Warum sich VDI nur selten lohnt

Desktop-Virtualisierung - ein Flop?

22.11.2012
Von 
Ariane Rüdiger ist freie Autorin und lebt in München.

VDI ist nur eine von vielen Möglichkeiten zur Client-Virtualisierung

Die überwiegende Mehrzahl der von Experton befragten Teilnehmer einer Untersuchung zum Thema Desktop-Virtualisierung will in Server Based Computing investieren.
Die überwiegende Mehrzahl der von Experton befragten Teilnehmer einer Untersuchung zum Thema Desktop-Virtualisierung will in Server Based Computing investieren.
Foto: Experton

Hinzu kommt, dass es unkompliziertere und vor allem billigere Möglichkeiten gibt, die Applikationen auf den Rechnern der Anwender zu kontrollieren. In einer Studie der Experton-Group zum Thema Client-Computing zeigte sich, dass 80 Prozent der Anwender heute bereits Server Based Computing (Presentation Virtualization) einsetzen, also eine Virtualisierungsform, bei der sich mehrere Anwender eine Applikationsinstanz auf dem Server teilen.

Das bringt Sicherheit, verringert den Managementaufwand und sorgt für geringere Lizenzkosten als sie bei VDI anfallen, wo häufig jede virtuelle Maschine eine gültige Lizenz der dort installierten Softwareprodukte braucht. Zudem können die Anwender im Prinzip auf alle zum Anwendungsangebot gehörigen Programme zugreifen, sobald sie eine Berechtigung haben. Bei einer VDI müsste eine neue Applikation erst zu der entsprechenden virtuellen Maschine gepackt werden, bis ein Anwender, der sie bisher nicht brauchte, darauf zugreifen kann.

Entsprechend sehen laut Experton die Marktprognosen für Client-Virtualisierungstechnologien in Deutschland aus: Managed Desktops (Image des Desktops auf dem Server, das jedem Anwender zugespielt wird) kommen demnach 2012 auf 28 Millionen Euro, Application Streaming (Applikationen werden auf dem Server paketiert vorgehalten und laufen auf dem Client) bringt 135 Millionen Euro, Server Based Computing kommt auf einen Umsatz von 582 Millionen Euro.

Echtes VDI, sprich Desktop und alle Programme laufen in einer zum User gehörigen virtuellen Maschine, soll 101 Millionen Euro bringen. Damit wächst der Anteil von VDI gegenüber dem Vorjahr gerade einmal um 1 Prozent, während der von Server Based Computing um über 15 Prozent zulegt. Bei den Zukunftsinvestitionen sieht es kaum anders aus: "80 Prozent der von uns befragten Anwender wollen in Server Based Computing zum Teil erheblich investieren", sagt Schwab. Da bleibt für die technologischen Alternativen nicht mehr viel übrig. Auch insgesamt ist das Interesse überschaubar: Rund 23 Prozent der befragten Anwender wollen überhaupt Budget für Client-Virtualisierungslösungen bereitstellen.

VDI erfordert oft Speicher-Upgrade

Bei einer Tablet-Studie von IDC aus dem Jahr 2011 erkoren die Befragten Desktop-Virtualisierung zum wichtigsten Thema.
Bei einer Tablet-Studie von IDC aus dem Jahr 2011 erkoren die Befragten Desktop-Virtualisierung zum wichtigsten Thema.
Foto: IDC

Ein weiteres Problem der VDI ist der Speicherbedarf im Rechenzentrum. "Man braucht für VDI effizientere SAN-Storage, und die ist teuer", betont Varun Srikumar, Analyst bei IDC. "Gerade das Argument, die Kosten von VDI wären geringer, stimmt meistens nicht", sagt der Marktforscher. Das bestätigt auch Gartner-Analyst Wolf: "Bis zu 60 Prozent des VDI-Budgets geht für Storage drauf", berichtet er. Denn bei VDI müssten pro Anwender, von denen jeder ja eine eigene virtuelle Maschine nutzt, oft 15 bis 20 GByte Daten - diese aus Sicherheitsgründen auch noch dupliziert - im Rechenzentrum gehalten werden. "Das sind bei 100 Anwendern schon 20 TByte", sagt Wolf. Und das ist offensichtlich zu viel, um Begeisterung für die Technologie auszulösen. So lägen die Kosten pro virtuellem Desktop bei der gleichen bis hin zur 1,7-fachen Summe der Kosten für einen klassischen Desktop.

Häufig wird der Trend, eigene intelligente Systeme mit in die Unternehmen zu bringen (Bring Your Own Device, BYOD) als Argument für VDI-Infrastrukturen ins Feld geführt. Doch auch BYOD ist längst nicht so einfach wie manche Hersteller es gerne glauben machen. Deshalb zögern die Anwender. So setzen in der Experton-Umfrage gerade einmal fünf Prozent der Befragten BYOD um, weitere 15 Prozent haben es geplant. Einer von sicher vielen Gründen für die gebremste BYOD-Begeisterung: die Lieblingsplattform der BYOD-Verfechter, Apples iPad, verliert in Kombination mit konventionellen Windows-Plattformen viel von ihrem Charme: Die Wisch-und-weg-Bedienung funktioniert nicht, statt dessen müssen sich Anwender wie schon immer mit den Office-gängigen Bedienungshilfsmitteln herumschlagen, betont Schwab.

Auch Gartner-Analyst Wolf sieht in den allgegenwärtigen Windows-Applikationen einen Hemmschuh für BYOD-Infrastrukturen mit VDI: "Windows-Anwendungen werden wir noch mindestens zehn Jahre haben, und da die unpraktisch zu migrieren sind, wird der dominierende mobile Client weiterhin ein Netbook oder ein Windows-PC sein."