Web-Inhalte einfach produzieren und automatisch verteilen

Der Content weiß, wer ihn in welcher Form lesen will

22.12.2000
MÜNCHEN (CW) - Wie kommen die richtigen Informationen an die richtigen Leute? Für den Finanzdienstleister Union Investment ist diese Frage überlebenswichtig. Ein Content-Management-System leitet die für das Inter-, Intra- oder Extranet bestimmten Inhalte - über verschiedene Web-Server hinweg - in die korrekten Kanäle.

Bei Geldanlagen in Aktien oder Fonds entscheiden die richtigen Informationen zu Märkten und Unternehmen über den Erfolg der Anlegerstrategien. Die Informationen der Union-Investment-Gruppe mit Hauptsitz in Frankfurt am Main entstehen an den verschiedensten Stellen des Unternehmens und richten sich an Adressaten mit unterschiedlichen Ansprüchen. Bis zu hundert Autoren produzieren in ihren jeweiligen Spezialbereichen Informationen, die zusammengeführt und publiziert werden müssen, ohne dass es dabei zu Redundanzen kommen darf.

Diese Informationen sollen leicht recherchierbar, sprich: jederzeit über einen Browser abrufbar, sein. Um sie zu verteilen, nutzt Union Investment das Internet (für die Kunden), ein Intranet (für die Mitarbeiter) sowie ein Extranet (für die angeschlossenen Banken).

Die Inhalte jeweils in die richtigen Wege zu leiten und in adäquater Form zu präsentieren, ist "per Hand" kaum möglich. Hilfestellung leistet hier ein Content-Management-System. Das ihm zugrunde liegende Informationsmodell beantwortet folgende Fragen: Wer produziert welche Informationen? Und wer will diese dann wann, wo und wie sehen? Das Modell stellt dabei nicht nur die existierenden Inhalte dar, sondern auch die Informationsflüsse in den Abteilungen, von und zu Partnern sowie von und zu Kunden.

Union Investment wollte einen Automatismus schaffen, der die Verteilung von Informationen unabhängig von ihrer Generierung erlaubt. Dazu der damalige Leiter der Abteilung Architektur, Methoden und Verfahren, Dieter Müller: "Die Autoren sollten die Chance haben, sich auf ihre Kernkompetenz zu konzentrieren, ohne dass sie sich mit HTML und anderen Präsentationsumgebungen befassen müssen." Zugleich durften Art und Produktionsort des Informationsangebots nicht von den Ideen fachfremder IT-Spezialisten abhängen.

Um die dafür notwendige Infrastruktur aufbauen zu können, verstärkte der Finanzdienstleister seine eigene DVAbteilung durch das Frankfurter Software- und Serviceunternehmen Arago GmbH. Der 1995 gegründete Content-Management-Spezialist hatte die Web-Aktivitäten des Investment-Hauses bereits seit 1996 begleitet.

In die Partnerschaft brachte Arago das Produkt "Docme" ein. Wie Geschäftsführer Hans-Christian Boos beteuert, ist Docme in der Lage, die zu publizierenden Inhalte selbständig über unterschiedliche Web-Server zu verteilen. Union Investment betreibe insgesamt 14 solche Server.

Damit die Inhalte redundanzfrei produziert und dem Informationsverhalten der Adressaten entsprechend verteilt werden können, ist es unerlässlich, sie zunächst nach ihrer Änderungsfrequenz zu typisieren. Das Informationsangebot der Fondsgesellschaft enthält zum einen aktuelle Daten wie Fondspreise und zeitnahe Informationen für die Anlageberater bei den angeschlossenen Volks- und Raiffeisen-Banken sowie Pressetexte und Artikel zu bestimmten Fachthemen.

Zum anderen gibt es auch Mitteilungen, die als statisch bezeichnet werden können. Dazu gehören allgemeine Produktinformationen und Unternehmensdaten. Sie haben auf die dynamischen Prozesse geringen Einfluss.

Die dynamischen Informationen hingegen zeichnen sich durch ein klar definiertes Bedeutungsfeld und eine geringe Lebensdauer aus. Sie werden ständig durch aktuellere Informationen ersetzt. Dafür lässt sich verhältnismäßig leicht ein Automatismus finden.

