EDV-Anbieter liefern interne Problemlösungen nicht mit:

Der Psycho-Treibsatz bläht die DV-Kosten

22.06.1979

Von Dipl.-Kfm. Wolfgang F. Krinner*

Die Freude über die hauseigene EDV wird von den Mitarbeitern nicht immer vorbehaltlos geteilt. Klagen über interne Schwierigkeiten sind heute schon fast an der Tagesordnung. Rund die Hälfte aller Querelen mit der EDV-Abteilung - darüber sind sich die Fachleute einig - sind im Psychologischen zu suchen. Mangelndes Verständnis und ungenügende Zusammenarbeit zwischen Geschäftsleitung, den Fachabteilungen und der EDV haben in vielen Unternehmen Barrieren aufgebaut, die betriebsintern meist nicht mehr abgebaut werden können.

Es wäre sicherlich ein vorschnelles Urteil, würde man diese internen Probleme den EDV-Lieferern anlasten. In der Regel wird man wohl davon ausgehen können, daß es an den Benutzern selbst liegt: Falschplanung, Inkompetenz des EDV-Leiters, mangelnde Koordination zwischen der EDV und den Fachabteilungen sowie ungenügende Qualifikation des Bedienungspersonals lassen die EDV rasch zum Ärgernis werden. Die Unternehmen sprechen dann von ausufernden Kosten, wofür man eigentlich keine rechte Erklärung weiß. Gleichzeitig nimmt der Personalbedarf zu, und ebenso wächst die Beschäftigungsfluktuation. Versuche, diese Probleme in den Griff zu bekommen, scheitern nur allzu oft. Genau in dieser Situation kommt es zu ersten Konfrontationen zwischen dem EDV-Leiter und der Geschäftsführung, die den Ursachen auf den Grund gehen will. Wirkliche Verbesserungen bringen solche Gespräche jedoch meist nicht, es wächst vielmehr das Unbehagen. Da beklagt sich der EDV-Leiter darüber, daß die Fachabteilungen nicht in der Lage seien, EDV-gerecht zu denken, zuzuliefern, ihre spezifischen Probleme aufzuzeigen und an deren Lösung mitzuwirken. Die mittlerweile hinzugezogenen Leiter der Fachabteilungen halten dagegen, die EDV sei ja nicht in der Lage, versprochene Termine einzuhalten. Damit seien Überstunden fällig, ständig seien die Sachbearbeiter bei guter Laune zu halten. Fazit: Jeder sucht die Schuld beim anderen.

Das Management reagiert: Es werden Sitzungen einberufen, Ausschüsse gebildet, EDV-Koordinatoren eingesetzt, mehr Kooperation zwischen Fachabteilungen und EDV gefordert, häufig sogar angeordnet.

Doch auch dann bleibt die erhoffte Besserung aus. Man kommt nicht dazu, die tägliche Routine-Arbeit müsse ja wohl vorgehen, sagen die Fachabteilungen. Für alle auftauchenden Fehler werden immer wir von der EDV verantwortlich gemacht, resignieren die Rechenspezialisten. Wieder einmal beweist sich die Praxis: Der Versuch der Geschäftsführung, den Fehlern nachzugehen, sie aufzuspüren, die Urheber zu ermitteln, scheitert an der hohen psychologischen Barriere. Und hier ist wohl eines der verbreitetsten Hemmnisse für die Überwindung innerbetrieblicher Spannungen zwischen den Abteilungen und der EDV zu suchen. Vermutlich liegen über 50 Prozent aller dieser Schwierigkeiten im psychologischen Bereich.

Frage: Welchen Ausweg gibt es aus diesem Dilemma? Meiner Ansicht nach kann nur externe Beratung Abhilfe schaffen, bei der Neutralität gewahrt wird. Man sollte nicht suchen, wer die Fehler macht, sondern wo welche Probleme entstehen. Dazu erscheint mir die Anwendung eines ganz gezielten Fragen-Katalogs notwendig, der die personelle Besetzung, die Kosten, die Kommunikation mit den Fachabteilungen, das Belegwesen, die gesamten EDV-Einsatzgebiete ebenso wie die EDV-Planung - Einsatzgebiete, Hardware, Personal, Methoden - unter die Lupe nimmt.

Nur ein Teil der skizzierten Probleme läßt sich mit Fachschulungen des Bedienungspersonals lösen. Themen wie "Probleme lösen in der Gruppe", "Ziele setzen und kontrollieren", "Kommunikation als Führungsaufgabe", "Probleme analysieren", "Konferenztechnik" etc. sollten vor allem für die Führungskräfte zum Standardangebot gehören.

Daß die EDV-Anbieter heute in der Lage sind, nahezu jedes verwaltungstechnische und organisatorische Problem zu lösen, das werden auch enttäuschte EDV-Anwender nicht abstreiten. Dennoch scheint vielfach nicht erkannt worden zu sein, daß interne Problemlösungen nicht - quasi automatisch mitgeliefert werden können. Das ist die Aufgabe des Managements. Zwar ist dies eine durchaus lösbare Aufgabe, allerdings muß sie Problem-orientiert und systematisch angepackt werden, vor allem darf der psychologischen Seite nicht zu wenig Bedeutung beigemessen werden.

*Dipl.-Kfm. Wolfgang F. Krinner ist Unternehmensberater in München.