Virtualisierung

Der lange Marsch in die Enterprise-IT

07.09.2008
Von 
Holger Eriksdotter ist freier Journalist in Hamburg.

Und das gilt nicht nur für die technische Seite. Denn der Aufbau großflächig virtualisierter IT-Landschaften erfordert eine komplette Abkehr vom bisher geltenden Paradigma, dass sich kurz und knapp in der Maxime „Eine Applikation – ein Server“ zusammenfassen lässt. Mit der Virtualisierung der Serverlandschaft löst sich auch die Zuordnung der IT-Infrastruktur zu den Fachabteilungen auf. Denn wenn an die Stelle der Hardware-Kosten plötzlich nutzungsabhängige Berechnungsmodelle treten, sind auch Unternehmensorganisation und interne Verrechnungsmodelle betroffen. Dann stellt sich plötzlich die Frage, wem die Infrastruktur intern gehört – und wer für ihre Finanzierung verantwortlich ist. Diese Aspekte geraten mit einer Sichtweise, die sich vorrangig auf Kosteneinsparung und technische Fragen richtet, allzu oft aus dem Blick.

Foto: Techconsult

Ein unverändertes Fortführen dieses Paradigmas würde nach Berechnungen von Analysten dazu führen, dass im Jahre 2010 weltweit rund 41 Millionen Server in Betrieb wären - bei einer durchschnittlichen Auslastung von unter zehn Prozent. Das entspricht einer Verschwendung von 140 Milliarden Dollar an ungenutzter Server-Kapazität. Bei einer Einsparung durch Virtualisierung von etwa 20 Prozent, die Marktkenner für realistisch halten, liegt hier ein riesiges Einsparpotenzial für die Unternehmen.

Dabei tun sich deutsche IT-Verantwortliche besonders schwer. Ohnehin werden bekanntermaßen neue technologische Trends im anglo-amerikanischen Bereich schneller adaptiert als bei uns, aber auch in Italien und Frankreich sind die Unternehmen im Hinblick auf Virtualisierung schon weiter vorangeschritten als in Deutschland. Und das liegt auch an dem ehernen Festhalten an betriebswirtschaftlichen Grundsätzen: Während woanders im Zuge der Virtualisierung oftmals auch nicht vollständig abgeschriebene Hardware ausgetauscht wird, halten sich die deutschen Unternehmen fast immer an die Abschreibungszyklen. Und die liegt bei Servern in der Regel zwischen drei und fünf Jahren. Die eigentliche Virtualisierungswelle steht deshalb noch bevor und wird erst im Gleichschritt mit den Abschreibungszyklen in die Unternehmen rollen.

Jedenfalls wenn es um die Virtualisierung der Server-Infrastruktur geht, die eine Vorreiterrolle einnimmt: „Man kann sagen, dass die Server-Virtualisierung in den IT-Abteilungen deutscher Unternehmen angekommen ist. Storage-Virtualisierung steckt hingegen noch weitgehend in den Kinderschuhen“, sagt Mrksa.

Nach seiner Studie sind es bisher nur rund zehn Prozent der Betriebe, die über virtualisierte Speicherumgebungen verfügen, ein weiteres Zehntel plant deren zukünftigen Einsatz. Die Gründe für die Zurückhaltung sind vielfältig. Als wichtigsten Grund gaben die Unternehmen an (74 Prozent), dass ihr Speicheraufkommen nicht so hoch sei, dass sie einen Bedarf an virtualisierten Speicherlösungen hätten.