Entlassungen im Management

Der neue Symantec-Chef will mit harter Hand regieren

28.01.2013
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Beim IT-Sicherheitsspezialisten Symantec brechen ungemütliche Zeiten an. Der neue CEO Steve Bennett spricht in verschiedenen Interviews von "aufgeblähten" Management-Strukturen und notwendigen Stellenstreichungen.

Nachdem sich Symantec lange auf anorganisches Wachstum durch Zukäufe konzentriert habe, müsse nun eine Phase organischen Wachstums folgen, sagte der CEO in einem Telefongespräch mit TheStreet. Bennett, der ehemalige Chef des Softwarehauses Intuit, hatte die Position im Juli 2012 vom glücklosen Vorgänger Enrique Salem übernommen. In dessen Amtszeit hatte das Unternehmen mit rückläufigen Lizenzverkäufen und einem heftigen Kurseinbruch an der Börse zu kämpfen.

Gegenüber "Investor’s Business Daily" sagte der Symantec-Chef: "Symantec ist ein Unternehmen mit großartigen Assets, das wichtige Kundenprobleme löst. Doch es hat über einen langen Zeitraum seine Performance nicht gebracht." Symantec habe an Boden verloren und sei schon für manchen Investor ein hoffnungsloser Fall gewesen. Zumindest das hat der neue CEO, der auch schon 23 Jahre in verschiedenen Positionen bei General Electric tätig war, bereits geändert: Seit seinem Amtsantritt ist der Aktienkurs um 66 Prozent geklettert, seit Jahresbeginn stieg er - angesichts der anlaufenden Reorganisation - bereits um 15 Prozent.

Konzentration auf zehn Kernthemen

Zu den Maßnahmen, die Bennett angekündigt hat, gehört die Fokussierung des Unternehmens auf folgende zehn Kerngebiete:

  • Produktivitäts-Tools für mobile Arbeitskräfte,

  • Norton Sicherheitslösungen,

  • Norton Cloud,

  • Information Security Services,

  • Security Gateways,

  • Sicherheit im Datacenter,

  • Business Continuity,

  • Integrierte Backup-Lösungen,

  • Cloud-basiertes Information Management und

  • Storage.

Den Kunden soll ein breiteres Produktangebot offeriert werden, und sie sollen vermehrt auf neue integrierte Angebote migrieren können. Das gilt vor allem für Zukunftsmärkte wie den Mobile-Sektor und Cloud Computing.

Zudem soll Symantec mehr für Forschung und Entwicklung ausgeben. Im Finanzjahr 2012 waren rund 14 Prozent des Umsatzes in diesen Bereich geflossen, bis 2016, so wird spekuliert, sollen es rund 16 Prozent sein. Angeblich will das Unternehmen eine eher produkt- als kundenorientierte Strategie verfolgen, eine Strategie, für die früher schon General Electrics berühmt war. Die Ausgaben für Vertrieb und Marketing dürften im Zuge dessen heruntergefahren werden.

"Aufgeblähte" Management-Strukturen

Deutlich wurde Bennett bezüglich bevorstehender Personalmaßnahmen. Die Management-Strukturen seien über Jahre hinweg zu stark aufgebläht worden, was zu Ineffizienzen geführt habe. "Wir haben zu viele Manager", sagte Bennett im Gespräch mit TheStreet. Wolle man das Unternehmen flexibler aufstellen und besser auf Kundenwünsche reagieren, müssten die "Mitarbeiter an der Front" besser unterstützt werden. Im Ergebnis sollen nun voraussichtlich bis Ende Juni 2013 Stellen im gehobenen und mittleren Management massiv gestrichen werden.

Symantec hat bislang nicht mitgeteilt, wie viele der 20.225 Arbeitsplätze abgebaut werden sollen. Die Agentur "Bloomberg" spekuliert indes, es könnten um die 1000 sein. Bennett selbst nannte keine Zahl, sagte aber, es gehe um eine "erhebliche" Anzahl. Der US-Analyst Rob Enderle warnt in einem Meinungsbeitrag in der COMPUTERWOCHE-Schwesterpublikation CIO.com vor den Risiken: Kurzfristig kämen solche Maßnahmen zwar gut bei den Investoren an - und auch der CEO mit seine erheblichen Unternehmensanteilen profitiere davon. Auf lange Sicht wirkten sie sich aber negativ auf die Produktqualität aus. Auf das Senior-Management komme nun viel mehr Arbeit zu, mit den bekannten negativen Folgen. Die Konkurrenzfähigkeit des Unternehmens könne geschwächt werden.

Wozu dient ein "Office of the CEO"?

Im Rahmen der Restrukturierung hat Symantec auch die Einrichtung eines "Office of the CEO" angekündigt, in dem die Konzernspitze künftig eng zusammenarbeiten werde. Mitglieder sollen unter anderem der Chief Financial Officer (CFO) und der Chief Operating Officer (COO) sein. Enderle hält davon nicht viel: "Das Office wird dem CEO die Tagesaufgaben nahezu vollständig abnehmen und auf andere übertragen. Bennett wird regelmäßig hereinkommen und diese Entscheidungen kommentieren oder ändern." Das werde die Agilität des Unternehmens beeinträchtigen und sich negativ auf das Senior-Management auswirken. Es müsse künftig neben seinen Aufgaben die von Bennett miterledigen.

Angesichts der recht guten Quartalszahlen, die Symantec erste vergangene Woche vorgelegt hatte, fallen die Maßnahmen des CEO in der Tat überraschend rigide aus. Gegenüber dem Vorjahr hatte Symantec im dritten Quartal 2013 immerhin einen um 4,4 Prozent gestiegenen Umsatz von 1,79 Milliarden Dollar ausgewiesen. Der Gewinn war um 12 Prozent auf 212 Millionen Dollar gesunken. Bennett hatte bei dieser Gelegenheit angekündigt, die Führung des Verwaltungsrates an Dan Schulman abzugeben und sich ganz auf seine CEO-Rolle zu konzentrieren.

Enderle glaubt, dass Symantec so bald nicht aus seinen Schwierigkeiten herauskommen und dass sich Bennett nicht auf Dauer an der Konzernspitze halten werde. Er kopiere die Vorgehensweise einer ganz anderen Industrie (General Electrics, Anm. d. Red.), entledige sich großer Teile seiner Verantwortung und sorge dafür, dass sich sein Engagement für ihn lohne. Enderle rät Symantec-Mitarbeitern ganz ungeschminkt: "Wenn Sie feststellen, dass das Unternehmen, für das sie arbeiten, Ihr Weiterkommen und Ihre Jobzufriedenheit nicht mehr fördert und dass es seine Agilität verliert, ist es an der Zeit, sich eine freundlichere Heimat zu suchen." (hv).