Der ERP-Mittelstand sucht seine Nische

27.11.2003
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Agilisys schluckt die Infor, Epicor verleibt sich Scala ein - die jüngsten Übernahmen sind ein neuerlicher Beleg dafür, dass die Konsolidierung im ERP-Markt in vollem Gange ist. Wer sich nicht kaufen lässt, zieht sich in die Nische zurück.

Foto: Photodisc

Nach den Pleiten von Brain und Bäurer Ende vergangenen Jahres schien vorerst Ruhe in die deutsche Enterprise-Resource-Planning-(ERP-)Szene eingekehrt. Das änderte sich schlagartig im Sommer. Anfang Juni verkündete der britische Mischkonzern Invensys, seine niederländische Softwaretochter Baan für rund 135 Millionen Dollar an die Investment-Gesellschaften Cerberus Capital Management und General Atlantic Partners zu veräußern. Den Käufern gehörte bereits die kalifornische SSA Global Technologies. Den Plänen der neuen Eigentümer zufolge sollen beide Softwareanbieter miteinander verschmelzen.

Wenige Monate später folgte der zweite Paukenschlag im Konzert der mittelständischen ERP-Anbieter. Mitte November verkündete das US-amerikanische Softwarehaus Agilisys, das vor knapp einem Jahr bereits die insolvente Brain AG geschluckt hatte, nun auch die saarländische Infor Business Solutions AG für etwa 42,5 Millionen Euro kaufen zu wollen. Auch hinter Agilisys stecken potente Geldgeber. Die Mehrheitseigner Golden Gate Capitol, Parallax Capital und Summit Partners verfügen über einen privaten Investmentfonds von rund 750 Millionen Dollar.

Die wichtige Rolle der Kapitalgeber macht das finanzielle Dilemma deutlich, in dem viele ERP-Anbieter derzeit stecken. Nach den hohen Investitionen im Zuge der Jahr-2000-Umstellung drehten viele Anwender den Geldhahn für neue Software erst einmal wieder zu. Das brachte in der Folgezeit die Bilanzen der Softwarehäuser gehörig ins Wanken und führte in letzter Konsequenz zu den beschriebenen Konsolidierungseffekten. So verzeichnete Baan in seinem letzten Fiskaljahr unter dem Dach von Invensys einen Umsatzrückgang von 22,3 Prozent auf 304 Millionen Euro. Unter dem Strich blieb ein Minus von 40,7 Millionen Euro. Joachim Hertel, noch CEO von Infor, musste zuletzt bei der Bekanntgabe der Zahlen für die ersten neun Monate des laufenden Jahres einräumen, hinter den selbst gesteckten Zielen herzuhinken. Angesichts eines elfprozentigen Umsatzrückgangs auf 47,6 Millionen Euro und eines negativen Ergebnisses vor Steuern in Höhe von minus 3,3 Millionen Euro sei nicht davon