Der Zweck heiligt die Speichermittel

06.05.1994

Festplatten mit 2 GB, Festplattensysteme mit 50 GB, optische Speichersysteme mit 1 TB, Uebertragungsraten von 20 MB in der Sekunde - die Leistung von Speichersystemen steigt staendig. Anders bei den Zugriffszeiten und dem Platzbedarf: Hier ist small beautiful.

Von Helga Dorn-Mahler*

Im Markt der Speichermedien gibt es taeglich Rekordmeldungen. Vorbei die Zeiten, als auf einer Platte mit mehr als 20 Zentimeter Durchmesser gerade 5 MB passten. Moderne Softwarepakete, besonders Windows-Anwendungen, Zeichen- und Datenbankprogramm schlucken kraeftig Speicherplatz. Zentrale Server in Netzwerken verwalten grosse Datenmengen mehrerer Benutzer.

Fuer die Archivierung werden gigantische Speicherkapazitaeten benoetigt. Zugleich erlauben erst schnelle Uebertragungsraten und geringe Zugriffszeiten einen oekonomischen Umgang mit grossen Datenbestaenden. Auch wegen des Trendes zum mobilen Computer sollte das Speichermedium leicht, klein und strapazierfaehig sein.

Schnittstellen sind von entscheidender Bedeutung

Schnittstellen, die Prozessor und Festplatten verbinden, wie IDE- AT-Bus (Integrated Drive Electronics/Advanced Technology) oder SCSI-Controller (Small Computer Systems Interface), entscheiden ueber Kapazitaet, Ausbaufaehigkeit und Schnelligkeit der gesamten Konfiguration: sei es nun ein einziger Desktop oder Laptop mit Drucker oder ein ganzes Netzwerk.

Die gaengigen Festplatten sind, entsprechend ihren Schnittstellen, entweder IDE-AT-Bus- oder SCSI-I/II-Platten. Bei einer AT-Bus- Festplatte ist die Controller-Logistik auf der Platine integriert, die sich meist auf der Unterseite der Festplatte befindet. Der Anwender kann bis zu zwei Festplatten anschliessen. AT-Bus- Festplatten sind preiswert (um 400 Mark) und mit maximal 528 MB Speicherkapazitaet und einer durchschnittlichen Zugriffszeit von 20 bis 14 Millisekunden fuer den Heimanwender das richtige Medium.

Kuerzere Zugriffszeiten - mehr Anschlussoptionen

Neu auf dem Markt sind Festplatten mit einer Schnittstelle nach dem "Enhanced IDE-Standard". Sie bieten kuerzere Zugriffszeiten und die Moeglichkeit, bis zu vier verschiedene Peripheriegeraete anzuschliessen. Einer der ersten Anbieter ist Western Digital. Das Unternehmen hat mit der WDAC 2540-Caviar eine 3,5-Zoll- Doppelfestplatte mit einer Speicherkapazitaet von 540 MB und einer mittleren Zugriffszeit von elf Millisekunden auf den Markt gebracht.

SCSI I und als schnellere Variante SCSI II sind Schnittstellen- Standards, die universeller und ausbaufaehiger sind als AT- oder Enhanced-IDE-Bus. An einen SCSI-Controller koennen bis zu sieben Peripheriegeraete gleichberechtigt hintereinander angeschlossen werden: Festplatten, Streamer, CD-ROMs, Scanner oder Drucker. Bis zu 4 GB Speicherkapazitaet bietet beispielsweise die von IBM als OEM-Produkt hergestellte SCSI-Festplatte 0664, hierzulande vertrieben von PSP Pillokat aus Hahnstaetten. Die maximale Datenuebertragungsrate ist mit 10 MB pro Sekunde doppelt so hoch wie bei einem herkoemmlichen 5,25-Zoll-Laufwerk.

