Die Top-500-Liste der Supercomputer

Der Streit um den schnellsten Rechner verdeckt die eigentlichen Probleme

19.11.1998
MÜNCHEN (CW) - Unter den Herstellern von Supercomputern ist wieder einmal ein Streit darüber ausgebrochen, wer denn nun die schnellste Maschine gebaut hat.

Jedes Halbjahr erscheint die Liste der Top 500 in der Welt der schnellsten Rechner, die unter anderem Hans-Werner Meuer, Professor an der Universität Mannheim, herausgibt. Und danach gibt es meist Streit unter den Anbietern, wer denn nun der Beste sei. Derzeit streiten sich insbesondere IBM und Silicon Graphics (SGI) um den Königstitel.

SGI und das Los Alamos National Laboratory verkündeten, ihr "Blue Mountain" sei der schnellste Rechner, während kurz zuvor die IBM und das Lawrence Livermore National Laboratory das gleiche von der dort installierten "Blue-Pacific"-Maschine behaupteten. Die unterschiedlichen Ergebnisse sind auf die Verwendung zwei verschiedener Tests zurückzuführen. Der auch für die Meuer-Liste verwendete "Linpak"-Benchmark konnte bislang auf IBMs Supercomputer noch nicht ablaufen, da der "blaue Pazifik" derzeit gerade erst installiert wird.

Wie brotlos der Streit um den mächtigsten Rechner ist, machte Bran Ferren, Vice-President von Walt Disney Imagineering, der Industrie in einem Vortrag auf der Messe Supercomputing 98 in Orlando deutlich. Einerseits ziehen sich immer mehr Anbieter solcher Rechner aus diesem Geschäft zurück, andererseits gibt es mehr denn je Anwendungen für High Performance Computing (HPC). "Um auf den richtigen Weg zurückzukommen, müssen die Anbieter von HPC-Systemen mehr darauf achten, wie ihre Produkte das Leben der Leute verbessern", forderte Ferren.

Die größten Erfolge feierten nach Ansicht des Disney-Managers schon immer Erfindungen, "die es den Leuten erleichterten, zu kommunizieren und sich gegenseitig Geschichten zu erzählen." Deshalb sei bei einem Fernseher nicht die Auflösung des Bildschirms das wichtigste, sondern das, was gesendet wird. Gerade das Internet, der größte Geschichtenerzähler, sei für Supercomputer-Hersteller eine zukunftsträchtige Arena. Dazu müsse die HPC-Industrie allerdings aus ihrer engen technisch-orientierten Vorstellungswelt heraustreten und sich öffnen für "große Ideen".

Top-10-Liste

Intel belegt in der Liste der 500 stärksten Rechner mit dem "Asci Red" noch die Spitzenposition. Blue Mountain (SGI) und Blue Pacific (IBM) sind auf eine viermal schnellere Leistung ausgelegt. Außerdem wird sich der Chipfabrikant aus dem Geschäft mit Supercomputern zurückziehen. SGI ist mit seinen Maschinen, durchwegs "T3E" der SGI-Tochter Cray, der große Gewinner, stellt 183 der 500 stärksten Supercomputer und liefert die Hälfte der Gesamtleistung der Liste. Sun Microsystems kommt auf 126 genannte Installationen, IBM auf 105. Erstmals findet sich auch eine japanische Installation in den Top 500: Hitachi/Tsukuba auf Rang 14.

Platz Standort Hersteller

1. Sandia Lab. Intel2. geheim SGI3. geheim SGI4. Los Alamos Lab. SGI5. Meteorological Office, Großbritannien SGI6. Lawrence Livermore Lab. IBM7. dito IBM8. Wissenschaftszentrum, Großbritannien SGI9. Ozeanografisches Institut, USA SGI10.SGI Technical Computing Group SGI