IT-Training

Der Nürnberger Trichter scheitert auch im Netz

30.04.1999

Die Parolen schmeicheln jedem, der auf seinen IQ etwas hält: Die Zukunft gehört den Wissensarbeitern, die bereit sind, ihr Leben lang zu lernen. Nur mit ihrer Hilfe entwickeln sich die Unternehmen zur "lernenden Organisation", die sich im Informationszeitalter die entscheidenden Wettbewerbsvorteile verschaffen. Knowledge-Management aber bleibt Vision, wenn Mitarbeiter ihr Wissen nicht weitergeben wollen.

Organisatorische Probleme holen auch die Hersteller von Computer- und Web-based-Trainings schnell ein. Auch wenn diese Programme überall einsetzbar und im Vergleich zum Seminartourismus günstiger sind, will sich der Lernerfolg mitunter nicht einstellen. Ein Beispiel: Die Sachbearbeiter einer Versicherung kapitulierten vor dem CBT, weil sie zu oft gestört werden, um in Ruhe zu lernen.

Doch nicht nur die zunehmende Arbeitsverdichtung bremst den gewünschten Drang nach Weiterbildung. Bei Siemens geriet ein Online-Tutorial, welches das Culture-Change-Programm unterstützen sollte, schlichtweg in Vergessenheit, nachdem sich das Management nicht mehr darum kümmerte. Mittlerweile ist man zur Einsicht gekommen, daß "man nicht irgend etwas ins Netz stellen kann", ohne es organisatorisch zu begleiten.

Der Nürnberger Trichter funktioniert im Online-Zeitalter genausowenig, wie er es im Frontalunterricht getan hat. Nicht Training für, sondern mit den Mitarbeitern muß die Strategie heißen. Nur wer die Teilnehmer rechtzeitig einbindet und auch ihre Verbesserungsvorschläge berücksichtigt, kann auf ihre Lernmotivation bauen. Oft wird vergessen, daß lebenslanges Lernen ein Prozeß ist, der in der Unternehmenskultur fest verankert sein muß. Versäumnisse kosten viel Geld und führen zur Demotivation und damit Fluktuation unter den Mitarbeitern.ag