Abgestufte Intelligenz bei der Betriebsdatenerfassung:

Der Mikro vor Ort spart den Weg zur Zentrale

07.10.1977

Der technologische Fortschritt der Elektronik durch hochintegrierte Schaltkreise hat - bei immer niedrigeren Kosten - für die vielfältigen Geräte der Bürotechnik mit der Computerleistung engverwandte Funktionen ermöglicht. Diese Entwicklung besitzt ihr Pendant bei der Betriebsdatenerfassung (BDE), die neben anderen Einflüssen gerade hierdurch neue Impulse erhalten hat, so daß heute das Interesse an der Betriebsdatenerfassung aus dem Kreis der potentiellen Anwender so groß ist wie nie zuvor.

Die Grundbausteine für die dezentrale Intelligenz sind Mikroprozessoren und aus integrierten Schaltkreisen aufgebaute elektronische Speicher. Da diese auch - um die zum Betreiben erforderlichen Bauteile (Stromversorgung etc.) ergänzt - als Mikrocomputer am Markt erhältlich sind, können sie an die Stelle von herkömmlichen Schaltungsteilen von BDE-Systemen treten. Der Nutzeffekt ist die erhöhte Flexibilität für die Gestaltung von BDE-Systemen. An der hierarchischen Struktur eines größeren BDE-Systems kann man die einzelnen Funktionen veranschaulichen (Grafik). Der Planungsrechner möge ein gängiger Universalrechner sein, auf dem die dispositiven Programme der Fertigungssteuerung ablaufen. Ein Subsystem arbeitet nun mit diesem Planungsrechner zusammen - etwa durch Datenaustausch in Zeitabständen von Stunden - und steuert den Datenfluß von und zu weiter untergeordneten Systemen für einzelne Betriebsbereiche oder unterschiedliche Werke. Beispiele hierzu gibt es sowohl auf der Basis abgestuft ausgerüstete Minicomputer als auch entsprechende Mikrocomputer, wenn deren Leistung (Externspeicherkapazität samt Zugriff) ausreicht. Dezentralisiert man die Intelligenz im System noch weiter, so kommen aus preislichen Gründen nur noch Mikrocomputer in Frage, die dann in die bereichsweisen BDE-Terminals Eingang finden. Sie übernehmen dort die Steuerung des Datenverkehrs zum jeweils direkt übergeordneten System, speichern aber selbst zwischen - soweit benötigt -übernehmen darüber hinaus die Bedienerführung der

eingebenden Mitarbeiter durch Ansteuerung entsprechender Leuchtsymbole oder Texte. Hieran können dann billige, unintelligente, bei der Installation meist nahegelegene Terminals angeschlossen sein, um die Eingabebereiche kleinzuhalten und den Mitarbeitern weite Wege zu ersparen. Wenn man automatisierte Datengewinnung an Produktionsmaschinen etwa zur automatischen Nutzungsüberwachung und Stückzahlerfassung anstrebt, so braucht man nicht jedes einzelne gewonnene Signal vom Geber an der Maschine zur Zentrale zu senden, vermeidet aber auch teure dezentrale Zähler, indem man dem Mikrocomputer des nächstgelegenen Terminals diese Aufgabe überträgt. Die üblichen Datenzuordnungen von Mitarbeiter-Ausweisen und Arbeitsvorgangs-Lochkarten mit Auftragsnummer kennzeichnen dann die automatisch auflaufenden Werte sachlich.

Für die bei manuellen Eingaben erforderlichen Plausibilitätskontrollen steht nun bereits eine Auswahl zur Aufgabenverteilung zur Verfügung. Einfache rechnerische und logische Kontrollen führt der Mikrocomputer des Terminals direkt aus, wobei er die automatisch gewonnenen Daten zu Hilfe nimmt. Benötigt man zusätzlich für die Plausibilitätskontrolle umfangreichere Daten aus der Dispositionsphase, so müssen diese nicht ständig im Mikrocomputer des Terminals geführt werden, dafür besitzt der nächst

übergeordnete Rechner auch Externspeicher wie Floppy-Disks. Dezentrale Mikrocomputer können auch ohne Kombination mit manuell zu bedienenden Terminals zum Einsatz kommen, sie übernehmen dann dezentrale a Steuerungsaufgaben an den Maschinen oder umfangreichere Aufgaben der automatisierten Datengewinnung wie bei Qualitätsüberwachungssystemen. Aber auch grundsätzlich andere Strukturbeispiele sind durchaus realistisch und können fallweise besondere Vorteile bieten.

Die hierarchische Netzstruktur von BDE-Systemen ist heute mit einfachen Zwei-Draht-Leitungen zu verwirklichen. Die Steuerung der Datenübertragungsprozeduren übernehmen anteilig die intelligenten Partner auf beiden Seiten der Übertragungsstrecke,

wobei die Parallel/Seriell-Umwandlung der Daten praktisch als problemlos anzusehen ist. Der Vorteil der hierarchischen Struktur kommt bei der Frage nach der Ausfallsicherheit besonders zum Tragen, da störende Einflüsse von außen mit hoher Wahrscheinlichkeit nur Teile des BDE-Systems beeinflussen und der größere "Rest" von funktionsfähig bleibt. Die BDE-Zentrale wird bei hohen Anforderungen an die Zuverlässigkeit mit einem Mehrprozessorensystem ausgerüstet.

In anderen Fällen möchte man den doch recht erheblichen Verdrahtungsaufwand vermeiden und strebt nach kürzeren Leitungswegen im Betrieb. Hierfür werden Ringleitungen - eventuell mit mehreren Schleifen an derselben BDE-Zentrale - oder Busleitungen benutzt. Beide Arten sind als Mehrdraht- und Zwei-Draht-Ausführung bekannt. Mehrdrahtausführungen erlauben bitparallele, zeichenserielle Datenübertragung, die Zwei-Draht-Version überträgt alle Bits seriell, eventuell auch moduliert. Bei den Ringleitungen sind die Anschlußbausteine in den Ring eingefügt; bei Ausfall dezentraler Einheiten werden diese zum Weiterbetrieb des BDE-Systems kurzgeschlossen. Das Busprinzip ermöglicht den parallelen Zugang, so daß ein angeschlossenes BDE-Terminal, wenn es ausfällt, lediglich elektrisch abgetrennt wird und der ganze Bus weiterläuft. Je serieller die Übertragung ausgelegt ist, um so mehr Umordnungs- und Steuerungsaufgaben sind zu erfüllen, wobei gegenüber der hierarchischen Struktur hier immer auch die Aktivierung zur Datenübertragung, also die Adressierung der dezentralen intelligenten Einheiten, erforderlich ist. All diese Aufgaben sind jedoch heute mit Mikrocomputern programmgesteuert in den Griff zu bekommen. Die Programme werden zentral generiert, billig in Festspeicher eingegeben oder dezentral in Mikrocomputern gespeichert.

* Professor Roschmann, Fachhochschule Furtwangen, hält am 21. bis 23. November 1977 beim INTEGRATA-Trainings-Zentrum das Seminar "Betriebsdatenerfassung - Terminalsysteme und automatisierte Datengewinnung im Fertigungsbetrieb".

Informationen: Integrata, Biesingerstraße 10, 7400 Tübingen.