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Details zu HPs Linux-Amnestie

25.09.2003

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Bereits gestern (Computerwoche online berichtete) berichteten wir über Pläne von HP, seine Linux-Kunden vor möglichen Klagen durch die SCO Group in Schutz zu nehmen. Martin Fink, Vice President of Linux Enterprise Servers and Storage, erläuterte gestern auf einer Pressekonferenz HPs Planung. "Bei der heutigen Ankündigung geht es um unsere Verantwortlichkeit und den Schutz unserer Kunden", sagte Fink, "während die übrigen Hersteller auf ihrem Allerwertesten sitzen. Die Linux-Zukunft war nie günstiger, und HP gibt seinen Kunden grünes Licht für ihren Linux-Einsatz."

Jeder Kunde, der eine Linux-Lizenz für HP-Systeme oder HP-Hardware mit bereits vorinstalliertem Linux erwirbt und für diese Linux-Lizenz einen Wartungsvertrag besitzt, hat Anspruch auf die Schadloshaltung. Voraussetzung ist allerdings, dass nur der in der Linux-Distribution enthaltene Binärcode verwendet wird, und zwar in unmodifizierter Form. Andernfalls verliert der Anwender seine Ansprüche. Die Regelung gilt für alle ab 1. Oktober verkauften Systeme und Linux-Lizenzen, die über HP für existierende Hardware angeschafft werden.

Kunden mit vorhandenen Linux-Maschinen können sich rückwirkend unter den HP-Schutz begeben. Sie müssen dabei dem Hersteller gegenüber glaubhaft nachweisen, dass sie die Linux-Sourcen nicht modifiziert haben und einen Vertragszusatz unterschreiben, dass sie dies auch zukünftig unterlassen (eine entsprechende Klausel findet sich auch in den Neuabschlüssen ab 1. Oktober).

HP habe keinerlei Vereinbarung mit SCO getroffen, die das Unternehmen in eine wie auch immer bevorteilte Position bringe, seinen Kunden den Rechtsschutz zuzusichern, erklärte Fink. Es habe eine monatelange interne Bewertung stattgefunden, ob man den Linux-Kunden einen "sicheren Hafen" anbieten oder die Angst vor Prozessen und Lizenzgebühren als Wettbewerbsvorteil ausnutzen solle. HP ist im Übrigen der erste Hersteller, der seinen Kunden Schutz vor SCO-Klagen zusichert, und laut "Computerwire" je nach dem wie die Sache ausgeht, möglicherweise auch der einzige.

SCO versuchte prompt, HPs gestrige Ankündigung mit einer kurzen Stellungnahme für sich zu nutzen. "HPs heutige Maßnahme betont nochmals die Tatsache, dass Unternehmensanwender von Linux juristische Risiken eingehen", heißt es darin. "Anstatt die Existenz bedeutender struktureller Probleme mit Linux zu leugnen, wie es viel Open-Source-Persönlichkeiten getan haben, räumt HP ein dass Probleme existieren und versucht, dem Wunsch seiner Kunden nach Unterstützung zu entsprechen. HPs Vorgehen treibt die Linux-Industrie in Richtung eines Lizenzprogramms. Mit anderen Worten: Linux gibt es nicht umsonst." SCO fordere einmal mehr Red Hat, IBM und andere wichtige Linux-Anbieter auf, sich gleichfalls hinter ihre Kunden zu stellen. Diese würden das einfordern.

Big Blue äußerte sich zwar nicht zu den Wünschen seiner Kunden, aber ebenfalls zu HPs Vorgehen. "HPs Ankündigung - wie auch andere von Red Hat, Regierungsbehörden rund um die Welt und anderen - entstammen der Annahme, dass SCOs Forderungen gegenüber Linux haltlos sind. Dem stimmen wir zu. IBM hat seine Position nicht geändert. Wir werden das vor Gericht ausfechten." Was sich ganz sicher nicht danach anhört, als plane Big Blue für seine Linux- und AIX-Kunden (für das kommerzielle Unix hatte SCO IBM die offizielle Lizenz entzogen) einen ähnlichen Rechtsschutz wie HP. Dies ist auch nicht überraschend, denn IBM hatte bereits zuvor klar gemacht, dass es ein derartiges Vorgehen für nicht sinnvoll erachtet. (tc)