Erst Mitarbeiter motivieren, dann Maschinen optimieren

Der Smart Factory Sinn geben

16.08.2016
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Franz E. Gruber, Jahrgang 1963, ist Gründer und Chef des Smart-Factory-Spezialisten FORCAM in Ravensburg. Der studierte Wirtschaftsingenieur war in den 1990er Jahren die rechte Hand von Dietmar Hopp bei SAP, bevor er im Jahr 2001 mit FORCAM als Pionier für Fabriksoftware startete, lange vor dem Begriff "Industrie 4.0".

Merkmale modernen Managements: Stil, Prinzip, Instrumente

Eine motivierende "smarte" Führungskultur in der Fabrik lässt sich an drei Kategorien darstellen: Stil, Prinzip und Instrumente. Da sich auch Führungskräfte nicht von jetzt auf gleich ändern können, ist es in vielen Fällen ratsam, zunächst die Team-Leiter coachen zu lassen nach dem Motto: "train the trainer".

  • Stil: Coach statt Despot

Der Stil von Führungskräften in erfolgreichen Fertigungsunternehmen entspricht - das leuchtet schnell ein - dem eines Coach, der motiviert und inspiriert (anstelle eines launischen Despoten). Im Vordergrund stehen gemeinsame, in offener Diskussion erarbeitete Ziele und Maßnahmen (anstelle von Befehl-und-Gehorsam-Strukturen). Die gewünschten Teil-Ergebnisse werden für einen Prozess der kontinuierlichen Verbesserung (KVP) festgelegt und sind künftig für jeden offen und nachprüfbar.

  • Prinzip: Führen nach Kennzahlen

Das Prinzip smarter Führungskultur ist ein ausgeprägter, objektivierbarer Realitätsbezug anhand von gemeinsam mit den Teams festgelegten Kennzahlen (statt subjektive, kaum nachvollziehbare Erkenntnisse). Anhand von digital erfassten Soll-/Ist-Vergleichen kennen alle Beteiligten in ihrem Aufgabenbereich den Status von Produktion und Prozessen und können eigenverantwortlich steuern und gegensteuern. So tragen alle nachprüfbar zur wichtigsten unternehmensweiten Kennzahl bei, der Gesamtanlageneffektivität OEE (Overall Equipment Effectiveness).

  • Instrument: Smart Data statt nur Big Data

Anstelle von händisch auf Papier erfassten Maschinen-Leistungsdaten, welche ungenau und zeitverzögert an den Top-Floor gemeldet werden, wandelt eine Shop-Floor-Lösung Big-Data in Echtzeit in Smart-Data um. Dabei werden Soll-/Ist-Vergleiche an jedem Arbeitsplatz auf jedem gewünschten Endgerät nutzerfreundlich visualisiert. Mit Hilfe einer Synchronisationsplattform stehen auch Daten von internationalen Standorten grenzüberschreitend zur Verfügung.

Fazit: Industrie 4.0 braucht Kommunikationskultur 4.0

Jedes Unternehmen hat individuelle Anforderungen für die digitale Transformation. Für einen erfolgreichen Prozess kann aber grundsätzlich gelten, dass es einer offenen und vitalen Führungs- und Kommunikationskultur 4.0 bedarf. Diese sollte als Prozess verstanden, welcher vor der Einführung einer neuen Technologie gestartet wird. Erst beides zusammen, eine moderne Transformations-Kultur als notwendiges Biotop für die Einführung einer digitalen Technologie, bringt Unternehmen die gewünschten smarten Ergebnisse in der Industrie 4.0. (mb)