Der Mainframe: theoretisch das Maß aller Dinge, aber…

06.09.2007

CW: Um der Diskussion über die hohen Softwarelizenzkosten den Wind aus den Segeln zu nehmen, hat die IBM für ihre Mainframes ja schon vor Jahren ein neues Konzept entwickelt. Einfach ausgedrückt hat Big Blue für bestimmte Aufgabenstellungen - neudeutsch Workloads - so genannte Specialty Engines entwickelt. Das sind Prozessoren, an die unterschiedliche Workloads – etwa für Datenbankaufgaben, Linux- oder Java-Applikationen – abgegeben werden können. 2001 stellte IBM solch eine Specialty Engine mit der Integrated Facility for Linux (= IFL-Engine) vor. 2004 folgte mit dem System-z9-Application-Assist-Processor eine zAAP-Engine für Java-Workloads. 2006 schließlich stellte Big Blue mit dem System-z9-Integrated-Information-Processor die zIIP-Datenbank-Specialty Engine vor. Das Besondere an den Specialty Engines ist nun, dass sie bei der MIPS-Rechenleistungs-Berechnung nicht berücksichtigt werden. Die Softwarelizenzkosten werden aber traditionell auf Basis der MIPS-Angaben kalkuliert. Ergo: Die IBM versucht auf diese Weise, die Softwarelizenzkosten zu drücken, um somit ihre Mainframes auch anderen Käufern als der angestammten Kundschaft aus Großkonzernen schmackhaft zu machen, also etwa mittelständischen Betrieben. Was ist von dieser Strategie zu halten?

Butler: Das ist eine sehr clevere Strategie. IBM ist ja nicht blind bezüglich der Problematik der teuren Software-lizenzierung und der Wahrnehmung des Marktes, dass Mainframes sehr teure Systeme sind. Und ja, in der Theorie ist es sicherlich richtig, dass jemand, der ein System-z-System nutzt und einen großen Teil seiner Workloads auf diese Specialty Engines lädt, bei den Lizenzierungskosten viel Geld sparen kann.

CW: Das Revival des Mainframes also durch einen geschickten technischen Schachzug?

BUTLER: Lassen Sie es mich einmal so sagen: Meiner Erfahrung nach kommt auf jeden Anwender, der sich vom Mainframe-Konzept lossagen will, mindestens einer oder zwei, die die großen Vorteile des Großrechners im Vergleich zu den anderen Plattformoptionen sehr zu schätzen wissen. Und da gibt es dann auch eine wachsende Zahl von Anwendern, die mit großem Interesse die Option der Specialty Engines überdenken und auch nutzen. Die lassen etwa Linux oder neue Klassen von Applikationen, neue Workloads, auf diesen Specialty Engines laufen. Eins ist in diesem Zusammenhang allerdings wichtig: Wir reden hier immer über Anwender, die bereits Mainframes nutzen. Wir reden über eine bereits installierte Basis. Viele neue Kunden hingegen gewinnt die IBM auch mit den Specialty Engines nicht.