Der Informationsmanager ist Dirigent - nicht Komponist

11.01.1985

MÜNCHEN- Den Nachrichtenfluß zu organisieren und technisch zu unterstützen, ist Aufgabe des Informationsmanagers. Die Kommunikation im Unternehmen umfaßt jedoch mehr als deren Organisation. Hier gilt es, meint Achim Musiol von der Siemens AG in München, den losen Knoten zwischen Organisationsplanung und Informatik festzuzurren (Teil 2).

Fortschreitende Büroautomatisierung und die zunehmende Vielfalt von Bürogeräten und -systemen, die das Kommunizieren im Büro maschinell unterstützen, verändern die Schwerpunktaufgaben in den traditionellen OD-(Organisations-/Datenverarbeitung-) Abteilungen. Der OD-Leiter und seine Mitarbeiter müssen sich zunehmend neben den "Datenverarbeitung-)Abteilungen. Der OD-Leiter und seine Mitarbeiter müssen gen. Es wird nötig, daß sie ihre "konventionellen" Organisations- und DV-Kenntnisse in Richtung auf die Kommunikation auffrischen beziehungsweise modifizieren. "Kommunikationsbeauftragte" oder "Kommunikationsplaner" einzubeziehen in die Organisationsabteilungen mit speziellen Kommunikationsproduktkenntnissen und einem auf die Bürokommunikation ausgerichteten Wissen, erscheint deshalb zweckmäßig und empfehlenswert.

Erweitert ein Unternehmen oder eine Behörde die Automatisierung von der Unterstützung der persönlichen Arbeit durch die Datenverarbeitung hin auf die Unterstützung der interpersonellen oder interlokalen Kommunikation, dann bietet es sich an, das Aufgabengebiet des derzeitigen Leiters für Organisation und Datenverarbeitung um die Bürokommunikation zu erweitern. Er sollte in "Leiter für Bürokommunikation, Organisation und Automatisierung" umgetauft werden.

Bei Sachleistungsunternehmen wären eine Stufe darunter ein Leiter für "Fertigungsorganisation und -automatisierung" sowie ein Leiter für "Bürokommunikation, Büroorganisation und -automatisierung" vorzusehen. Bei einem reinen Dienstleistungsunternehmen oder einer Behörde würde ein Leiter für "Bürokommunikation, Büroorganisation und -automatisierung" genügen.

Der "Informationsmanager" - oder "Kommunikationsmanager" - neben dem heutigen "OD-Leiter" würde eine weitgehende Doppelzuständigkeit für viele gemeinsame Aufgaben bedeuten. Das Aufgabengebiet des OD-Leiters deckt bereits viele Aufgaben des "Informationsmanagers" ab.

Kommunikation # (?) Organisation

Die Kommunikation im Unternehmen umfaßt jedoch mehr als deren Organisation. Nicht jede Bürokommunikation ist organisiert. Die Kommunikation schließt wiederum nicht die Fertigungsorganisation (Stichwort: REFA) und -automatisierung ein, so daß "Kommunikation" nicht einfach als Oberbegriff für "Organisation" verwendet werden kann. Als Schwerpunktaufgaben würden für eine solche BOA-Abteilung (Bürokommunikation, Organisation und Automatisierung) anfallen:

- Unterstützen der geschäftsführenden und -abwickelnden Bereiche beim Organisieren mit aufbau- und ablauforganisatorischen Lösungsvorschlägen sowohl bei "repetitiven" als auch bei "innovativen" Aufgabenerfüllungen.

- Strategische, mindestens fünf Jahre abdeckende Planung und Umsetzung von Organisations- und Automatisierungskonzepten zur maschinellen Unterstützung der Bürokommunikation und der Fertigung - Stichwort: Industrieroboter - mit ganzheitlichen Verarbeitungs-, Übertragungs- und Speicherungslösungen. Eventuell vorhandene "Insellösungen" führen sie schrittweise in funktionsteilige "offene Systeme" über.

- Planung und Durchführung von Organisations- und Automatisierungsprojekten. Die Softwareentwicklungsaktivitäten sollte schrittweise zunehmend auf die Einsatzplanung und -beratung von Standard-Hardware und -Software verlagert werden sowie auf die dazu erforderlichen Vorleistungen wie Datenbasis, Datenmanagement oder Planungsmethoden.

Die Aufgaben für einen "Informationsmanager" ähneln sehr stark den Aufgaben eines "modernen" Leiters für Organisation und Datenverarbeitung oder Automatisierung, der nicht nur "für das richtige Zeichnen von Organigrammen, den ordentlichen Entwurf von Vordrucken und deren ordnungsgemäße Verwaltung, die sachgemäße Leitung des Rechenzentrums und der programmierten Textverarbeitung" zuständig ist.

Um die erweiterten Aufgaben zu bewältigen, müssen sich die Geschäftsleitungen und die künftigen BOA-Abteilungen gewandelten Anforderungen stellen.

