3D-TV

Der Megatrend, der keiner ist

10.09.2010
Von  und Maximilian Gaub
Panagiotis "Takis" Kolokythas arbeitet seit Juni 2000 für pcwelt.de. Seine Leidenschaft gilt IT-News, die er möglichst schnell und gründlich recherchiert an die Leser weitergeben möchte. Er hat den Überblick über die Entwicklungen in den wichtigsten Tech-Bereichen, entsprechend vielfältig ist das Themenspektrum seiner Artikel: Windows, Soft- und Freeware, Hardware, Smartphones, soziale Netzwerke, Web-Technologien, Smart Home, Gadgets, Drohnen… Er steht regelmäßig für PCWELT.tv vor der Kamera und hat ein eigenes wöchentliches IT-News-Videoformat: Tech-Up Weekly.

Problem: Zu wenig Signale und ein Paradoxon für das Gehirn

Brillant: 3D im Kino ist ein Genuss. Wird es zuhause eine Qual? (Foto: GretchensFrage / flickr)
Brillant: 3D im Kino ist ein Genuss. Wird es zuhause eine Qual? (Foto: GretchensFrage / flickr)

„Dann erleben wir das größte Gerichtsverfahren in der Geschichte des Planeten“, mutmaßt VR-Pionier Mark Pesce, heute Juror in einer Erfinder-Sendung im australischen Fernsehen und Dozent an der Universität von Sydney. Er sieht es als erwiesen an, dass die aktuelle Technik hinter der künstlichen Dreidimensionalität die Wahrnehmung der echten Welt beeinflusst. Seine Argumentation: Unser Gehirn verarbeitet in der Realität viel mehr Signale, um zu berechnen, wie nah oder weit etwas von uns weg ist. Die Technologie, die Dreidimensionalität auf Bildschirmen herstellt, benutzt allerdings nur einen Teil dieser Signale. Andere Forscher verweisen zudem auf einen Konflikt, der beim Betrachten von 3D-Bewegtbildern entsteht: Unsere Augen fokussieren dabei nämlich auf die Oberfläche des Bildschirms – tatsächlich aber liegt der Fokuspunkt hinter dem Screen. Ein Paradoxon, das manchen Zuschauern Kopfschmerzen bereitet.

Folgen: Was passiert, wenn wir den ganzen Tag 3D fernsehen?
Pesce folgert: Das Gehirn verlernt so die Wahrnehmung der Welt. Das ist nach dem Genuss eines zweistündigen 3D-Kinofilms selten ein Problem – spätestens im Parkhaus hat sich das Gehirn wieder an die Realität gewöhnt. Was aber, wenn die Flimmerkiste jeden Tag stundenlang dreidimensionale Bilder in die Augen der Menschen projiziert?

„Gerade bei Kindern mache ich mir Sorgen“, sagt Simon Watt. Er arbeitet als Dozent an der Bangor University in Wales, leitet dort die Forschung für visuelle Raumwahrnehmung, darunter Studien zu 3D-Bildschirmen. Er warnt davor, Kinder zu lang dem Konsum dreidimensionaler Inhalte auszusetzen. Schließlich dauert es oft bis zu zehn Jahren, bis die visuelle Wahrnehmung von Kindern völlig entwickelt ist. Übermäßiger Genuss von 3D-TV könnte diesen Prozess beeinträchtigen.

Weniger ist mehr: Hersteller wie Sony warnen davor, Kinder unkontrolliert 3D konsumieren zu lassen. (Foto: Sony)
Weniger ist mehr: Hersteller wie Sony warnen davor, Kinder unkontrolliert 3D konsumieren zu lassen. (Foto: Sony)
Foto: Sony

Reaktion der Hersteller: Hinweise in Nutzungsbedingungen
Das wissen auch die Hersteller. Und alarmieren daher prophylaktisch. Samsung zum Beispiel informiert auf seiner Webseite: Langes Betrachten von 3D-Bilder kann zu Augenbelastungen führen. Wer Epileptiker in der Familie hat, sollte vor dem 3D-Genuss einen Arzt konsultieren. Und Sony rät dazu, Kinder beim 3D-Fernsehen ständig zu überwachen.