Eine Mischform stellt die semidynamische Information dar, die eine lange Gültigkeitsdauer aufweist, aber in gewissen Intervallen aktualisiert oder erweitert wird. Hier ist ein Automatismus weniger leicht zu realisieren.

Folglich müssen die Informationen noch weiter klassifiziert werden, beispielsweise anhand ihrer Zuordnung zu Unternehmensprozessen. Dafür haben Union Investment und Arago eine Baumstruktur definiert, in deren Ebenen sich alle vorhandenen und neuen Daten eingruppieren lassen. So entstand ein Modell aus Objekten, die ihre Eigenschaften einander vererben.

Sobald die Inhalte erfasst sind, werden sie um Metainformationen ergänzt: Informationstyp, Informationsklasse und weitere Daten wie Titel, Subtitel, Schlüsselwörter, Gültigkeitsbereich, Informationsverteilung, Autor und Ablaufdatum. Das kann der Autor selbst tun. Er nutzt dazu einen Docme-Client, der in seine gewohnte Arbeitsumgebung - beispielsweise "Microsoft Office" oder "Star Office" - integriert ist. In herkömmlichen Informationsnetzen sind oft Dritte für Typisierung und Klassifikation der Informationen zuständig - was eine Quelle möglicher Fehler bedeutet.

Alle Inhalte werden dann in einen Content-Pool eingespeist. Mit komplizierten Verfahren zur Informationsaufbereitung und -verteilung müssen sich die Autoren nicht befassen.

Das Informationsmodell, das dem Content-Management-System zugrunde liegt, bewertet die Relevanz der verfügbaren Informationen für unterschiedliche Konsumenten und bereitet sie entsprechend den Vorlagen auf. Zum Beispiel ist eine Zusammenstellung aller Pressebeiträge über Union-Investment-Fonds sowohl für die Besucher der Internet-Seite als auch für Anlageberater bei einer Bank von Interesse. Die Berichte werden automatisch in die Rubriken eingestellt, ohne dass sie manuell weiterbearbeitet werden müssten.

Anhand der jeweiligen Typisierung und der Metainformationen erkennt das Content-Management-System, an welchen Server die Informationen geschickt werden sollen. Für den Transport dorthin werden sie in die Extended Markup Language (XML) "übersetzt". Eine auf dem Ziel-Server installierte, individuell angepasste Docme-Komponente überträgt den Content in die jeweils vorgegebene Struktur und stülpt ihm das passende Layout über.

Zuvor müssen die Konsumenten mit ihren Anforderungen in einer Publikationsebene erfasst werden. Diese Schicht wird über den "Informationsbaum" mit den bestehenden Erfassungs- und Verteilungssystemen verbunden. Das Gesamtmodell umfasst alle Aufgabenbereiche von der Informationserstellung und der VorOrt-Bearbeitung bis zur Verteilung und unterschiedlichen Darstellung für die jeweiligen Konsumenten. Der so entstandene Informationsfluss lässt sich später jederzeit nachvollziehen.

Laut Müller, inzwischen Berater in einem Arago-Tochterunternehmen, führte das verteilte Content-Management zu einer deutliche Zeitersparnis bei der Informationserstellung und -veröffentlichung - aufgrund spürbarer Arbeitserleichterung: "Heute werden Informationen für unsere Online-Anwender nur noch einmal erfasst und können dann, größtenteils automatisiert, an die unterschiedlichen Kundenanforderungen angepasst werden."

DAS UNTERNEHMENMit einem Fondsvermögen von mehr als 100 Milliarden Mark sowie mit 1100 Mitarbeitern, drei Millionen Kunden und knapp fünf Millionen verwalteten Depots zählt die Union-Investment-Gruppe, Frankfurt am Main, zu den größten Fondsgesellschaften Deutschlands. Das 1956 gegründete Unternehmen ist in den Finanzverbund der Volks- und Raiffeisen-Banken integriert, deren 20000 Filialen als Vertriebspartner fungieren.

Abb: Die Autoren übergeben die Informationen aus ihrer Arbeitsumgebung an einen Content-Pool, der Anwendungen - ihrer Struktur und Gestaltung entsprechend - mit Inhalten versorgt. Quelle: Arago