Open-Source-Betriebssystem etabliert sich als strategische Server-Plattform

Deutsche Bahn will mit Linux Millionen sparen

14.05.2004
MÜNCHEN (wh) - Die Deutsche Bahn hat eine weitreichende Strategie zum Einsatz von Linux auf Servern entwickelt. Noch in diesem Jahr will der Staatskonzern Standardanwendungen auf das quelloffene Betriebssystem portieren.

Das Thema Linux ist für die Bahn nicht neu, betont man am Hauptsitz in Frankfurt am Main. So laufen beispielsweise die Server für die Fahrplanauskunft im Internet schon seit längerem unter dem Open-Source-System. Künftig aber werde Linux eine der strategischen Server-Plattformen im Konzern sein. Neue IT-Systeme würden "so weit möglich und sinnvoll" auf Basis von Linux entwickelt, vorhandene Systeme sukzessive umgestellt. Jedes Jahr ließen sich damit "mehrere Millionen Euro" einsparen.

Im ersten Schritt wagt sich die Bahn an die Portierung eines Mammutsystems: Mit Hilfe des konzerneigenen IT-Dienstleisters DB Systems stellt das Projektteam die Lotus-Notes-Infrastruktur mit rund 55 000 angeschlossenen Mail-Nutzern auf Linux-basierende Server um. Gleiches ist für die SAP Application Server geplant. Die Bahn setzt eine Vielzahl von SAP-R/3-Modulen ein, aber auch R/2-Installationen arbeiten noch in den IT-Zentralen. Die Datenbank-Server für R/3 sollen auf klassischen Unix-Servern verbleiben. Neue Anwendungen wie das Configuration-Management-System "Procon" würden dagegen zum größten Teil unter Linux implementiert.

Neben der Portierung von Standardanwendungen prüft das Staatsunternehmen auch, inwieweit sich eigenentwickelte Fachanwendungen auf Linux migrieren lassen.

Wegen des damit verbundenen Programmieraufwands dürfte die Entscheidung allerdings nicht in jedem Fall zugunsten von Linux ausfallen. Highend-Anwendungen mit besonders hohen Anforderungen an Verfügbarkeit und Skalierbarkeit sind nach Ansicht der Verantwortlichen "derzeit nur bedingt durch Linux ersetzbar".

Diese Einschränkung gilt besonders für das Vertriebssystem "Kurs 90", das der Bahn schon mehrmals Probleme bereitete. Wenig Chancen haben die Linux-Protagonisten offenbar auch im Desktop-Bereich. Für die Bürokommunikation und auf Client-Systemen nutzt die Bahn in Zukunft wie bisher Microsoft-Produkte.

Welche Hersteller von den Linux-Plänen am meisten profitieren, ist derzeit noch offen. Für die bislang eingesetzten Server greift DB Systems auf Distributionen der von Novell aufgekauften Suse Linux AG zurück. Allerdings will sich der IT-Dienstleister künftig nicht nur auf einen Anbieter verlassen, zumal nicht alle benötigten Applikationen für die Suse-Plattformen verfügbar seien. Man führe deshalb auch Gespräche mit Red Hat, erklärte eine Sprecherin. Den lukrativen Supportauftrag für die Linux-Installationen schreibt die Bahn gemäß EU-Recht aus. Gleiches gilt für die Server-Plattformen. Statt teurer Risc-Unix-Maschinen setzt das Management in Zukunft verstärkt auf Standard-Server mit Intel- oder AMD-Prozessoren.

Wie viel Geld die Bahn in das Linux-Engagement investiert, wollen die Verantwortlichen nicht sagen. Unterm Strich, heißt es, deckten allein die Einsparungen durch die Portierung der Notes-Umgebung die Projektkosten.