Neue Geschäftsmodelle durch Business-to-Business-Portale

Der Internet-Handel reißt die Mauern zwischen Unternehmen ein

03.03.2000
MÜNCHEN - Klassische Portale wie Yahoo und Netcenter leben vor allem von Werbung. Seit einem Jahr etablieren sich jedoch Business-to-Business-(B-to-B-)Portale, die sich aus anderen Quellen finanzieren.CW-Bericht, Hermann Gfaller

Zu den Vorläufern der B-to-B-Portale gehört ein Konzept, das vor einem Jahr vom IT-Dienstleister Cambridge Technology Partners zum "New Business Ecosystem" hochstilisiert wurde. Danach gibt es künftig zum einen Dienstleister, die über das Portal den direkten Kontakt zum Kunden halten, und zum anderen Hersteller, die Firmen der ersten Kategorie mit Produkten und Diensten versorgen. So könnte ein für Verlässlichkeit bekanntes Unternehmen anfangen, neben seinem Kernprodukt via Netz Versicherungen, Reiseauskünfte, Hotel- und Restaurantreservierungen, Geldschränke, Fallschirme und andere Produkte anzubieten, bei denen es auf Zuverlässigkeit ankommt. Als Vorzeigebeispiel für dieses Modell dient immer wieder der PC-Konfektionär Dell. Das Unternehmen verkauft unter seinem Markennamen via Web PCs, die niemals eine Dell-Fertigungsstätte gesehen haben. Es stellt seinen Zulieferern, Fertigungs- und Vertriebspartnern lediglich per Internet die nötige Logistik zur Verfügung.

Der Begriff New Business Economy hat sich nicht durchsetzen können. In der Sache haben aber Konzepte wie das von Dell das B-to-B-Portal und insbesondere virtuelle Marktplätze vorbereitet. Nach dem Vorbild des PC-Konfektionärs geht es hier vor allem um die Verbesserung der Logistikketten im Unternehmen und darüber hinaus zu den Kunden und Lieferanten. Gleichzeitig dienen die Portale als branchenspezifische Marktplätze, auf denen sich Interessenten zumindest im Prinzip die jeweils günstigsten Produktkomponenten zusammensuchen können. Tatsächlich werden viele Unternehmen den Marktplatz zwar nutzen, aber nicht durch ständigen Wechsel des Zulieferers gewachsene Partnerschaften und die damit verbundenen Konditionen gefährden. Auf dem Prüfstand stehen sie jedoch definitiv.

Die Ziele dieser über Portale organisierten virtuellen Marktplätze werden zunehmend ambitionierter. Marktkenner wie Michael Hammer sehen bereits die Mauern zwischen den Unternehmen fallen, weil Firmen das Internet nutzen, um anfallende Aufgaben dem jeweils geeignetsten Partner oder gar Konkurrenten zu übertragen. Die DV-Verantwortlichen in Anwenderunternehmen wie Daimler-Chrysler hören solche Visionen mit eher gemischten Gefühlen. Bei ihnen gehören die Gestaltung der Abläufe und die Organisation der Zulieferkette zum zentralen Firmenkapital. Niemand denkt dort daran, externen Unternehmen tiefere Einblicke zu gewähren.

Auch Dale Kutnick, CEO des Markforschungsunternehmens Meta Group, glaubt nicht, dass die Unternehmen ihre Prozesse öffnen werden. Er ist aber mit Hammer einer Meinung, dass die neuen Business-Portale die Manager lehren, über Firmengrenzen hinaus zu agieren und weit mehr Informationen auszutauschen als derzeit üblich. Laut Kutnick hat bis jetzt weltweit bestenfalls ein Drittel der Unternehmen eine E-Business-Strategie entwickelt. Aufgrund des Konkurrenzdruck wird jedoch fieberhaft daran gearbeitet.

Das Geschäftsmodell virtueller Marktplätze unterscheidet sich grundlegend von denen herkömmlicher Portale. Werbung spielt hier so gut wie keine Rolle. Den Unternehmen, die sich ein Portal einrichten, geht es vor allem darum, Kosten bei der Beschaffung von Grundstoffen zu sparen oder durch angeschlossene Customer-Relationship-Management-Systeme rechtzeitig den Bedarf der Kunden zu erkennen. Auf Seiten der Zulieferer wird es wichtig sein, in den Katalogen des Marktplatzes aufgeführt zu werden, um eine Chance für einen Auftrag zu bekommen. Lukrativ sind die B-to-B-Portale insbesondere für ihre Anbieter.

Doch bevor ein Unternehmen auf den virtuellen Marktplätzen agieren kann, muss die Firmen-DV an das Portal angeschlossen werden. Personalisierte Oberflächen verlangen eine Infrastruktur, die in der Lage ist, alle nötigen Informationen zu bündeln und, für die jeweilige Benutzerrolle aufbereitet, zu verteilen. Wer im Internet handeln will, muss stetig variierende Informationen wie Lagerbestände, Preise und den Bearbeitungsstatus eines Auftrags für externe Anfragen offen legen und aktualisieren. Es gilt also, Portal und Marktplatz in Firmennetze, betriebswirtschaftliche Anwendungen, Datenbanken und Transaktionssysteme zu integrieren und dafür zu sorgen, dass die Informationen auf sichere Weise dorthin fließen, wo sie gebraucht werden. Laut Kutnick entsteht hier eine Goldgrube für Middleware-Anbieter und Systemintegratoren.

Abb.: Eine Momentaufnahme zeigt, welche Geschäftsmodelle es derzeit im Internet gibt. Quelle: Journal for Electronic Markets