Das von der Verfassung garantierte Recht des Einzelnen, unkontrolliert zu kommunizieren, ist Grundvoraussetzung einer offenen, demokratischen Gesellschaft. "Die Befürchtung einer Überwachung mit der Gefahr einer Aufzeichnung, späteren Auswertung, etwaigen Übermittlung und weiteren Verwendung durch andere Behörden kann schon im Vorfeld zu einer Befangenheit in der Kommunikation, zu Kommunikationsstörungen und zu Verhaltensanpassungen ... führen", fasste einst das Bundesverfassungsgericht mögliche Auswirkungen einer ausufernden Kommunikationsüberwachung zusammen.
Inzwischen hat der ehemalige Bundesverfassungsrichter Jürgen Kühling das Fernmelde- und Telekommunikationsgeheimnis, wie es mit Artikel 10 Grundgesetz geschützt werden soll, als "Totalverlust" abgeschrieben. Was ist passiert? Die moderne Telekommunikation (TK), auf die niemand verzichten kann und niemand verzichten will, birgt ein enormes Überwachungspotenzial, das sich der Staat zunutze macht. Er nutzt es jedoch derart exzessiv, dass es grundrechtssprengend wirkt. Die digitalen Netze mutieren mehr und mehr zu einem weitverzweigten Fahndungsnetzwerk.
Ob Telefon, Handy, Fax, SMS, E-Mail oder Internet - jedes weitere Kommunikationsmedium gibt dem Staat neue Möglichkeiten, die Nutzer zu überwachen. Denn jedes Telefonat, jede Mail, jeder Ausflug ins Internet, jede Info-Suche, Online-Bestellung oder Kreditkartennutzung hinterlässt "verräterische" Datenspuren, die nach bestimmten Kriterien durchforstet und personengenau ausgewertet werden können. Aus diesen Daten lässt sich das Kommunikationsverhalten von TK-Nutzern destillieren, lassen sich Persönlichkeitsprofile und Bewegungsbilder zeichnen. Wer sich hiergegen mit Anonymisierungsdiensten zu schützen sucht, macht sich bereits verdächtig.
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