BOA-Abteilungen müssen sowohl aufbau- als auch ablauforganisatorische Gestaltungskompetenz sowie die Gesamtkompetenz zur maschinellen Unterstützung der Bürokommunikation - einschließlich der Datenverarbeitung - "in einer Hand" erhalten und bewältigen. Nur so können sie ganzheitliche und automatisierungsgerechte Lösungen entwickeln. Dies bedeutet keinen Kompetenzverlust für die Leitung. Sie entscheidet ja in jedem Fall über aufbau- und ablauforganisatorische Maßnahmen.

Organisation und Informatik sind zwei ungleiche Schuhe

BOA-Abteilungen müssen das gesamte Spektrum maschineller Unterstützung, das am Markt angeboten wird, erfassen und erproben. Nur so können sie maschinelle Unterstützung der Arbeit in Unternehmen bedarfsgerecht und nutzbringend beraten und empfehlen.

BOA-Abteilungen müssen Methoden entwickeln und bereitstellen, mit denen sie die Arbeit in Unternehmen bedarfsgerecht und nutzbringend organisieren und die angebotenen Geräte und Systeme angemessen einsetzen können. Solche Methoden stellt derzeit allerdings weder die Organisationslehre noch die Informatik bereit. Die Informatik beschäftigt sich vorwiegend mit der Erforschung der Information und ihrer maschinellen Speicherung, Übertragung und Verarbeitung auf der Ebene von Zeichen und Signalen. Sie betrachtet nicht die Bedeutung der Signale und die Aussagen in Mitteilungen. Die Organisationslehre stellt demgegenüber die "Aufgaben" im Zusammenhang mit dem Wirtschaften und deren wertschöpfender Erfüllung im Unternehmen in den Vordergrund der Betrachtung. Dabei legt sie den Schwerpunkt auf den Inhalt. Es geht um die Aussagen in den Aufgaben, die einer maschinellen Unterstützung bislang nur in prädefinierter Weise zugänglich sind.

Der Systemeinsatz braucht die klare Linie im voraus

Die Bezeichnung "Informationsmanager" oder "Kommunikationsmanager" kennzeichnet den Trend - nicht nur in der Bürobranche - die Fakten und Zusammenhänge eher zu vernebeln, statt sie zu verdeutlichen. Es ist modern, die Dinge gefällig - aber unscharf auszudrücken.

Der Ruf nach dem "Informationsmanager"/"Kommunikationsmanager" signalisiert den Versuch und die Hoffnung der geschäftsführenden Entscheidungsträger, die zunehmende Informationsflut bewältigen zu können, weiterhin die zur Geschäftsabwicklung notwendige von der überflüssigen Information zu unterscheiden und die zusätzlich vermarktbare Information, die im Unternehmen "nebenbei" anfällt, bedarfsgerecht abzusetzen. Bei dem Begriff "Informations-" oder "Kommunikationsmanager" geht es nicht - wie zu vermuten - um das Managen der für das Wirtschaften erforderlichen Information. Es geht um den Einsatz einer immer verwirrender wirkenden, immer schwerer verständlichen Technik. Zum bedarfsgerechten und nutzbringendem Einsatz von Geräten und Systemen, die die menschliche Arbeit unterstützen oder ersetzen, gehen stets organisatorische Maßnahmen voraus. Nicht alle Arbeitsabläufe aber müssen organisiert werden. Zudem leistet die heutige Technik bislang nur partiell einen Beitrag, etwa im Rechnungswesen, die geschäftstragende und steuernde Information besser und bequemer "managen" zu können. Es handelt sich dabei vorrangig um quantitative Information, die quantitatives Wachstum steuert oder Besitzstand aufrechterhält. Sie beschleunigt in vielen - aber nicht in allen - Fällen das Beschaffen oder Erzeugen, das Finden und Abrufen sowie das Übertragen von Zeichen und Signalen, die "Information" enthalten können - aber nicht müssen.

Mehr Gestaltungskompetenz in Planung und Beratung

Mit dem "Informationsmanager" wird gegenwärtig versucht, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben. "Informationsmanagement" ist und bleibt nach gegenwärtigem Verständnis von Organisation eine Führungsaufgabe. Ein "technokratischer Informationsmanager" kann höchstens als Alibifunktion dazu herhalten, das Unvermögen zu verschleiern, der qualitativen unternehmerischen Zielsetzung oder der Entscheidung bei Ungewißheit nicht gerecht zu werden.

Sinnvoll - weil leistungssteigernd und Wertschöpfung unterstützend wie durch bedarfsgerechten und nutzbringendem Einsatz moderner Informationstechnologie - ist es dagegen, die heutigen OD-Abteilungen mit mehr planender und beratender Gestaltungskompetenz auszustatten. Es ist besonders dafür zu sorgen, daß das dazu erforderliche Wissen vorhanden ist. Es gilt weiterhin, dieses Wissen praxisgerecht bereitzustellen.