Klaus-Hardy Mühleck x Volkswagen Top-Ten x IT-Executive des Jahres

Der Herr der Prozesse

09.11.2005
Der VW-CIO ist beim Wolfsburger Autobauer erst seit gut einem Jahr im Amt und trimmt die IT-Mannschaft auf Prozessorientierung.

Er kann auf eine schnörkellose Karriere verweisen. Der 51-jährige Elektroingenieur Klaus Mühleck begann bei Siemens in der Automatisierungstechnik, wechselte nach einigen Jahren zu Mercedes (heute Daimler-Chrysler) und arbeitete sich in der IT schließlich zum Bereichs-CIO Automotive hoch. Mitte 2001 ging es noch ein Treppchen höher, und zwar als CIO der Audi-Group, zu der auch die Marken Seat und Lamborghini gehören.

Erfolgsbausteine

• Abstimmung der IT-Strategie auf Top-Entscheiderebene sowie über einen Konzernintegrationskreis;

• proaktives Anbieten von Lösungen im Rahmen interaktiver Workshops, Programm zur Vernetzung zwischen IT und Prozess-Management;

• erste SAP xi Pilotanwendung in der Automobilbranche, Einsatz weiterer innovativer Technologien geplant (RFID, SOA);

• Aufwertung der IT als gestaltendes Element der Unternehmensprozesse.

Zur Person

• Seit 10/2004 CIO des VW-Konzerns;

• 2001 bis 2004: CIO Group Audi, Seat und Lamborghini;

• Davor Bereichs-CIO bei Mercedes-Benz und danach DaimlerChrysler;

• Studium der Elektrotechnik, Schwerpunkt Automatisierungstechnik.

Seit Herbst vergangenen Jahres ist Mühleck nun oberster Datenverarbeiter des Volkswagen-Konzerns. Wobei er sich gegen diese Bezeichnung sich vehement wehren würde. Denn sehr früh begann Mühleck zu predigen, dass IT eine Integrationstechnik ist und die IT-Mitarbeiter die Prozesse kennen und beeinflussen müssen, um auf oberster Ebene kompetent mitreden zu können. Nicht umsonst bezeichnet er sich als "Mittler und Integrator zwischen Unternehmensfunktionen und Technologie".

Aufbau einer vernetzten Organisation Sein wichtigstes Projekt, das er bei VW gleich bei Dienstantritt in Angriff genommen hat, ist die "Transformation der IT im gesamten Konzern, also der Umbau von einer technisch orientierten zu einer unternehmensweiten IT im Sinne einer operativen Integrationstechnologie". Mit diesem umfassenden Projekt "werden wir die IT zukunftsfähig ausrichten."

Im Rahmen dieses Projekts werden alle strategischen IT-Elemente neu gestaltet und modifiziert, dies trifft alle Bereiche von IT-Governance, IT-Management, Kosten-Management und die Zusammenarbeit mit den Fachbereichen. In diesem Zusammenhang entwickelte Mühleck mit seinen Leuten ein Sieben-Schichten-Modell, das die Abteilung von einer sehr stark technik- und betriebsorientierten Struktur in Richtung einer vernetzten Organisation entwickelt. Ziel sei die Schaffung von Synergien, der Abbau von Redundanzen, eine Höherqualifizierung der Mitarbeiter sowie eine "erhebliche" Reduzierung der laufenden Kosten.

Mühleck weiß, dass beim Change-Management-Prozessen mit Widerständen innerhalb der Organisation zu rechnen ist. Durch Mitarbeiterbefragungen und die Einbindung des Managements und des Betriebsrats in Form eines Steuerkreises sei man zu einer abgestimmten Vorgehensweise gekommen, die "die Ängste der Mannschaft berücksichtigt hat".

