Der Verein Computerhilfe

02.03.1990

"Es gibt nichts Gutes," konstatierte der Berliner Erich Kästner einst pragmatisch, außer man tut es." Roland R. Vogel, Wahlberliner seit zwanzig Jahren, nahm es sich zu Herzen. Ende letzten Jahres gründete er den Verein Computerhilfe". Er hofft, damit ostdeutschen Schülern und Studenten zu einer besseren DV-Ausbildung und damit zu etwas mehr Chancen. gleichen im kommenden kapitalistischen Wettbewerb verhelfen zu können.

Eigene kommerzielle Interessen weist der 45jährige Grundstücks-Sachverständige, nach eigenen Worten "nicht am untersten Ende der sozialen Leiter angesiedelt", vehement von sich. Nicht mal steuerlich habe er einen Vorteil davon. Es gehe nur darum, "etwas nicht unterlassen zu haben, was ich für unbedingt notwendig halte".

Entstanden sei die Idee, erzählt Vogel, als er nach der Anschffung neuer PCS für sein (..) vor der Frage stand "Wohin denn nu mit dem alten Zeug?". Schulen, die er ansprach, winkten ab. Die wollten lieber Neueres und Besseres. So "versickerte das, Zeug dann irgendwie" in 'der Verwandt, schaft.

Als unterstes Niveau wird der XT angestrebt

Im letzten Sommer, als "immer mehr Leute aus der DDR wegliefen", tauchte die Idee wieder auf Bessere Ausbildung, dachte Vogel, vor allem am Computer, könnte ihnen eine Motivation geben, zu bleiben. Das ist wichtig, meint er, "weil nichts besser wird, wenn hier plötzlich 'ne leere Landschaft (..)teht". So fing er an, Freunde (..) Bekannte zu aktivieren und die ganzen Kontakte zu knüpfen, zu DDR-Ministerien, zu bundesdeutschen Ministerien".

Als im November dann der Verein gegründet wurde, übernahm Bildungsminister Jürgen Möllemann die Schirmherrschaft. Das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft erteilte großzügig die erforderlichen Ausfuhrgenehmigungen, das Außenhandelsministerium der DDR verzichtete auf die normalerweise fälligen hohen Einfuhrzölle, und der Paketdienst UPS holt die gespendeten Geräte (bis zu 31 Kilogramm) ab und transportiert sie kostenlos nach Berlin. Für den technischen Sachverstand im Verein schließlich sorgen die EDV- und Unternehmensberater Wolf Dieter Gießmann und Udo Schaub, die zusammen mit Vogel den Vorstand bilden.

Ziel der Initiative ist es, im Westen nicht mehr benötigte Hard- und Software zu sammeln und an Bildungseinrichtungen in der DDR weiterzuleiten. Genommen wird fast alles, "im Zweifel auch ein Z80". Hauptsache, es funktioniert und ist weitgehend komplett. Allerdings, so Vogel, sei ein XT das unterste Niveau, das er ansteuere.

So rückständig nämlich, wie manche hierzulande glauben, ist die DDR in Sachen DV keineswegs. Was fehlt, ist eine aus reichende Menge an Geräten. Spielcomputer und fossile Technik helfen da wenig schon gar, wenn es um Ausrüstung für die Ausbildung geht.

In Vogels Büro, über das die Vereinsaktivitäten bislang abgewickelt werden, sitzt mittlerweile ein Mitarbeiter der ostdeutschen "Zentralstelle für materiell-technische Versorgung beim Ministerium für Bildung (ZMTV)" und sorgt dafür, daß die Spenden an die richtigen Empfänger kommen. Wer will, kann den Empfänger auch selbst bestimmen. "Solche Zweckbestimmungen verfolgen wir bis aufs Haarkleinste beteuert Vogel. Außerdem erhalte prinzipiell jeder Spender eine Nachricht, wohin seine Gabe gehe, "damit da auch Kontakte entstehen können".

Die größten Altcomputer-Vorkommen vermutet man, sicher nicht zu Unrecht, bei den westlichen DV-Herstellern. Neue Ostkontakte, sollte man meinen, könnten sie dazu bewegen, diese Vorkommen zu erschließen. Die Reaktionen auf die Anfragen der Computerhilfe waren indes recht unterschiedlich. IBM versprach, sich der Sache anzunehmen, DEC ist noch am Überlegen, Honeywell-Bull reagierte überhaupt nicht. Anders Siemens: Die Münchener übernahmen gleich die ganze Idee und schicken nun selbst Gerät gen Osten.

Informationen: Computerhilfe e. V., Kurfürstendamm 132 a, 1000 Berlin 31, Telefon 0 30/8 93 10 04