Der Weg aus der Papier- und Bleistift-Ära ist kostspielig:Mikro-Netze polieren die deutsche Lehre auf

10.04.1987

BONN (lo)-Das Computer-Investitions-Programm (CIP) bewährt sich, kann nach knapp drei Jahren Laufzeit der Kölner Wissenschaftsrat melden. Für die Lehre an Hochschulen wurden 250 Millionen Mark bereitgestellt. Sie sind indes nur ein Anfang: Für mittelfristig benötigte Rechnerkapazitäten liegen die Kosten bei 2,5 Milliarden Mark.

"Für eine praxisnahe Ausbildung von Studenten aller Fachbereiche" beschloß das Ministerium für Bildung und Wissenschaft (BMBW) im Juni 1984 ein Rahmenprogramm, das die Lehre an Hochschulen mit DV-Equipment unterstützen sollte. Seit dem Bonner Startschuß für den Umgang mit dezentraler Intelligenz wurden für alle Bundesländer 539 vernetzte Rechnersysteme mit über sechseinhalbtausend Arbeitsplätzen und einer Gesamtsumme von über 122 Millionen Mark zur Aufnahme in den CIP-Rahmenplan empfohlen. Bis Oktober 1986, so der Bericht des Wissenschaftsrats, Ausschuß für Hochschulbau, konnten davon rund 88 Prozent beschafft werden.

Am meisten Rechnerkapazitäten stehen in Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen (siehe Tabelle). Als Mindestanforderung laut Rahmenprogramm mußten die Mikro-Systeme untereinander zu vernetzen sein. Unabdingbar ist dabei die horizontale Kommunikation innerhalb eines Pools. Sie ist aber auch für die Ausrichtung der Grundausstattung und fachbereichsspezifischer Geräte gefordert.

Im Durchschnitt liegen die Vernetzungskosten bei rund einem Zehntel der Gesamtkosten eines Pools, erreichen jedoch 25 Prozent, wenn eine Kopplung an Großrechnern vorgenommen wird. Längerfristig sind insgesamt hochschulinterne Rechnernetze angestrebt.

Allerdings können die Hersteller -trotz gegenteiliger Ankündigung -noch mit keiner qualitativ hochwertigen Hard- und vor allem Software für eine Vernetzung aufwarten. Langsam, fehleranfällig und noch nicht ausgereift lautet die Kritik der akademischen User. Ebenso mangele es an Sicherungssystemen für den Schutz der Daten.

Der Kostenanteil der Software im Programm reicht von 10 bis 30 Prozent. Wie bei der "harten Ware" - es gab Rabatte bis über 60 Prozent -wurden auch hier die kommerziellen Anbieter "weich"; sie gewährten Rabatte zwischen einem Drittel und drei Viertel der Listenpreise.

Als häufigste Software stehen an Betriebssystemen MS-DOS, PC-DOS; sowie Unix und Derivate zur Verfügung. Beim Einsatz von Programmiersprachen herrschen Pascal, Turbo-Pascal, Fortran und C vor. Bei Unix scheiden sich die Geister; vor allem in der Grundausbildung sind universellere Benutzeroberflächen gefordert.

Die durchschnittlichen Kosten pro Arbeitsplatz betragen in wissenschaftlichen Hochschulen gut 17 300 Mark, bei Fachhochschulen knapp 16 000 Mark. Am höchsten liegen die Kosten pro Arbeitsplatz bei den Ingenieurwissenschaften mit: 22 000 Mark. Eine Erneuerungsrate von vier Jahren ist empfohlen, um einer raschen Überalterung der Ausrüstung zu begegnen.

Gut bis sehr gut beschreibt in seiner Bilanz der Wissenschaftsrat die Akzeptanz bei Studenten. Zögernd verhalten sich indes noch technikscheue Professoren. Allgemein liegt die Auslastung der Rechner zwischen 60 und 75 Prozent.

Die Wettbewerbsfähigkeit der Forschung sowie die zukunftsgerechte Lehre der Studenten werden Bund und Länder nicht wenig kosten. "CIP ist mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein", meint Joachim Milbert vom Lehrstuhl für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften an der TU München.

Einen ersten Schritt in die richtige Richtung nennt Dieter Swatek, Ministerialrat im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, die CIP-Aktion. Der Parlamentarische Staatssekretär beim BMBW, Anton Pfeifer, macht über den augenblicklichen Bedarf die Rechnung auf: "60 000 Geräte sind erforderlich, und die kosten 240 Millionen Mark."

Für die Nachfrage nach Rechnerkapazität in Lehre zusammen mit Forschung müssen das Bildungsministerium und die Länder tiefer in die Tasche greifen: jährlich in der Größenordnung von etwa 300 Millionen Mark, meint BMBW-Ministerialrat Swatek. Staatssekretär Pfeifer rechnet weiter: "Der mittelfristige Gesamtbedarf erreicht, verteilt über sechs Jahre, eine Größenordnung von 2,5 Milliarden Mark."