ERP-Migration

Der SAP-Umstieg ist schwierig, ist er nicht?

03.11.2009
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Viele britische SAP-Anwender liebäugeln zwar mit einer Migration ihres ERP-Systems auf das aktuelle Release, fürchten allerdings die damit verbundenen Kosten und Betriebseinschränkungen.

Mehr als die Hälfte aller SAP-Anwenderunternehmen in Großbritannien und Irland wollen innerhalb der kommenden zwölf Monate ihr ERP-System auf den neuesten Stand bringen. Das ergab eine Umfrage der dort ansässigen User-Group unter 100 Mitgliederunternehmen. Was für Freude beim Hersteller sorgen dürfte, ruft bei den IT-Verantwortlichen, die das Upgrade bewältigen müssen, tiefe Sorgefalten hervor. 93 Prozent der Befragten äußerten Bedenken über den Aufwand und die Zeitdauer, die eine Migration des ERP-Systems nach sich ziehe. 79 Prozent der Unternehmen machen sich Sorgen über mögliche Ausfallzeiten im Rahmen der Umstellung und 59 Prozent der Befragten befürchten, im Zuge des Upgrades unternehmenskritische Daten zu verlieren. Die Umfrage der Anwendergruppe ergab zudem, dass 70 Prozent der SAP-Nutzer die Kosten für den Umstieg für zu hoch halten. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, in denen die IT-Budgets von Haus aus unter Druck stünden, sei der Aufwand kaum zu rechtfertigen.

Heute sei der Aufwand für eine SAP-Migration deutlich geringer als noch vor wenigen Jahren, versucht Alan Bowling den britischen und irischen SAP-Anwendern die Angst vor der Migration zu nehmen.
Heute sei der Aufwand für eine SAP-Migration deutlich geringer als noch vor wenigen Jahren, versucht Alan Bowling den britischen und irischen SAP-Anwendern die Angst vor der Migration zu nehmen.
Foto: SAP User Group UK

Diese Befürchtungen spiegelten die Erfahrungen aus der Vergangenheit wider, versucht Alan Bowling, Chef der britischen und irischen SAP-Usergroup, die Aussagen der Anwender zu relativieren. Es kursierten jede Menge Gerüchte rund um Probleme mit SAP-Migrationen. Die Ursache dieser Bedenken liege in aller Regel jedoch schon viele Jahre zurück. Die Umstellung des SAP-Systems bedeute für jedes Unternehmen einen tiefen Einschnitt, räumt Bowling ein. Viele IT-Verantwortliche fürchteten offenbar, dass sich die Probleme aus vergangenen Tagen nun wiederholen könnten.

Diese Befürchtungen träfen jedoch nicht zu, versucht Bowling den SAP-Anwendern die Angst vor dem Umstieg zu nehmen. Sein Unternehmen sei bereits auf das aktuelle SAP-Release und die Integrationsplattform Netweaver umgestiegen. Dabei seien Kosten und Aufwand bedeutend geringer ausgefallen als ursprünglich angenommen. SAP biete seinen Kunden inzwischen eine Reihe von Werkzeugen und Unterstützung an, um die Migration von den Versionen 4.6 und 4.7 zu erleichtern.

SAP hat auf die Bedenken aus den Reihen der Anwender reagiert und verspricht seinen Kunden mit dem aktuellen ERP-Release deutlich vereinfachte Upgrades. Mit Hilfe so genannter "Enhancement Packages" soll sich die Business Software einfach aktualisieren und mit zusätzlichen Funktionen erweitern lassen. Aufwändige Release-Wechsel und teure Migrationsszenarien gehörten damit der Vergangenheit an, verspricht der Softwarekonzern.

Um in den Genuss der Enhancement Packages zu kommen, müssen die Kunden allerdings bereits in der neuen SAP-Welt rund um die Netweaver-Plattform und das aktuelle Release 6.0 angekommen sein. Und das sind längst nicht alle. Die Umfrage unter den SAP-Kunden auf der Insel hat ergeben, dass erst 35 Prozent der Anwenderunternehmen auf das neueste ERP-Release aus Walldorf gewechselt sind. Die SAP-Verantwortlichen versprechen ihren Kunden mit dem aktuellen ERP-Release eine bessere Unterstützung ihrer Geschäftsprozesse. Das ist allerdings für den geringeren Teil der Anwenderschar ein wichtiger Grund für den geplanten Umstieg. Nur 26 Prozent der befragten User begründeten die Migration mit zusätzlichen Anwendungs-Features, zwölf Prozent mit den erweiterten technischen Funktionen. Das Gros der Anwender (62 Prozent) nannte das Auslaufen der Wartung für ihr aktuell genutztes SAP-Release als Hauptgrund für die anstehende Migration.