Datenschutz und Datensicherheit

Der erfolgreiche Weg in die Public Cloud

11.07.2016
Von    und Stefan Schade
Stefan Pechardscheck schreibt als Experte zum Thema IT Strategy & Governance. Er ist Partner bei der Management- und Technologieberatung BearingPoint und verantwortet dort das Thema Technology Advisory.
Datenschutz und Vertragsgestaltung nach deutschem Recht - die großen Anbieter reißen die letzten Hürden für den Weg in die Public Cloud: Doch wie gelingt die effektive Migration bestehender IT-Anwendungen in die Wolke?

Viele IT-Organisationen scheuten bisher den Gang in die Public Cloud, obwohl Effizienzgewinne offensichtlich sind. Die Hürden lagen oft in Einschränkungen bezüglich Datensicherheit und Schutz der Daten, insbesondere vor dem Zugriff staatlicher Organisationen.

Diese Vorbehalte wurden von zahlreichen US-amerikanischen Cloud-Anbietern erkannt. Als Reaktion darauf werden landesspezifische Dienste angeboten. Einige Anbieter gehen diesen Weg konsequent: Sie geben den IT-Betrieb an einen deutschen Datentreuhänder ab. Somit haben sie keinen direkten Zugriff auf die Kundendaten. Die damit verbundene Zusicherung, neben dem Datenschutz auch das Vertragswerk nach deutschem Recht vorzunehmen, ist richtungsweisend. Diese neuen Rahmenbedingungen werden dem deutschen Cloud-Markt einen kräftigen Schub geben.

Auch wenn diese Angebote erst schrittweise durch Vorabversionen zur Verfügung stehen, sollten IT-Verantwortliche frühzeitig eine Migration planen. Diese frühen Versionen können von Entwicklern oder Betreibern von On-Premise-Anwendungen als Testumgebung genutzt werden. BearingPoint empfiehlt, Anwendungen ab sofort schrittweise in die Cloud zu migrieren. Dabei kann der Weg über hybride Cloud-Szenarien gegangen werden, um unternehmenskritische Daten weiterhin intern zu verarbeiten. Sobald das deutsche Angebot vollständig verfügbar ist, können durch eine schnelle Migration Innovationszyklen besser genutzt werden.

Ist die lokale Cloud eine echte Cloud?

Public Cloud Computing zeichnete sich bisher durch globale Verfügbarkeit und Standardisierung aus. Durch die Einführung von lokalen, landesspezifischen Cloud-Inseln mit individuellen Datenschutzanforderungen wird dieses Modell aufgeweicht. Eine globale Skalierbarkeit und Georedundanz ist nicht mehr möglich, da die lokalen Angebote nur in geringem Maße in andere Plattformen des gleichen Anbieters integriert werden können. Auch eine Übertragung bestehender Anwendungen und Daten von einer globalen zu einer lokalen Plattform kann in der Regel nur per "lift and shift", also offline, erfolgen. Insbesondere für weltweit agierende Unternehmen muss genau abgewogen werden, ob und wie lokale Cloud-Angebote anwendbar sind.

Der größte Vorteil einer deutschen Public Cloud ist die Einhaltung von deutschen Datenschutzbestimmungen. Ein in Deutschland liegender Gerichtsstand schützt die Daten vor dem Zugriff ausländischer Gerichte und Behörden. Damit werden die größten Bedenken für den Einsatz einer Public Cloud beseitigt.

Die Schaffung von landesspezifischen Clouds ist für Anbieter mit hohen Kosten und kleineren Skalierungsaussichten verbunden. Auch wenn sich die Anbieter die deutsche Cloud deshalb mit einem extra Obolus vergüten lassen, bleibt der Business Case speziell für Anwender mit erhöhtem Sicherheits- und Compliance-Bedürfnis weiterhin interessant.

