Börsengang im Juli geplant

Der Neue Markt soll der PSI AG Flügel verleihen

29.05.1998

Auf den ersten Blick hat die 1969 gegründete PSI AG nicht viel mit den meisten anderen Emissionen am Neuen Markt gemein: Die Berliner sind alles andere als ein Newcomer, und sie würden eigentlich auch schwarze Zahlen schreiben. Doch Mitbegründer und Vorstandschef Dietrich Jaeschke braucht Geld, um sein Unternehmen durch die Wirren eines pulsierenden Marktes zu steuern. Wachstum und vor allem Internationalisierung sind angesagt. Eine Kapitalspritze von 50 Millionen Mark erhofft sich Jaeschke im Zuge des Going Public - Geld, das dazu verwendet werden soll, um die Standardsoftware "Psipenta" im Weltmarkt zu etablieren. Erste Maßnahme dazu war im vergangenen Jahr die Gründung der Tochtergesellschaft Psipenta GmbH, die mit einem international erfahrenen Management besetzt und ausschließlich auf das Produktgeschäft mit ERP-Lösungen für den Mittelstand ausgerichtet wurde.

Jaeschke will sein bis dato weitgehend auf Projekte mit kundenindividuellen Softwarelösungen - insbesondere für Großunternehmen im Energie- und Produktionsbereich - fokussiertes Unternehmen nun zu einem starken Anbieter im Lizenzgeschäft machen (siehe Abbildung). Während das alte PSI-Stammgeschäft in der Holding verblieb, wurde zuletzt massiv in den Ausbau der Entwicklungs-, Marketing-, Vertriebs- und Servicekapazitäten der Psipenta GmbH investiert, unter anderem auch in die Gründung weiterer Dependancen in den USA, Großbritannien, Frankreich und der Schweiz. Auf insgesamt 50 Millionen Mark bezifferte der PSI-Vorstandschef den bisher geleisteten Aufwand.

Das schlug sich auch in der 1997er-Bilanz des Unternehmens nieder. Der Konzernumsatz erhöhte sich gegenüber 1996 um 15 Prozent von 112 auf 129 Millionen Mark. Größter Wachstumsträger war dabei der Geschäftsbereich "Projekte", wo der Umsatz um 21 Prozent von 81 auf 98 Millionen Mark gesteigert werden konnte. Die Psipenta GmbH kam auf Einkünfte von 31 Millionen Mark.

Unter dem Strich blieb allerdings aufgrund der Investitionen ein sattes Minus übrig. Während die Business Unit Projekte mit einem operativen Gewinn von 6,3 Millionen Mark abschloß, weist die gesamte Psipenta einen Verlust von 10,4 Millionen Mark aus. Dies wird sich Jaeschke zufolge jedoch schon im laufenden Geschäftsjahr ändern. Psipenta soll dann eine ausgeglichene Bilanz erzielen und 1999 einen "positiven Beitrag zum Gewinn leisten". Doch aus dem nach wie vor stabilen Wachstum des Projektgeschäfts kann der Aufbau einer weltweit schlagkräftigen Division, die im Markt für Standardsoftware bestehen kann, nicht länger bestritten werden. Besagte Kapitalspritze soll deshalb der für Anfang Juli ins Auge gefaßte Börsengang am Neuen Markt in Frankfurt bringen. Im Zuge einer bereits genehmigten Erhöhung des Grundkapitals auf 41 Millionen Mark werden dabei nach derzeitigem Planungsstand rund 27 Prozent der PSI-Anteile in den "Free Float" gehen.

Grundsätzlich gab sich Jaeschke auf der Bilanzpressekonferenz kämpferisch und zuversichtlich. Man habe "alle Chancen in einem der aufregendsten Märkte überhaupt". Mit dem historisch gewachsenen Know-how im Projektgeschäft, vor allem aber mit der eigenen Lösung Psipenta verfüge man über eine "hervorragende Basis"; der objektorientierte Aufbau der Software garantiere derzeit einen technologischen Vorsprung gegenüber den Wettbewerbern von 18 Monaten. "Wir können alles, was SAP und Baan kann, besser - jedenfalls im Bezug auf unsere mittelständische Kundschaft", grenzte der PSI-Chef sein Produkt-Flaggschiff von der Konkurrenz ab. Weitere Release-Verbesserungen sollen das Standing von Psipenta als ERP-Lösung für mittelständische Unternehmen in der sogenannten diskreten Fertigung (Maschinenbau, Elektroindustrie, Automobilindustrie) untermauern.

Daraus, daß die PSI-Verantwortlichen mit ihren ehrgeizigen Wachstums- und Internationalisierungsplänen auch Getriebene der Marktentwicklung sind, machte Jaeschke keinen Hehl. Das als renommierter Nischenanbieter geltende Unternehmen wird seit längerem als Übernahmekandidat gehandelt: "Kaufinteressenten wie British Telecom (BT) und andere Firmen aus dem angelsächsischen Raum rannten uns die Türe ein." Ob auch, wie vielfach spekuliert wird, Wettbewerber Baan angeklopft hat, wollte Jaeschke nicht kommentieren. Doch Unabhängigkeit ist bis auf weiteres Trumpf. Seine Hoffnung, die er mit dem Börsengang verknüpft: "Wir sind auch dann nicht vor einer feindlichen Übernahme gefeit. Aber es würde für die andere Seite zumindest sehr teuer.

Wachstumspläne der PSI-AG

Auf dem Weg zum Global Player: In neue Umsatz- und Gewinndimensionen möchte die PSI AG vorstoßen. Das Hauptaugenmerk gilt dabei der Standardsoftware Psipenta, die 1996 die frühere PSI-Lösung "Piuss-O" ablöste. Quelle: PSI AG