Der Mainframe: theoretisch das Maß aller Dinge, aber…

06.09.2007

CW: Und was plant der Rest der Mainframe-Anbieter, die Bulls, Fujitsu-Siemens', Unisys' dieser Welt?
BUTLER: All die anderen Anbieter sind dabei, einen mehr oder weniger nahtlosen Übergang ihrer Mainframe-Legacy hin zu einer Koexistenz mit offenen Systemen zu bewerkstelligen – also den x86-, x64-, Unix-, Linux- und Windows-Maschinen. Sie verfolgen insofern sehr viel stärker ein Migrations-Modell.

CW: Es gibt Experten aus der Branche, die sagen, IBM selbst sieht seine Mainframe-Plattform als sterbenden Dinosaurier. Aus diesem Geschäft soll noch so viel Geld rausgeholt werden, wie möglich und dann – Exitus. Sehen Sie das auch so?

Butler: Hierzu zweierlei: Vergessen Sie erstens nicht, dass der IBM-Mainframe-Markt nicht zu vergleichen ist mit dem Großrechnergeschäft aller anderen Hersteller. Ich will damit nicht sagen, dass beispielsweise Fujitsu-Siemens oder Unisys ihre Mainframe-Kunden im Regen stehen lassen. Aber es ist klar, dass diese Hersteller keine Pläne haben, in den kommenden zehn Jahren noch konventionelle Mainframes zu entwickeln. IBM hingegen hat, wie ich schon sagte, genau das vor.

Wenn Sie sich zweitens Zahlen der Marktforscher – egal ob von Gartner oder IDC – ansehen, dann kann man eins ganz klar feststellen: Der Mainframemarkt insgesamt nimmt in Sachen Umsatz ganz eindeutig ab. Schaut man sich den Mainframemarkt allerdings genauer an und vergleicht IBMs Mainframe-Anteil mit dem aller anderen Unternehmen, die sich da im Großrechnersegment tummeln, dann werden Sie feststellen, dass der IBM-Anteil stabil bleibt oder sogar ein kleines bisschen wächst…

CW: …die Geschäftszahlen der IBM für das Jahr 2006 haben für das Segment der Mainframes sogar ein durchaus signifikantes Wachstum vermeldet.

Butler: Das Wachstum im vergangenen Jahr war sogar ganz großartig - richtig. Die Frage aller Fragen wird aber sein: Kann die IBM dieses Wachstum bei Großrechnern halten? Wenn wir dieses Gespräch im Jahr 2017 wieder führen sollten, dann wird nach meiner Einschätzung der Mainframe-Markt bis dahin schrumpfen, schrumpfen, schrumpfen. Er wird in zehn Jahren ziemlich klein geworden sein. Aber noch einmal: Dieser Rückgang betrifft vor allem die Umsätze der anderen Unternehmen aus dem Großrechnerumfeld. Der wird immer weiter sinken – der Umsatz, den die IBM mit Mainframes erwirtschaftet, hingegen weniger.

CW: Damit ist aber auch klar: Big Blues Dominanz wird immer erdrückender.

Butler: Absolut richtig. Der ohnehin jetzt schon große Anteil, den die IBM am Mainframe-Markt besitzt, wird weiter wachsen. Ich gehe zwar davon aus, dass auch die Umsätze mit System-z-Maschinen über einen längeren Zeitraum sinken werden. Aber dieser Rückgang wird sehr viel geringer sein als der, den andere Anbieter im Mainframe-Umfeld erleben werden. Das Delta wird also immer größer zwischen der IBM und dem Rest der Mainframe-Welt.

Zu den Marktzahlen im Server-Segment, wie sie etwa Gartner ermittelt, muss man noch Folgendes erklären: Die gliedern sich zwar auf nach Unix-Systemen, Windows-Rechnern und Mainframes. Aber: Sie enthalten nur die Umsätze mit der reinen Hardware. Gerade im Mainframe- und Unix-Markt muss man jedoch sehen, dass hier sehr viel Umsatz auch mit assoziierten Produkten, also etwa Software, Dienstleistungen, Massenspeicherperipherie etc. erzielt wird. Diese Umsätze sind in den Marktzahlen nicht enthalten. Das gesamte "Öko"-System der Großrechnerwelt ist also viel größer als die Zahl, die durch die Marktzahlen wiedergegeben werden.