Das IT-Jahr 2012

Der COMPUTERWOCHE Jahresrückblick

22.12.2012
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Gewinner des Jahres

Foto: Nando Machado - shutterstock.com

Während etliche IT-Granden ins Straucheln kamen, eilte Apple 2012 von Erfolg zu Erfolg. Erstmals seit 17 Jahren sollen davon auch die Aktionäre profitieren. Angesichts einer mit über 120 Milliarden Dollar prall gefüllten Schatztruhe gingen dem Management rund um Tim Cook, der 2011 nach dem Tod von Firmengründer Steve Jobs das Ruder übernommen hatte, allmählich die Argumente aus gegen die Forderungen der Anteilseigner nach einer Dividende. 45 Milliarden Dollar sollen in den kommenden Jahren ausgeschüttet werden.

Die Marketing-Maschinerie Apples lief 2012 wie geschmiert. Im Frühjahr verkaufte sich das iPad 3 mit dem neuen Retina-Display innerhalb von wenigen Tagen drei Millionen Mal. Bei der ersten iPad-Version hatte es immerhin rund 80 Tage gedauert, bis diese Marke erreicht worden war. Mit dem Erfolg wuchsen aber auch die Ansprüche. Obwohl Apple im dritten und vierten Quartal seines Geschäftsjahrs Umsatz und Gewinn jeweils um über 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr steigern konnte, waren die Analysten nicht zufrieden. Sie hatten mit noch besseren Zahlen gerechnet. Ìnsgesamt nahm Apple im abgelaufenen Fiskaljahr über 156 Milliarden Dollar ein und machte einen Profit von fast 42 Milliarden Dollar.

Für die Apple-Chefs könnte es in Zukunft schwieriger werden, den Begehrlichkeiten gerecht zu werden. Mit dem iPad 4, dem Mini-iPad und dem iPhone 5 kamen zwar wieder einige Neu-Versionen heraus, die für lange Schlangen vor den Apple-Stores sorgten - eine wirkliche Überraschung oder Innovation blieb das Unternehmen allerdings schuldig. Zudem bekam Apples Nimbus als cooler Techniklieferant zuletzt einen tiefen Kratzer. Nachdem gravierende Fehler in Apples eigener Kartenlösung bekannt wurden - zuvor hatte sich der Konzern von Google Maps getrennt -, ergossen sich Spott und Häme über den Kult-Anbieter.

Neben Apple konnte sich auch Google in die Siegerliste des abgelaufenen Jahres eintragen. Der Suchmaschinenanbieter meldete solide Geschäfte, auch wenn so mancher Börsianer gern mehr gesehen hätte. Vor allem mit seiner mobilen Plattform Android macht Google gute Fortschritte. Eigenen Angaben zufolge werden täglich weit mehr als eine Million neue Android-Devices aktiviert. Außerdem forciert der Internet-Spezialist mit seinen Nexus-Smartphones und -Tablets sein Hardwaregeschäft und treibt damit die Verbreitung der eigenen Plattform voran. In Sachen Apps konnte Google Play zuletzt mit dem App-Store von Apple gleichziehen.

Produkt des Jahres

Angesichts der erstarkenden Konkurrenz wehte Microsoft ein teils heftiger Wind entgegen. Eine Abschreibung von 6,2 Milliarden Dollar auf die 2007 für 6,3 Milliarden Dollar übernommene Online-Werbefirma aQuantive bescherte Microsoft erstmals rote Zahlen. Im zweiten Quartal stand unter dem Strich ein Minus von 492 Millionen Dollar - eine neue Erfahrung für den weltgrößten Softwarehersteller.

Dazu kommt, dass in den Wachstumsmärkten Tablets und Smartphones andere die Trends setzen: Googles Android und Apples iOS. Anders als in der klassischen PC-Welt spielt Windows auf mobilen Devices nur die zweite Geige. Das soll sich nun mit Windows 8 ändern, das Ende Oktober auf den Markt kam. Mit der neuen Generation will der Konzern ein System für alle Plattformen anbieten - vom Smartphone über Tablets bis hin zu Notebooks und Desktops. Die Erwartungen sind hoch: "Wir haben Windows und Microsoft neu erfunden", sagte Konzernchef Steve Ballmer. Für den Konzern hängt viel davon ab, wie Windows 8 im Markt einschlägt. Entsprechend hoch ist der Druck: 500 Millionen Dollar steckt Microsoft in die Marketing-Kampagne.

Außerdem sollen Kampfpreise für die Upgrade-Versionen die Nutzer zum Umstieg bewegen. Noch ist es für eine Bilanz zu früh. Die Microsoft-Verantwortlichen freuten sich zuletzt über 40 Millionen verkaufte Lizenzen. Es gibt aber auch kritische Stimmen, die dem System wenig Chancen einräumen - gerade im Firmenumfeld. Mitenscheidend dürfte sein, ob es Microsoft gelingt, ein Ökosystem rund um Windows 8 zu entwickeln. Doch während es für Android und die Apple-Plattform bereits jeweils mehr als 700.000 Apps gibt, hinkt der Microsoft-Store noch weit hinterher. In Sachen Hardware hat der Softwarehersteller jedoch wie Google das Heft selbst in die Hand genommen und bietet mit dem "Surface" ein eigenes Windows-8-Tablet an. Ob die Strategie aufgeht, muss sich aber noch zeigen. Seine Hardwarepartner hat Microsoft mit dem Tablet-Vorstoß jedenfalls erst einmal gehörig irritiert.