Basis für serviceorientierte Architekturen

Der Enterprise-Service-Bus nimmt Fahrt auf

07.11.2003
MÜNCHEN (CW) - Unter der Bezeichnung "Enterprise-Service-Bus" (ESB) bewerben immer mehr Hersteller von Infrastruktursoftware ein Middleware-Konzept, das den Aufbau serviceorientierter Architekturen (SOA) erlauben soll.

Der derzeit viel disktutierte SOA-Ansatz sieht vor, Anwendungen oder Anwendungsbestandteile künftig als Dienste zu konzipieren, die sich beliebig verteilen und dynamisch zu Geschäftsprozessen verknüpfen lassen. IT-Systeme sollen so ihren monolithischen Charakter verlieren und sich flexibel und kurzfristig an neue Anforderungen und Abläufe anpassen lassen. SOA gibt keine konkrete technische Implementierung vor, wird aber immer wieder im Zusammenhang mit dem Einsatz von Web-Services-Standards bei der Anwendungsintegration gesehen. Eine wachsende Gruppe von Herstellern betrachtet diesen Ansatz jedoch als zu rudimentär und bewirbt stattdessen den ESB als physikalische Implementierung einer SOA, die vor allem eine umfassendere Prozesssteuerung zwischen den Anwendungsdiensten ermöglichen soll.

Hinter den derzeit beworbenen ESB-Produkten steckt im Wesentlichen eine Messaging-Lösung, die Systeme lose und flexibel über diverse Messaging- und Transportprotokolle sowie Standardschnittstellen verbindet. Unterstützt werden dabei Standards wie Java Message Service (JMS), die Java Connector Architecture, JDBC, Soap, Active X/COM sowie C oder C++. Hinzu kommen Dienste zur Steuerung asynchroner Prozesse wie Content-basierendem Routing, Mechanismen wie "Store and forward", "Publish and subscribe" sowie das Transformieren von XML-Nachrichten mit Hilfe von XSLT-Prozessoren. Das Herzstück stellt ein Repository, das einheitliche Metadaten für Routing und Sicherheitsrichtlinien verwaltet und über das im laufenden Betrieb die Administration des ESB erfolgt.

Offener Integrationsansatz

Manche Marktbeobachter wollen im ESB-Ansatz bereits die Integrationstechnik der nächsten Generation sehen, die eine offene und preisgünstigere Alternative zu heutigen Produkten für Enterprise Application Integration (EAI) liefern soll. Allerdings ist der ESB derzeit noch eine im Enstehen befindliche Produktkategorie, für die diverse Hersteller Basistechniken empfehlen. So orientiert sich beispielsweise die Progress-Tochter Sonic Software mit ihrem Produkt "Sonic ESB" vor allem am JMS-Standard. Iona Technologies wirbt hingegen mit seinen "Artix"-Produkten besonders mit der Möglichkeit, alle gängigen Messaging-Produkte sowie Host-Systeme in eine SOA einbinden zu können. Weitere ESB-Produkte sind der "Entire X XML Mediator" der Software AG, die "Web Messaging Platform" von Kenamea oder "Spiritwave" von Spiritsoftware. Zudem werben immer mehr Anbieter wie selbstverständlich damit, den Aufbau von SOAs mit ihren bisherigen Infrastrukturprodukten zu unterstützen.

Hoffen auf IBM und Microsoft

Doch nicht nur wegen der konkurrierenden Implementierungen sehen Kritiker derzeit nur eine geringe Nachfrage nach ESB-Lösungen. Laut Matt Quinn, Chief Architect beim EAI-Anbieter Tibco Software, dient der ESB-Ansatz in erster Linie nur für eine technische Integration von Diensten. Für die Verknüpfung komplexer Geschäftsprozesse seien die Produkte nicht ausgelegt. Derweil hofft das ESB-Lager auf die Unterstützung und die Marktmacht der großen Softwarehäuser. So arbeitet IBM derzeit an einem entsprechenden Messaging-Produkt, das 2004 auf den Markt kommen soll. Analysten sehen zudem in der nächsten Generation des .NET-Frameworks von Microsoft, Codename "Indigo", eine Infrastruktursoftware auf Basis von Web-Services-Standards entstehen, die mit dem ESB-Ansatz vergleichbar ist. (as)