Der Markt wird ein Tummelplatz für Mini-Mikros

29.09.1978

Mit Günter Wolf, Geschäftsführer des Münchner Electronic 2000 Vertriebs GmbH, sprach Elmar Elmauer

* Herr Wolf, die Electronic 2000 fährt die Vertriebs GmbH zwar im Namen, doch nehmen Sie immer mehr Systemverkauf im OEM-Geschäft wahr. Was sind Sie tatsächlich? Komponenten-Kleinhändler?

Wir sind Distributor für komplexere Bauteile, die ja diese Systeme darstellen. Heute kann man ja zwischen einem Bauteil und einem System in der herkömmlichen Art nicht mehr unterscheiden. Früher konnte man das. Da war ein Computer und da war die Diode und für diese herkömmlichen elektronischen Bauteile haben wir als Distributor angefangen.

* Welche Aufgabe haben Sie denn als Distributor?

Als Distributor muß ich primär für den kleinen und den mittleren Kundenkreis der Partner sein. In der Verfügbarmachung, in der Information über neue Bauteile, im Service.

* Sie sprechen gleich mehrere wesentliche Punkte an: Einmal sagen Sie "für den kleinen Partner". Ist es, wenn man berücksichtigt, daß jede händlerstufe leben will, für den kleinen Partner nicht billiger, unmittelbar zum großen Hersteller zu gehen und sich mit dem kurzzuschließen?

Der große Hersteller ist von seiner Organisation her nicht in der Lage, den Kleinen zu bedienen. Der große Hersteller sucht uns als Zwischenglied, weil er nicht Partner des Endverbrauchers sein kann. Denn die Abwicklung eines Auftrages kostet den Großhersteller ein Vielfaches von dem, was es uns kostet.

* ist es richtig verstanden, daß Sie sich eher als verlängerten Arm des Herstellers sehen?

Richtig, ganz genau.

* Wo entsteht aber nun für Ihren Kunden der Vorteil, wenn er sich an Sie wendet?

Er hat einen schnelleren Zugriff auf die Bauteile, hat sie schneller verfügbar.

* Wieso können Sie schneller liefern als der Hersteller?

Weil ich ein Lager habe, das vom Hersteller preisgeschützt und rückgabeberechtigt ist. Ich kann also auf dem kleinen Markt, den ich übersehe, disponieren, was etwa DEC nicht kann. DEC bietet Ihnen die LSI-11/02 beispielsweise mit einer Lieferzeit von fünf Monaten. Wenn ich eingeführt bin, gibt es die bei mir ab Lager.

* Würden Sie noch definieren, was Sie unter Preisgeschütztheit verstehen?

Wenn wir uns die modernen Speichereinheiten anschauen 16 K EPROM, die Sich am Anfang in einer Preisgegend von 150 oder 120 Mark bewegen, bis die Teile in Großmengenproduktion gehen und billig werden. Um jetzt sicherzustellen, daß ich trotz des Risikos, daß der Preis sich fortlaufend nach unten bewegt, dennoch genügend Ware auf Lager habe, schützt mir der Hersteller den Preis. Wenn der Standardpreis nach unten geändert wird, bekomme ich das, was bei mir auf Lager ist, rückvergütet.

* Nun verkaufen Sie nicht nur - immer mehr beraten Sie auch. Wieviel Support kann ich von Ihnen erwarten?

Wir haben für die Firma Intel DEC im Moment sieben Ingenieure ziemlich perfekt sind im Umgang mit Entwicklungssystemen und Mikroprozessoren. Die haben darüber hinaus aber auch Softwarekenntnisse.

* Apllikations-Software oder Betriebssystem-Software?

Wir wollen dem Kunden kein Programm schreiben - aber wir wollen ihm beratend zur Seite stehen, welches System, welches Softwarepaket für seine spezielle Anwendung am geeignetsten ist. Das ist ja eine unserer weiteren Stärken. Angenommen Sie wollen heute als Kleinkunde zu DEC gehen, da kriegen Sie einen Termin von vier bis sechs Wochen, als Kleiner. Die haben zwar 400 Mitarbeiter im Service, doch können die nur primär Siemens, Telefunken oder Nixdorf behandeln. Unter einer gewissen Größenordnung geht nichts mehr.

* Nun, es ist denkbar, daß Sie auf ????kurrierenden Produkten unterschiedliche Spannen drauf haben. Wird da die Beratung so gelenkt, daß das Produkt mit der größten Spanne am häufigsten umgeschlagen wird?

Das ist nicht der Fall bei uns.

* Bestimmt hier die Anwendung den Trend?

Richtig.

* Wieviel Umsatz machen Sie eigentlich dank Beratung und wieviel dadurch, daß Sie einfach den Bauchladen voll haben?

Ein ziemlicher Prozentsatz unseres Umsatzes ist ausschließlich auf die Verfügbarmachung der Bauteile zurückzuführen. Ich würde sagen, die Hälfte. Das ist der klassische Distributorjob. Aber wir sehen die Notwendigkeit der Beratung für die künftige Marktentwicklung. Wir müssen uns selbst ernähren, müssen unsere Organisation heranbilden - und das dauert zwei, drei Jahre. Wenn ich das Systemgeschäft kalkuliere, dann ist das nach wie vor pro Jahr für mich eine Mindest-Investition von einer halben Million Mark. Seitdem wir Mitte 76 angefangen haben, machen wir noch keinen den Systemen. Aber wir verfolgen mehrere Aspekte dabei: Wir Image am Markt aus, wir gewissen Kundenkreis und uns selbst.

* Nun glaube ich, daß Sie in Ihrer Verteilerfunktion regional flächendeckend arbeiten können. Gelingt das dem Systemhaus bei der Beratung auch?

Wir haben in Stuttgart zwei Herren für Intel, wir werden in Düsseldorf aufmachen, dazu kommt Nürnberg und kommendes Jahr starten wir in Hamburg.

* Das bestätigt mich. Sie müssen körperlich anwesend sein. Sie könnten nicht von München aus Castrop-Rauxel bedienen.

Auf dem Mikroprozessorgebiet geht das bestimmt nicht sinnvoll zu machen.

* Ihre Wachstumspläne sprechen dafür, daß Sie glauben, den Markt genau im Griff zu haben.

Ich glaube, wir haben nur rechtzeitig den Trend erfaßt. Es war für uns allerdings leicht, weil wir mit Intel die beste Firma auf ihrem Gebiet bekommen haben. Das war praktisch der ursächliche, der entscheidende Punkt. Ich glaube, das Programm, das sie bietet, ist das Nonplusultra von unten nach oben, also vom Komponenten nach oben. Jetzt wollen wir mit DEC den gleichen Weg von oben nach unten mitbekommen. In einigen Jahren werden die sogenannten Minimikros der große Tummelplatz sein. Das Geschäft machen also Komponentenhersteller und Minicomputer-Produzenten. Und da sind wir dabei.