Der Weg zur Zertifizierung in IT-Unternehmen Gutes Qualitaets-Management sorgt fuer bessere Marktchancen

17.06.1994

Fuer ein Unternehmen ist es nicht nur werbewirksam, sondern auch eine Chance zur Verbesserung der internen Ablaeufe, wenn es seine Software-Entwicklung den einschlaegigen DIN-ISO-Normen anpasst. Nicolai Wendt* beschreibt die Schritte zum Zertifikat.

Fuer das Qualitaets-Management (QM) in Unternehmen bieten die standardisierten Nachweisstufen (DIN ISO 9001 - 9003) und Leitfaeden (DIN ISO 9000T3 und 9004T2) eine Chance, mit schlechten Gewohnheiten zu brechen und von unnoetig komplizierten zu einfachen und transparenten Verfahren ueberzugehen. Als Lohn der Muehen winkt die werbewirksame Zertifizierung.

Der vorliegende Text geht davon aus, dass sich ein Unternehmen bereits entschieden hat, ein QM-System einzufuehren und zertifizieren zu lassen. Dahinter steht meistens die Absicht, eine wirtschaftlichere Aufbau- und Ablauforganisation sowie eine bessere Akzeptanz bei den Kunden zu erhalten.

Am Anfang aller Anstrengungen muss die Unterstuetzung durch die Geschaeftsfuehrung stehen. Nur wenn diese die Umgestaltung unmissverstaendlich zu ihrer Sache macht, kann die neue Qualitaetspolitik Erfolg haben. Die Leitung legt ja die strategischen Unternehmenziele fest, aus denen sich die Verantwortlichkeiten und Zustaendigkeiten in der Organisation ergeben, die das QM seinerseits beruecksichtigen muss.

Dem grundsaetzlichen Beschluss folgt die Ernennung des Qualitaetsbeauftragten. Dieser muss mit Befugnissen ausgestattet sein, die es ihm ermoeglichen, alle qualitaetsrelevanten Fragen selbst zu entscheiden oder mit Hilfe kuerzester Wege von der Geschaeftsleitung klaeren zu lassen. Damit wird gewaehrleistet, dass das QM-System "lebt" und, wo noetig, schnell Verbesserungs- und Vorbeugungsmassnahmen eingeleitet werden koennen. Der Qualitaetsbeauftragte soll fuer sein Taetigkeitsfeld auch die Kostenuebersicht behalten.

Seine Arbeit beginnt dann damit, dass er die relevanten Qualitaetsnormen vorstellt und erlaeutert. Fuer IT-Unternehmen gilt auf der einen Seite das "Modell zur Darlegung des Qualitaetsmanagementsystems in Design/Entwicklung, Produktion, Montage und Kundendienst" (DIN ISO 9001). Ihm koennen zertifizierungswillige Unternehmen entnehmen, welcher Nachweisstufe ihr QM-System entsprechen muss. Der "Leitfaden fuer die Anwendung von ISO 9001 auf die Entwicklung, Lieferung und Wartung von Software" (DIN ISO 9000T3) informiert dann ueber die konkreten Forderungen, die sich auf der betreffenden Nachweisstufe stellen. Da in einem IT-Unternehmen auch Dienstleistungen wie Beratung, Schulung, Hardwareverkauf und -vermittlung angeboten werden, ist auch die DIN ISO 9004T2 ("Leitfaden fuer Dienstleistungen") heranzuziehen. Damit sind die anzuwendenden Hauptnormen schon zusammen.

Bei der Umsetzung haengen drei Arbeitsfelder voneinander ab. Zunaechst muss die Projektplanung in einem einfachen Phasenplan abgebildet werden (vgl. Abbildung 1). Die Einhaltung obliegt dem Qualitaetsbeauftragten. Projektgruppen sollte er themenspezifisch, zum Beispiel nach Normengliederung, besetzen - mit Know-how- Traegern, aber auch mit themenfremden Mitarbeitern. Dies hat den Vorteil, dass auch unkonventionelle Ideen eingebracht werden.

Die zweite Aufgabe besteht in der Pruefung der vorhandenen Aufbauorganisation (vgl. Abbildung 2). Zu ueberlegen ist, ob diese den Marktanforderungen noch angepasst ist. Durch Umorganisation, zum Beispiel die Staerkung des Vertriebes, kann die Moeglichkeit genutzt werden, mehr Marktanteile zu gewinnen und schlanker zu werden, ohne dass es zu den oft befuerchteten Entlassungen kommt.

Drittes unverzichtbares Element fuer die aktuelle und zukuenftige Arbeit ist ein QM-Handbuch, das eine eigene Koordinationsgruppe erarbeiten muss. Sie sichtet alle vorhandenen Dokumente, sortiert sie anhand der Gliederung der DIN ISO 9001 und gibt sie zur Pruefung auf Vollstaendigkeit und Richtigkeit in die Projektgruppen. Diese stellen zum Beispiel fest, ob alle Abschnitte der Software- Entwicklung in den Ablaufdiagrammen und Verfahrensanweisungen des Handbuchs abgebildet sind.

Schon waehrend der Erarbeitung und Einfuehrung seines QM-Systems sollte das Unternehmen Kontakt zur akkreditierten Zertifizierungsgesellschaft aufnehmen. Diese legt in der Regel zunaechst einen kurzen Fragenkatalog vor, mit dem sie sich einen ersten Ueberblick ueber die Qualitaetsfaehigkeit des Antragstellers verschafft. Sind das QM-Handbuch sowie die Verfahrens- und Arbeitsanweisungen geschrieben, werden sie der Zertifizierungsgesellschaft zum ersten Abgleich mit der Norm zugesandt. In der Regel sind kleinere Nachbesserungen erforderlich, die der Zertifizierer in einem Abweichungsbericht festschreibt; die Qualitaetsverantwortlichen im Unterneh-men sehen daran, wie wirksam und akzeptiert das QM-System im Unternehmen bereits ist. Sind die Maengel behoben, steht dem Hauptaudit nichts mehr im Wege. Den kroenenden Abschluss bildet das Zertifikat.

Das Wort "Abschluss" darf aber nicht falsch verstanden werden. Vielmehr beginnt jetzt erst die Aufgabe, durch kontinuierliche Verbesserungen und interne Audits dem eigenen Anspruch gerecht zu werden. Dazu kommen jaehrliche Ueberwachungs- und Reaudits durch die Zertifizierungsgesellschaft.

Ein Tip aus der Praxis: Halten Sie Ihr QM-System so einfach wie moeglich. Diese Transparenz kommt Mitarbeitern und Kunden zugute. Eine einfache, schnelle und flexible Qualitaetsarbeit bedeutet Kundennaehe, Kundenakzeptanz und Wirtschaftlichkeit.

*Nicolai Wendt ist Qualitaetsfachingenieur bei der Probus Consulting GmbH in Hamburg und Fachauditor der Deutschen Gesellschaft fuer Qualitaet (DGQ) in Frankfurt.