Von Pierer wird Aufsichtsratschef
Die Geheimniskrämerei war ein abgekartetes Spiel. Nichts sollte den perfekt inszenierten Abtritt von Pierers trüben. Schon gar nicht eine schlechte Nachricht an das versammelte Aktionärs- und Stimmvolk, unter dem sich traditionell viele Siemens-Mitarbeiter befinden. Eine Hiobsbotschaft hätte im Extremfall von Pierers Wechsel an die Spitze des Aufsichtsrats gefährdet. Immerhin hatte er die Geduld der Angestellten gegen Ende seiner Amtszeit auf eine harte Belastungsprobe gestellt.
Unter seiner Ägide fand in der Kommunikationssparte bereits ein radikaler Kahlschlag bei den Arbeitsplätzen statt. Und von Pierer war es auch, der in Deutschland die Abwanderungsdebatte anzettelte und damit an mehreren Standorten eine Ausweitung der Wochenarbeitszeit erzwang. Beschäftigten und Gewerkschaften stieß das sauer auf. Wie sauer, war vor der Münchner Olympiahalle zu hören. Dort machten verbitterte Siemens-Mitarbeiter und Gewerkschafter ihrem Ärger lautstark Luft.
Pfiffe draußen, Applaus drinnen - ein Kontrast, der zeigt, dass von Pierer mit seinem Abgang nicht alle versöhnte. Während er sich von den Aktionären mit glänzenden Ergebnissen für das Geschäftsjahr 2004 und das erste Quartal 2005 verabschiedete, hinterlässt er seinem Nachfolger einige offene Baustellen. Die größte Problemzone ist die Konzernsparte Siemens Communications, in der mit Beginn des neuen Fiskaljahres im Oktober 2004 das Festnetz- und Mobilfunkgeschäft zusammengeführt wurden. Das zweite Sorgenkind ist der IT-Dienstleistungsbereich Siemens Business Services (SBS).