Deutsche Anbieter genießen Heimvorteil

26.07.2001
CW-Redakteur Gerhard Holzwart Holzwart im Gespräch mit GFT-Chef Ulrich Dietz

CW: Worauf führen Sie die Tatsache zurück, dass es den deutschen Internet-Beratungshäusern noch verhältnismäßig gut geht?

Dietz: Das hat zwei Ursachen. Erstens ist der deutsche Markt mit drei, vier großen und rund einem Dutzend kleineren Anbietern vielleicht nicht ganz so umkämpft wie der in den USA oder in Schweden. Zweitens sind Firmen wie Pixelpark oder Sinner Schrader sicher inzwischen auch ganz gut positioniert. Was das vorhin erwähnte mangelnde Profil oder die fehlende Professionalität bei komplexen IT-Projekten angeht, war das auch eher auf unsere ausländischen Wettbewerber gemünzt. Natürlich haben wir uns, um ein Beispiel zu nennen, schon unsere Gedanken gemacht, als Razorfish mit relativ viel Leuten und einer großen Marketing-Kampagne in Deutschland angetreten ist. Aber die Kollegen - ich habe übrigens ein gutes Verhältnis zu CEO Jeffrey Dachis - mussten dann sehr

schnell erkennen, dass die Anwender in Deutschland nicht bereit waren, amerikanische Preise zu bezahlen. Genauso, wie unsere Wettbewerber aus Skandinavien plötzlich nur noch mit sich selbst beschäftigt waren, als die Geschäfte in ihren Heimatmärkten nicht mehr so toll liefen.

CW: Mit anderen Worten: Die Internationalisierungsstrategie besagter Firmen ist auf halber Strecke stecken geblieben.

Dietz: So kann man es sehen.

CW: Ist das der Grund, weswegen Sie sich bei Akquisitionen bisher vergleichsweise vornehm zurückgehalten haben?

Dietz: Ja und nein. Wir sehen es zumindest nicht als unsere Aufgabe an, die Probleme auf dem US-Markt oder sonstwo zu lösen, sondern ein vernünftiges Wachstum bei gleichzeitig guter Entwicklung unserer Ebit-Marge zu generieren. Da sind wir, wenn Sie so wollen, ganz und gar schwäbisch und handeln auch im Sinne unserer Aktionäre. Das heißt nicht, dass wir nicht irgendwann auch am Rad einer großen Übernahme drehen. Zunächst aber hat das organische Wachstum Vorrang.

CW: Können Sie sich es leisten, den trotz abflauender Konjunktur und Dotcom-Sterben nach wie vor eminent wichtigen US-Markt so lange brachliegen zu lassen? Dietz: Der US-Markt ist ja, was GFT-Aktivitäten angeht, nicht völlig verwaist. Wir fühlen uns dort aber im Moment mit unserer 20-Prozent-Beteiligung an Plumb Design gut repräsentiert.

CW: Plumb Design ist ein Spinoff von Razorfish, wodurch sich zwangsläufig Ihr gutes Verhältnis zu Herrn Dachis erklärt.

Dietz: Wir sind Wettbewerber und schenken uns gegenseitig nichts. Dennoch finden regelmäßige und sachliche Gespräche mit Razorfish und anderen Firmen statt.