurs, aber:Aufholjagd der Europäer noch im Gange

30.05.1986

FRANKFURT (pi) - Das Forschungsbudget der Bundesrepublik wird in diesem Jahr real um 3.6 Prozent steigen. Zu diesem Ergebnis kam das Battelle-lnstitut aus Frankfurt in einer kürzlich durchgeführten Untersuchung. Für die USA erwartet Battelle im Vergleichszeitraum einen realen Zuwachs von 4.4 Prozent, für Japan 4,5 Prozent. Obwohl sich damit die Expansion des bundesdeutschen FuE-Etats fortsetzt, bleibt der Vorsprung der Wettbewerbsnationen USA und Japan bestehen. Offensichtlich fehlt es hierzulande trotz Eureka immer noch an Anreizen, die die Privatwirtschaft dazu herausfordern, mehr zu investieren.

Die Bundesrepublik Deutschland leistet innerhalb der Europäischen Gemeinschaft einen wichtigen Beitrag zum "gemeinsamen" Forschungsbudget. Battelle schätzt, daß 1986 in den EG-Ländern knapp 30 Milliarden Dollar real für Forschung und Entwicklung zur Verfügung stehen. Etwa 45 Prozent dieses Betrages werden von der Bundesrepublik aufgebracht. Frankreich, Großbritannien und Italien haben in den letzten Jahren große Anstrengungen unternommen, im Bereich Forschung und Technologie Schritt zu halten und haben ihr reales Forschungsbudget ausgeweitet. Im Vergleich zu den USA und Japan ist jedoch in Europa immer noch mehr Dynamik erforderlich als bisher.

Hierzulande fehlt eine zündende Idee

Was allerdings hierzulande in der gegenwärtigen Umbruchphase im Vergleich zu den USA oder Japan fehlt, ist die Formulierung einer zündenden Idee, die als Herausforderung begriffen wird und zusätzliche Anstrengungen in breitem Umfang mobilisiert, die vorwiegend von der Wirtschaft kommen müssen. Dies erscheint gerade deshalb so notwendig, weil die Formulierung solcher Programme in den USA und Japan zu mehr gemeinsamen Forschungsanstrengungen im vorwettbewerblichen Bereich der Wirtschaft führten. Die FuE-Budgets der Industrie in diesen Ländern sind nicht zuletzt aus diesem Grunde weit schneller gewachsen als hier.

Mit Eureka ist nach Auffassung von Battelle eine solche Entwicklung in Gang gekommen. Hier wird ein neuartiger und umfassender Rahmen für mehr Forschungskooperation in Europa auf Gebieten der Hochtechnologie geboten.

Verstärkt die Aktivitäten der Konkurrenten verfolgen

Die deutsche Wirtschaft sollte jedoch verstärkt die Aktivitäten der Konkurrenten in den USA und Japan verfolgen, um zu vermeiden, daß in den nächsten Jahren eine finanzielle Wachstumslücke entsteht, die sich dann zu einer technologischen Lücke entwickeln könnte.

Wie in dem fünften Battelle-Bericht über Forschung und Entwicklung in der Bundesrepublik nachgelesen werden kann, wird in diesem Jahr das bundesdeutsche Forschungsbudget nominal um gut sechs Prozent auf knapp 54 Milliarden Mark steigen. Damit stehen diesem Bereich über drei Milliarden Mark mehr zur Verfügung als im Vorjahr. Bei einem erwarteten Preisanstieg im Forschungsbereich von 2,5 Prozent wird der reale Zuwachs bei 3,6 Prozent liegen. Im vergangenen Jahr investierte der Bund für Forschung und Entwicklung im Bereich Informations- und Fertigungstechnik rund 685 Millionen Mark, was einem Anteil von fünf Prozent an den insgesamt geförderten Bereichen entspricht. Für die Jahre 1984/ 85 ergab sich ein Zuwachs von gut 12 Prozent.

Die Vereinigten Staaten haben in den vergangenen fünf Jahren ihr FuE-Budget im Durchschnitt um jährlich vier Prozent real ausgeweitet. Nach einer Untersuchung von Battelle-Columbus/Ohio wird das US-Forschungsbudget im Jahr 1986 bei etwa 116,8 Milliarden Dollar liegen. Die Finanzierung hierfür erfolgt zur Hälfte durch die Industrie; etwa 47 Prozent der Mittel stellt die US-Bundesregierung bereit, die restlichen drei Prozent stammen von den Universitäten und Nonprofit-Organisationen. Für die Forschungsdurchführung der Wirtschaft sind im laufenden Jahr auf dem Sektor "Electrical Machinery/Communications" nach Informationen des Battelle-Instituts 16,8 Milliarden Dollar, das sind anteilig 19,7 Prozent, veranschlagt. Dabei liegt der Finanzierungsanteil der Regierung bei 36,7 Prozent.

Fast doppelt so hoch sind die durchschnittlichen Wachstumsraten des japanischen Forschungsbudgets für den Zeitraum von 1980 bis 1985, vergleicht man sie mit denen der

USA: Jährlich wurde der FuE-Etat um sieben Prozent real erhöht. Den Löwenanteil bei der Steigerung der FuE-Mittel trug die Wirtschaft mit gut 8 Prozent real per annum bei, während sich die japanische Regierung mit einem Anteil von jährlich drei Prozent real begnügt.