Im 3,5-Zoll-Format werden SCSI-Festplatten mit mehreren GB angeboten, die 20 MB/s Datendurchsatzrate und eine mittlere Zugriffszeit von 9,2 Millisekunden haben. Selbst fuer Profianwender sind dies besonders fuer High-end-Geraete, die als Server in Netzwerken dienen, vorausschauend eingesetzte Investitionen.

Austauschbare magnetische Speichermedien wie Wechselplatten, Speicherkarten oder Streamer haben einen Vorteil: Sie lassen sich aus den Laufwerken einfach herausnehmen. Das schuetzt Daten vor unberechtigtem Zugriff und erlaubt den Einbau in einen anderen Rechner.

Mit den sogenannten Wechselrahmen koennen herkoemmliche Festplatten aus dem Computer entfernt werden. Der anschliessende Transport birgt jedoch Gefahren. Stoesse und Staubpartikel koennen zum sogenannten Head-Crash fuehren und die Festplatte zerstoeren. Wechselplatten, die nach der Bernoulli-Technik arbeiten, bieten hier eine grosse Sicherheit, denn im ausgeschalteten Zustand sind die Schreib-Lese-Koepfe so weit von der Magnetscheibe entfernt, dass ein Head-Crash sehr unwahrscheinlich wird.

Festplatten auf PC-Karten, die in Groesse und Form Kreditkarten entsprechen, sind die Antwort der Industrie auf das Verlangen nach kleineren, leichteren und portableren Computergeraeten. Karten mit der PCMCIA-Standard-Schnittstelle (Personal Computer Memory Card International Association) sind fuer alle IBM-kombatiblen Rechner geeignet, ob Laptop oder Tischrechner.

Unempfindlich gegen Schock und Schmutz

Flash- und SRAM-Karten (Static Random Access Memory) sind die wichtigsten Vertreter unter den Memory-Cards. Speicherkarten sind unempfindlich gegen Erschuetterungen, Schmutz und elektromagnetische Felder, wobei Flash-Cards derzeit noch eine auf etwa 100 000 Zugriffe beschraenkte Lebensdauer haben.

Der Festplattenhersteller Maxtor bietet ein ganzes System mobiler PCMCIA-Speichermedien an: eine Miniaturfestplatte im Westentaschenformat (Type-III-Slot) mit 105 MB, Flash-Karten mit bis zu 20 MB und das Laufwerk "Deskrunner", damit die Speicher ueber eine ISA-Schnittstelle auch im Desktop verwendet werden koennen.

Streamer sind als Bandlaufwerke besonders fuer die Archivierung und fuer das Backup grosser Datenbestaende geeignet. Da der Anwender auf die Daten nur sequentiell zugreifen kann, ist die Suche nach bestimmten Daten sehr muehsam. Muessen die Daten immer wieder gelesen werden, bieten optische Speichermedien einen schnelleren Datenzugriff bei gleichem Sicherheitsstandard.

In PC-Netzwerken sind Festplatten oder Festplattensysteme mit grosser Speicherkapazitaet, kurzen Zugriffszeiten und hohen Datentransferraten noetig. Daneben steigt mit der Datenmenge auch der Anspruch an die Sicherheit der Systeme. Speichermedien mit Raid-Technik (Redundant Array of Inexpensive Drives) bieten ein Sicherungsverfahren, das permanent verfuegbare Daten auf Gruppen von Festplatten (Arrays) speichert. Moeglich sind Speicherkapazitaeten von bis zu 50 GB.

Raid Level 1 beispielsweise arbeitet mit gespiegelten ("duplexed") Platten. Alle Daten werden eins zu eins angelegt. Faellt ein Laufwerk aus, wird es vom anderen ersetzt. Separate SCSI- Controller, Stromquellen und Luefterein- heiten wie beim "Duplexer" des kanadischen Raid-Spezialisten Dynatek erhoehen die Datensicherheit.

Defekte Platten kann der Anwender waehrend des Betriebes austauschen. Der Duplexer ist mit bis zu 4 GB eine eher kleine Ausgabe der Raid-Speicher, denn mit dieser Technologie koennen Kapazitaeten mit ueber 100 GB erreicht werden.

