Analyst Corner

Desktop Services 2008 - eine tickende Zeitbombe!

07.01.2008
Von Heinz Schick
Von SOA und Green IT geblendet vergessen viele Unternehmen die Hausaufgaben. Desktop-Services gehören dazu. Wer hier auf falsche Sparsamkeit setzt, kann sich große Probleme einhandeln.

Green IT, Unified Messaging, Security, BI, SOA – das werden einige der Hype-Themen 2008 sein, die stark von den IT-Anbietern angepriesen werden und auf die sich die Investitionen der Anwender konzentrieren.

Doch wo man stark neu investiert, da müssen im Hinblick auf das Gesamtbudget auch Einsparungen vorgenommen werden – wo könnte man dies besser tun als bei den "Commodity-Diensten" wie den Desktop Services?

In diesem Bereich wurden in den letzten Jahren entscheidende Fortschritte erzielt: Prozesse, Standardisierung und Tools sind wesentlich reifer geworden. Als Konsequenz verzeichnet der Markt fallende Preise (gemessen in Euro pro Client und Monat), Bedarf und Akzeptanz für diese Services steigen dagegen weiter an.

Doch die vermeintlich günstige Preisentwicklung birgt eine große Gefahr. Da die Kosten der Anbieter eher steigen als fallen, sind sie gezwungen, Abstriche an der Qualität der Services zu machen. Ein (fiktives) Beispiel verdeutlicht das: Ein Anwender aus der Industrie mit 9500 Mitarbeitern und 4500 Clients an zehn Standorten (drei im Ausland) sucht einen Dienstleister für den Desktop-Service. Drei Anbieter machen Angebote, die zwischen 43 und 46 Euro liegen. Nach harten Verhandlungen wird ein Drei-Jahres-Vertrag über 37 Euro pro PC abgeschlossen. Damit unterschreitet der Anwender seine bisherigen Kosten um drei Euro pro Desktop.

Auch beim Einkauf von Desktop-Services sollten die Sourcing-Prozesse eingehalten werden.
Auch beim Einkauf von Desktop-Services sollten die Sourcing-Prozesse eingehalten werden.
Foto: Experton Group

Trotzdem hat er nichts gewonnen, genauso wenig wie der Service-Partner, der den Zuschlag bekommen hat. Der Service wird nicht den Erwartungen des Anwenders entsprechen und der Service-Provider muss versuchen, Subunternehmer für den Field-Service zu rekrutieren. Zu den abgeschlossenen Konditionen kann er den Service selbst nicht erbringen, also braucht er "billige" Arbeiter für Maintenance und Field-Service.

An dieser Stelle wird das Beispiel auch weniger "fiktiv" – die Experton Group kennt mindestens zwei große Desktop-Services-Abschlüsse aus dem vergangenen Jahr, bei denen die "Gewinner" sofort nach Vertragsabschluss aktiv Subunternehmer gesucht haben – und dies pikanterweise zunächst bei den Anbietern, die den Zuschlag nicht bekommen hatten.

Die Rahmenbedingungen für Field-Services sind heute schon schlecht und verschlechtern sich in naher Zukunft weiter dramatisch: Die Kosten für Supportmitarbeiter steigen derzeit stark. Außerdem ist die Motivation der Leute durch die teilweise sehr schwierigen Arbeitsbedingungen eher schlecht. Zusätzlich steigen die Nebenkosten zum Beispiel durch die KraftstoffkKosten deutlich.

Die Anbieter sind also bei steigenden Kosten mit niedrigeren Preisen konfrontiert – und das kann nicht funktionieren. Der einzige Ausweg für sie heißt, die "Kosten zu managen" und das geht nur mit Abstrichen an der Qualität.

Dies wiederum schadet auch den Anwendern – die Clients sind und bleiben eine Visitenkarte der IT-Abteilung. Schlechter Service, unzufriedende Anwender und gegenseitige Schuldzuweisungen – dies ist ein realistisches Szenario bei billig eingekauften Desktop-Services.

Wie sieht die Lösung aus? Beide Seiten müssen realistische Ziele verfolgen – und ehrlich und fair miteinander umgehen. Dies erfordert aber ein Umdenken, welches wir am Markt nicht sehen. "Billige Services" bedeuten "billige Qualität" – ein anderes Business-Modell ist hier leider noch nicht gefunden worden.

Offensichtlich müssen erst einige der Zeitbomben hochgehen – und dies wird nicht mehr lange dauern. Dann kann aber keine der beiden Seiten behaupten, nicht gewarnt worden zu sein.

Zur Person:

Heinz Schick
Heinz Schick

Als Vice President der Experton Group berät Heinz Schick Unternehmen in allen Fragen des strategischen Einsatzes der Informations- und Kommunikationstechnologie. Er verfügt über reiche Erfahrungen sowohl auf der Anwender- als auch auf der Researchseite.

Zu seinen Schwerpunktthemen gehört das strategische Sourcing in Unternehmen und im öffentlichen Dienst. Außerdem berät er seine Kunden in Sachen Verhandlungsführung, Schwerpunkte des IT-Einsatzes zur Unterstützung der Geschäftsstrategie. Schick hat sich daüber hinaus einen Namen gemacht in der Executive-Beratung für CIOs.