Der verordnete Arbeitsplatzwechsel

11.12.2002
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Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Doch es hat sich offenbar gelohnt. Nur drei von 160 Mitarbeitern sperrten sich gegen den Übergang. Insgesamt wechselten 110 Mitarbeiter zu HP Deutschland, das schließlich den Auftrag bekommen hatte. Einige verblieben bei EADS, andere verließen das Unternehmen. 25 gehen innerhalb der nächsten zwei Jahre in den Vorruhestand und stehen HP im Rahmen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) zur Verfügung. „Wir haben viele Gespräche geführt, Informationsveranstaltungen angeboten und einen wöchentlichen Statusbericht veröffentlicht“, erläutert Christoph Nehrkorn, Vice President Services bei der EADS-Einheit SD&E.

Qualitätseinbußen gab es nur partiell und nur in der Vorphase der endgültigen Entscheidung. Auch das ist keine Selbstverständlichkeit, schenkt man der Steria-Erhebung Glauben. Die Marktforscher von Benchmark Research fanden heraus, dass bei mehr als der Hälfte der von einem kommenden Outsourcing betroffenen Mitarbeiter die Produktivität leidet und jeder Vierte Fehler am Arbeitsplatz verursacht. Als Gründe nennt die Studie Stress und Unsicherheit.

Derartige Symptome sind verständlich, denn der Betriebsübergang bedeutet Veränderungen, über die sich lange Zeit nur spekulieren lässt. Ist die Entscheidung für einen Betreiber gefallen, steht zwar der neue Arbeitgeber fest, das künftige Tätigkeitsfeld der IT-Experten allerdings noch nicht unbedingt. „Gutes Outsourcing ist, wenn der Betreiber die richtige Balance zwischen dem Einsatz der übernommenen Mitarbeiter beim ursprünglichen Arbeitgeber und bei anderen Kunden findet“, schildert John Wargin, Outsourcing Senior Consultant bei HP. Das heißt, ein Teil der Belegschaft muss andere Tätigkeiten übernehmen und eventuell auch den Standort wechseln.

Die Erfahrung, die Hesse aus den bisherigen Outsourcing-Projekten gewonnen hat, zeigt, dass Mitarbeiter zwischen 25 und 40 Jahren am besten mit Veränderungen umgehen können, sie oftmals auch begrüßen. Allerdings ist diese Personengruppe auch besonders umworben. EADS suchte beispielsweise für die im Konzern verbleibenden IT-Stellen jüngere Mitarbeiter mit Entwicklungspotenzial, die strategisch denken und steuern können. HP musste dagegen den Betrieb in der gewohnten Qualität fortführen. EADS hat die Leute bekommen, doch HP-Manager Hesse berichtet, wie in solchen Fällen verfahren wird: „Rosinenpicken lassen wir uns bezahlen.“

So ist alles eine Frage der Verhandlung und des Preises. Sobald ein Unternehmen den Zuschlag bekommen hat, startet die Due-Dilligence-Phase, also die Bewertung der zu übernehmenden Ressourcen durch den Outsourcer. Unter anderem sind die Gehalts- und Altersstruktur sowie die Qualifikation und Kapazität des vorhandenen Mitarbeiterstamms zu bestimmen. Zur Erhebung gehören auch Gespräche mit jedem einzelnen Mitarbeiter. Das hat einerseits den Zweck, den Betroffenen Bedenken hinsichtlich des verordneten Arbeitgeberwechsels zu nehmen und frühzeitig Integrationsarbeit zu leisten. Andererseits taxiert der Outsourcer die Gesprächspartner auf Leistungsbereitschaft, Fähigkeiten und mögliche Einsatzgebiete. Auch Streitpotenzial und Problemfälle unter den Mitarbeitern werden eingeschätzt und mit einer finanziellen

Risikobewertung versehen.