Bewährte Vorgehensmodelle unterstützen die Migration in die Cloud

Um Effizienzgewinne frühestmöglich realisieren zu können, sollte die Migration in die Cloud ab sofort erfolgen. Zur Minimierung des finanziellen Risikos sind bei der Migration einige Aspekte zu beachten.

Unterstützung bieten standardisierte Vorgehensmodelle wie beispielsweise die BearingPoint Cloud Transformation Guidelines, die aus von einer Vielzahl von Projekten abgeleitet wurden. Aktuell sind dies über 30 Empfehlungen, die folgende Bereiche behandeln:

  • Anwendungsübergreifende Empfehlungen zur Gestaltung der Referenzarchitektur,

  • Empfehlungen zur Konzeption der Transformation einzelner Anwendungen in die Public Cloud,

  • Richtlinien für Programmierer, um die Potenziale der Cloud detailliert auszuschöpfen.

Elastische Ressourcenskalierung für einen reibungslosen Betrieb

Ein Beispiel dieser Guidelines ist, wie Cloud-Komponenten in ihrer Leistungsfähigkeit kontrolliert, gedrosselt oder gestoppt werden. Dies ist notwendig, da die Service-Last von der Anzahl der Nutzer abhängig ist. Ein unerwartet starker Anstieg der Prozesslast kann zu einer Überschreitung der Ressourcenkapazität führen. Dies verschlechtert die Systemperformance und bedingt Ausfälle. Um die Elastizität der Cloud weiterhin zu erhalten, müssen die Services so lange gedrosselt werden, bis weitere Systeminstanzen zur Verfügung stehen oder der Bedarf abgeklungen ist.

Die Ausführung der Funktion 2 wird unterbrochen, damit für Funktion 1 & 3 genügend Ressourcen zur Verfügung stehen
Die Ausführung der Funktion 2 wird unterbrochen, damit für Funktion 1 & 3 genügend Ressourcen zur Verfügung stehen
Foto: BearingPoint

Ein anderer, besserer Weg ist die Modularisierung und die Bereitstellung neuer Systeminstanzen durch "scale out" - sprich dem Hinzufügen neuer Instanzen. Deshalb sollten zusammenarbeitende Komponenten als Modul gebündelt werden, um eine einfache Skalierung zu ermöglichen. Diese Module skalieren dann gemeinsam, um neue Kapazitäten schnell bereitzustellen. Eine modularisierte Skalierung ist einfacher als die Erweiterung des Gesamtsystems, da Abhängigkeiten zum bestehenden System nur in geringerem Maße berücksichtigt werden müssen.

Skalierung des Gesamtsystems vs. Modularisierte Skalierung
Skalierung des Gesamtsystems vs. Modularisierte Skalierung
Foto: BearingPoint

Eine Kombination der beiden Empfehlungen ist in der unten stehenden Abbildung zu erkennen. Beim Überschreiten einer bestimmten Prozesslast, wird die Ausführung der Funktion gedrosselt, bis eine neue Instanz hochgefahren ist. Durch die Modularisierung erfolgt die Bereitstellung sehr zügig.

Bereitstellen neuer Module bei Überschreitung eines Schwellenwertes
Bereitstellen neuer Module bei Überschreitung eines Schwellenwertes
Foto: BearingPoint

Reduktion des Migrationsrisikos

Die Migration in die Cloud ist heute risikoärmer denn je. Für Anwender mit besonders hohen Datenschutzanforderungen werden datenschutzrechtliche Risiken durch Angebote deutscher Cloud-Lösungen weitestgehend ausgeräumt. Weiterhin können finanzielle Risiken, Reibungsverluste und eine zu geringe Skalierbarkeit durch den Einsatz bewährter Vorgehensmodelle bei der Migration in die virtuelle Wolke minimiert werden.

Weil deutsche Cloud-Angebote auch in Kombination mit Public- und Hybrid-Cloud-Lösungen eingesetzt werden können, spricht nichts mehr gegen eine schnelle Realisierung von Effizienzgewinnen in der IT durch Cloud Computing-Lösungen. Der Weg in die Wolke ist frei!