Für das laufende Jahr rechnen die Battelle-Mitarbeiter mit einem Forschungsbudget in Höhe von 9000 Milliarden Yen, nach heutigen Wechselkursen etwa 110 Milliarden Mark. Für die Forschungsdurchführung der Wirtschaft in Japan liegen die aktuellsten Zahlen noch nicht vor: Im Jahre 1983 wurden für den Bereich "EIectrical Machinery (Communications, Electronics)" rund 1416 Milliarden Yen aufgewendet. Dies ergibt einen Anteil von zirka 31 Prozent am übergeordneten Bereich "Manufacturing".

Japans Wirtschaft am investitionsfreudigsten

In der Bundesrepublik Deutschland wird das Forschungsbudget im wesentlichen vom Staat (Bund und Länder) und von der Wirtschaft finanziert. Der Anteil des Staates beträgt gegenwärtig knapp 40 Prozent, der Anteil der Wirtschaft liegt bei rund 59 ( 1980: 54) Prozent. Die Forschungsausgaben des Bundes betragen 1986 zirka 13,5 Milliarden Mark.

Dies entspricht im Vergleich zum Vorjahr einem Zuwachs von 3,1 Prozent nominal beziehungsweise 0,6 Prozent real.

Die Forschungsmittel des Bundes werden zu über 90 Prozent von vier Bundesministerien bereitgestellt:

- Forschung und Technologie 55% - Verteidigung 19% - Wirtschaft 10% - Bildung und Wissenschaft 8 % - alle übrigen Ministerien 8 %

Von diesen Mitteln werden nach Schätzung des Battelle-Instituts in diesem Jahr rund 6,2 Milliarden Mark (46 Prozent) in die Wirtschaft fließen.

Die Forschungsausgaben der Bundesländer schätzen die Frankfurter für 1986 auf 8,3 Milliarden Mark. Dies entspräche einer nominalen Steigerung von 3,6 Prozent beziehungsweise gut einem Prozent real. Über drei Viertel dieser Mittel entfallen auf die Hochschulforschung, etwa zwölf Prozent werden für die institutionelle Förderung von Forschungseinrichtungen aufgewandt. Ein wachsender Teil (gut zehn Prozent) geht an kleinere und mittlere Unternehmen der Wirtschaft im Rahmen von anwendungsorientierten Technologieförderprogrammen der Länder .

Die bundesdeutsche Wirtschaft wird 1986 etwa 32,5 Milliarden Mark eigene Mittel für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten bereitstellen. Daraus ergibt sich ein nominaler Zuwachs von 8,3 Prozent, der sich nach Abzug der Preissteigerung im Forschungsbereich auf real 5,7 Prozent verringert. Der Finanzierungsanteil der Wirtschaft am Forschungsbudget, der seit Mitte der siebziger Jahre kontinuierlich ansteigt, beträgt damit etwa 59 Prozent.

Förderung von Klein- und Mittelbetrieben nimmt zu

Der Bereich Wirtschaft trägt mit fast 71 Prozent den Hauptanteil der Forschungsdurchführung in der Bundesrepublik. Für das Jahr 1986 werden nach Schätzung des Battelle-Instituts 32,9 Milliarden Mark für anwendungsnahe Forschung und Entwicklung zur Verfügung stehen. Das entspricht einem realen Zuwachs von 4,7 Prozent.

Über 80 Prozent der FuE-Arbeiten der Wirtschaft werden mit jeweils einem hohen Eigenfinanzierungsanteil in den drei großen Bereichen Chemische Industrie, Stahl-, Maschinen-, Fahrzeugbau sowie Elektrotechnik, Feinmechanik und Optik durchgeführt. Die Schwerpunkte der staatlichen Forschungsförderung liegen in den Sektoren des verarbeitenden Gewerbes und hier hauptsächlich in den Bereichen Maschinenbau, Luft- und Raumfahrzeugbau sowie Elektrotechnik.

Der Bereich Institute ohne Erwerbszweck enthält eine Vielzahl von einzelnen Forschungseinrichtungen. Diesen stehen knapp zehn Prozent (rund 5,3 Milliarden Mark) aller Forschungsmittel zur Verfügung. Neue Kooperationsformen, zwischen diesen Forschungseinrichtungen und der Industrie sollen zu einer effizienteren Nutzung der Forschungskapazitäten führen. Es wird erwartet, daß Eureka-Projekte hier bei zusätzliche Anstöße bringen werden.

Rund 7,6 Milliarden Mark wurde den Hochschulen für Grundlagenforschung und anwendungsnahe Forschung für 1986 bewilligt. Nach längerer Stagnation ist seit einigen Jahren ein positiver Trend zur Kooperation zwischen Industrie und Hochschulen erkennbar. Die Erfahrungen im Ausland beispielsweise auf dem Gebiet der Informationstechnik zeigen, daß hier durchaus mit Erfolgen bei der Zusammenarbeit zu rechnen ist.