Optische Speichermedien sind leicht und handlich, portabel und fast unverwuestlich. Grosse Speicherkapazitaeten und Laufwerke mit immer schnelleren Zugriffszeiten und Uebertragungsraten machen die optischen Platten zu den Speichermedien der Zukunft.

Auf dem Markt befinden sich derzeit drei Kategorien:

- Magneto-optische Wechselplatten (MO-Platten) koennen wie Festplatten beliebig oft beschrieben und wieder geloescht werden. Dafuer sind spezielle optische Laufwerke notwendig. Ricoh hat ein 5,25-Zoll-Laufwerk mit einer Kapazitaet von 1,3 GB und einer mittleren Uebertragungsrate von 6 MB/s (RO-5060E) auf dem Markt. Fuer Peter Pillokat, Geschaeftsfuehrer von PSP und Distributor von RO-5060E, sind "MO-Platten ein unempfindliches und langlebiges Medium, Head-Crash ist nicht moeglich. Besonders fuer CAD/ CAM- Anwendungen, DTP und bei umfangreichen Datenbanken sind die MO- Platten - betrachtet man den Preis fuer 1 MB Speicherkapazitaet - die billigere Loesung im Vergleich zu Festplatten."

- WORM (Write Once, Read Many) ist ein optisches Speichermedium zur Datensicherung und Archivierung besonders in Netzwerken und bei Grossanwendern. Bei der WORM-Technik werden die Informationen per Laser durch Blasen- oder Piterzeugung auf eine Cartridge eingelesen und gespeichert. Einmal geschriebene Informationen sind nicht mehr zu loeschen oder zu veraendern, so dass sich die WORM- Medien besonders fuer die Langzeitarchivierung von Daten eignen.

Mit der optischen Archivierung koennen Dokumente in elektronischer Form originalgetreu und faelschungssicher abgespeichert und bei Bedarf wieder ausgedruckt werden. Viel Platz und Papier lassen sich dadurch sparen. Kapazitaetsprobleme gibt es nicht, denn die optischen Speicher arbeiten in Plattenwechslern, den sogenannten Jukeboxes.

Zukunftstraechtig ist der Zwitter

Hitachi beispielsweise bietet auf der WORM-Cartridge OD321 7 GB Speicherkapazitaet. Ein Plattenwechsler mit bis zu 144 optischen Cartridges und zwei Laufwerken bietet eine Gesamtspeicherkapazitaet von 1 TB.

- CD-ROMs (Read Only Memory) koennen nur gelesen und nicht beschrieben werden. Software-Anbieter bringen immer haeufiger Softwareprogramme, Lexika und PC-Spiele auf CD-ROM auf den Markt. Die Installation eines Programms mit zwei CD-ROMs ist bequemer als mit 20 Disketten. Eine CD-ROM kann heute bis zu 650 MB speichern.

Zukunftstraechtig ist die Entwicklung eines externen Gehaeuses, in dem optische und magnetische Speichermedien mit SCSI-I- und SCSI- II-Schnittstellen in einer Peripherieeinheit zusammengefasst sind. So kann der Benutzer CD-ROM-, Festplatten und DAT-Laufwerke in einer Speichereinheit verwenden. Kingston hat auf der CeBIT '94 das Massenspeichergehaeuse Data Silo DS 75 vorgestellt. Das Gehaeuse hat 5,25-Zoll- und 3,5-Zoll-Einschuebe. Das "gemischte Doppel" ist besonders fuer Multimedia-Anwendungen geeignet.

*Helga Dorn-Mahler ist freie Journalistin in Hockenheim.

Alles Kaese?

Neue Technologien machen es moeglich: Grosse Kellerareale gehoeren der Vergangenheit an. Heutzutage passen Daten in Mengen von TB in kleiderschrankgrosse Speichersysteme. Der kann allerdings je nach Modebewusstsein groesser oder kleiner sein.