Direkte Mitarbeiterkommunikation Besonderes Augenmerk habe er auf die "direkte Kommunikation mit den Mitarbeitern" gelegt. Dazu gab es Gesprächsrunden mit Führungskräften und Beschäftigten. Den Auftakt des Transformationsprojekts bildete eine Großveranstaltung, in der der CIO über Ziele und Vorgehen informierte. Darüber hinaus nützt Mühleck das Intranet als Informationsplattform, das helfen soll, die Entscheidungen transparent zu dokumentieren. So würden alle zentralen Präsentationen den Mitarbeitern zur Verfügung gestellt.

So weit die große Strategie. An konkreten Projekten, die in letzter Zeit umgesetzt wurden, hebt Mühleck drei besonders hervor:

- Einführung von SAP HR für die Deutsche Betriebskrankenkasse (BKK): Nachdem sich die Betriebskrankenkassen der Telekom, der Post und von Volkswagen im Jahr 2003 zur Deutschen BKK zusammengeschlossen hatten, ging es darum, die Abrechnung von zwei getrennten Personalsystemen in einem zusammenzuführen und sich um die Pflege der Personalstammdaten zu kümmern. VW erhielt den Auftrag, die alten Systeme in ein neues zu migrieren, und zwar auf SAP HR. Aufgabe war, die Altdaten zu übernehmen sowie den reibungslosen Ablauf der Personalabrechnung inklusive Zahlung zu gewährleisten.

- Einführung einer weltweiten Finanzplattform: VW ist dabei, eine gewachsene Systemlandschaft im Bereich der Steuerung der Finanzströme und der damit verbundenen Geld- und Liquiditätsrisiken durch eine Standardlösung zu ersetzen. Als Basis dient das SAP-Modul CFM. Die erste Einführungsstufe ist abgeschlossen. Am Ende sollen über 100 Konzerngesellschaften angebunden sein.

- Kompetenzentwicklung zur ganzheitlichen Prozess- und IT-Beratung (Pfita): Basierend auf der Analyse der Ist-Geschäftsprozesse lassen sich sowohl Optimierungen (Soll-Prozesse) als auch alle Aspekte der IT-Unterstützung behandeln. Dabei werden die drei Elemente Information, Technologie und Anwendung im Kontext der Geschäftsprozesse dargestellt.

In Workshops werden dann gemeinsam mit den jeweiligen Fachbereichen die Probleme und Lösungen erarbeitet. Darauf ist Mühleck stolz, denn mit dieser Methode habe seine Abteilung einen Baustein entwickelt, der "uns die Weiterentwicklung von der reinen Informationstechnik hin zum Zusammenspiel von Prozessgestaltung, Organisation und IT ermöglicht". Nach der Erprobung in ersten Pilotprojekten befinde man sich jetzt im Übergang zur breitflächigen Einführung. In Seminaren und Praktika werde die Vorgehensweise ausgewählten Mitarbeitern vermittelt und die Handhabung trainiert.

Mühleck sieht seinen Job vor allem darin, "die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung der Business-Strategie zu schaffen". Besondere Herausforderung sei dabei die grundsätzliche Unsicherheit "jeglicher Planung". Ziel müsse daher eine Flexibilisierung der IT-Landschaften sein. Durch die Bereitstellung von Standardlösungen im Konzern schafft er die Voraussetzung für eine flexible Reaktion auf die Anforderungen der Fachbereiche. Gleichzeitig will er mit diesem Vorgehen sicherstellen, dass auch die "Kostensenkungspotenziale realisiert werden".

Strategie auf drei Standbeinen Seine IT-Strategie steht auf drei Standbeinen, erzählt der VW-Manager. Erstens würden durch die Bündelung von Ressourcen und die Standardisierung von IT-Systemen wie Desktops, Verzicht auf Eigenentwicklungen und Vereinheitlichung gewachsener Systemlandschaften Kosten eingespart. Zweitens steigere er die Effizienz, wenn Geschäftsprozesse in Marken und Ländergesellschaften vereinheitlicht sowie integrative IT-Systeme bereitgestellt werden. Drittens will Mühleck "zusätzliche Wertschöpfungsbeiträge durch die Einführung innovativer IT-Systeme für CRM oder Forecast-Management an der Schnittstelle zu den Zulieferern realisieren". n

Hans Königes