Lernschritte für Führungskräfte der Informationstechnik (2)

Der DV-Leiter auf dem Weg zum Informations-Manager

20.07.1990

Technisches Know-how und fachliche Erfahrung zeichnen den DV-Leiter aus. Mit dem Wandel der Datenverarbeitung zur Informationsverarbeitung indes erwartet die Unternehmensführung vom DV-Chef künftig, als Informations-Manager den unternehmerischen Nutzwert von "Information" zu erhöhen. Dazu benötigen DV-Verantwortliche ein hochqualifiziertes, multifunktionales Profil. Wie sich der DV-Chef bereits heute darauf vorbereitet, zeigt Professor Frank Peschanel* in einem dreiteiligen Artikel auf. Folge 2 behandelt Beispiele und wirksame Strategien gegen Verhalten und Image des DVers als Techno-Freak.

Progressive Unternehmen, die zu strategischer Konzeption fähig sind, haben die Zusammenhänge um die neue Rolle des Informations-Managements erkannt. Für diese Unternehmen ist der Informations-Manager nicht mehr nur verwaltender Datenlieferant. Er zeichnet sich dadurch aus, daß er gleichzeitig Berater mit kreativer Vision für die Möglichkeiten des neuen Umgangs mit Information ist. Als Designer erfüllt er weiterhin die Aufgabe, neue Lösungen zu gestalten, und als sozial kompetente Führungskraft begleitet er schließlich organisatorische und psycho-soziale Veränderungen. Für diese (utopische?) Multi-Qualifikation werden Unternehmen zunehmenden Informations-Manager mit Vorstandspositionen honorieren . Und selbst wenn der Informations-Manager nicht in den vorstand aufsteigt, wird er zumindest für die oberste Führungsebene zu einem wichtigen Gesprächspartner mit hohem Gestaltungseinfluß.

DV-Leiter stehen unter Druck

Doch auch die Ansprüche an ihn sind hoch. Dies alles erfordert soziale Kompetenz, die weit darüber hinausgeht, was bisher den DV-Leitern abverlangt wurde. Hinzu kommen unternehmensweites und konzernübergreifendes wirtschaftliches Denken. Interdisziplinäres Verständnis kooperiert dabei mit hochqualifiziertem DV-Fachwissen. Für den Informations-Manager ergibt sich leicht eine Liste von 30 oder 40 Teilgebieten, in denen er verhaltens- und wissensmäßig zumindest eine gewisse Kompetenz zeigen sollte. Eine Überforderung?

Daß der Druck auf die DV-Leiter bereits eingesetzt hat, zeigt eine neue amerikanische Studie von Touch, Ross & Co (vgl. COMPUTERWOCHE Nr. 14 vom 6. April 1990, Seite 47 "Immer mehr amerikanische DV-Manager werden arbeitslos"). "Business Week" erklärt die zunehmende Arbeitslosigkeit unter den "Chief Information Officers" - dies entspricht den DV/Org.-Leitern - damit, daß sie in zahlreichen Unternehmen nicht die aktuellen Erwartungen erfüllten Während die Unternehmensleitung von den DV-Managern den Aufbau strategisch wichtiger Informationssysteme erwarte, würden sie sich vor allem um den Ausbau von Hard- und Software kümmern

Bei strategischen Fragen zieht die Unternehmsleitung deswegen die amerikanischen DV/Org.-Chefs nur in wenigen Fällen hinzu. "Business Week" über den Ruf der US-amerikanischen DVer: "Sie sehen ihre Aufgaben nur eng auf den Informatikbereich beschränkt und haben weniger die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens, eine Hauptaufgabe der Unternehmensgestaltung, vor Augen."

Klarer kann der Vorwurf an die Adresse vieler DV/Org. Manager nicht formuliert werden. Sie haben sich selbst in eine Sackgasse manövriert. "Angewandte Informatik" - wie soll das weitergehen?

Den Schwarzen Peter teilen sich die DV-Praktiker indes mit den Informatik-Theoretikern. Die Wissenschaft läßt mit nur wenigen Ausnahmen den Praktiker im Unternehmen auf der Leitungsebene im Stich. Unter der Flagge des Informations-Managements wird weiter über Software-Entwicklung, technische Anwendungssoftware, betriebsweite Kostenrechnung, DB-Schnittstellen etc. berichtet.

Der Anwender, der dadurch in dem Irrglauben verharrt, daß diese Dinge, die er schon seit zehn Jahren kennt und halbwegs versteht, das eigentlich Neue am Informations-Management seien, erhält so keine Hilfe. Im Gegenteil: Er wird nur dazu ermuntert, so weiterzumachen wie bisher, um dann in "Business Week" wieder einmal zu lesen, daß die DV/Org.-Leiter deswegen nicht mehr von Führungszirkel gehört oder gar entlassen würden, "weil sie sich vor allem um Hard- und Software kümmerten''.

Die DV/Org.-Leiter sollten sich ein weiteres Phänomen mit großem Interesse ansehen. Wir konnten in den vergangenen Ausgaben der COMPUTERWOCHE lesen, daß die Großunternehmen der IBM ihre Rechenzentren übergeben und sie mit der gesamten DV-Produktionsleistung beauftragten - und zwar in komplexen Multivendor-Umgebungen. Dieser Trend wird sich fortsetzen Er drückt aus, daß die "Verpachtung" der Rechenzentren unter Konkurrenz für wirtschaftlicher gehalten wird als das Management im Hause durch die DV/Org.-Leitung.

Was bleibt der so gerupften DV/Org.-Leitung im Unternehmen zu tun übrig? Vor allem steht die strategische Aufgabe des Informations-Managements an, die Definition dessen, was die Datenverarbeitung auf innovative Weise für das Unternehmen tun sollte. Und hier sei noch einmal an die Business-Week-Studie erinnert, die sagt, die DV/Org.-Leiter seien in den meisten Unternehmen geradezu unglaubwürdig. Ist die Lösung des Problems, sich für die Stelle des RZ-Leiters im von IBM geführten Rechenzentrum zu bewerben?

Ich möchte zusammenfassen: Der Veränderungsdruck kommt von den Unternehmensleitungen, die andere Vorstellungen vom Beitrag der Datenverarbeiter haben als diese selbst. Die Informatik als Lieferant von Fachwissen kann dabei derzeit so gut wie nicht helfen, weil doch eher "zuviel" als "zuwenig" Fachwissen als Problematik erkannt wurde. Die Führungskräfte der DV/Org.-Abteilungen müssen sich also selbst auf den Weg machen. +

(wird fortgesetzt)

Doping für die EDV:

DV-Org.-Leiter zu Managern machen

Der Rollenwechsel der Informationstechnik vom Rationalisierungsinstrument zum künftigen Wettbewerbsfaktor bedingt auch einen einschneidenden Rollenwechsel für den DV-Leiter. Anregungen und Anleitung, wie die Kompetenz für morgen gestaltet werden kann, sind Inhalte des Seminars "Doping für die EDV - vom DV-Leiter zum Informations-Manager" am 13. November 1990 in Frankfurt.

Professor Frank Peschanel fokussiert dabei einfachste, effektivste Investitionen in das Potential Mensch, die bislang häufig vernachlässigt werden. Dazu gehören Aspekte wie Kommunikationsfähigkeit, interdisziplinäres Verständnis, Team-Management, soziale Kompetenz und langfristiges strategisches Denken.

Informationen: IDG Communications Verlag AG, CSE Conferences Seminars Education, Rheinstraße 28, 8000 München 40, Telefon 0811/ 360 86 169, Telefax 089 360 86 274.